Das Team New Zealand hat mit seinem am Freitag präsentierten AC75, mit dem es den America’s Cup in Barcelona verteidigen will, die ersten Highspeed-Flüge gezeigt. Bei 12 Knoten Wind beschleunigten sie auf annähernd 40 Knoten.
Bei dem ersten echten Trainingstag mit einem AC75 der 2. Generation hat das Team New Zealand vor seiner Basis in Auckland schon eine bemerkenswerte Leistung abgeliefert. Beobachter vor Ort wollen ein „sehr manövrierfähiges Boot“ gesehen haben, das sich bei Bedingungen auf seine Foils hob, bei denen die Vorgänger-Yachten noch im Lowrider-Modus umhergetrieben wären.
Diese Fähigkeit wird allerdings von allen neuen AC75 erwartet, nachdem Regeländerungen für Crew und Material zu einer Einsparung von rund einer Tonne Gewicht führen sollen. Diesmal sind auch längere Flügel erlaubt, mit denen früheres Foilen möglich ist. Bei den ersten Tests haben die Kiwis allerdings noch die kürzeren Tragflächen vom vergangenen Cup montiert.
Interessanter sind die technischen Entwicklungen, die auf dem neuen Boot der Kiwis zu erkennen sind. Dabei steht insbesondere das Großschot- und Traveller-System im Fokus, mit dem das zweilagige Großsegel getrimmt werden muss.
Beim vergangenen Cup segelte etwa INEOS Team Britannia noch mit einem klassischen Großbaum. Luna Rossa hatte eine Baum-Konstruktion samt Hydraulik unter Deck verlegt und den Shape der beiden Segelflächen auch sehr stark mit der Mastrotation beeinflusst.
Die Kiwis hingegen vertrauten allein einem hydraulischen System. Beide Schothörner waren mit einem Gestell am Traveller befestigt und konnten unabhängig voneinander bewegt werden. Diese Vorrichtung galt als wegweisend für den Gewinn des America’s Cups 2021 und den Gegnern um eine Generation voraus.
Für den aktuellen Cup werden an dieser Front erneut wichtige Entwicklungen erwartet. Deshalb wurde mit Spannung erwartet, wie die Lösung der Kiwis diesmal aussehen könnte. Tatsächlich ist nun das neue Großsegelschotsystem eines der auffälligsten Merkmale des neuen AC75.
Die Schoten für die beiden Segel führen in einen offenen Schacht, wo sie individuell verstellbar auf einem schwenkbaren Arm umgelenkt werden, der die Funktion eines Travellers übernimmt.
Es ist nicht klar, ob diese Lösung schon der Weisheit letzter Schluss ist, oder die Konkurrenz auf einen Holzweg führen soll. Aber längst hat auch schon Alinghi Red Bull auf seinem von den Neuseeländern gekauften Test-Cupper der ersten Generation eine baumlose Lösung gezeigt.
Und auch American Magic präsentierte Ende 2023 auf seinem alten AC75 ein neues System, wollte es aber – unerlaubter Weise – vor den Augen der offiziell berichtenden Spione der AC-Organisation verbergen.
Die ersten Flüge der Cup-Verteidiger zeigen auch, wie knapp das neue Boot über der Wasseroberfläche fliegt, um möglichst wenig Luftaustausch unter dem Rumpf zu erlauben. Bei dem erwartet starken Wellengang vor Barcelona wird allerdings ein deutlich anderes Wechselspiel der Luftströmungen im aerodynamischen Bereich zu erwarten sein, weil sich das gesamte System stärker bewegt.
Eine große Rolle sollen auch die Segel spielen. Kiwi Chef-Segeldesigner Burns Fallow erklärt, dass nicht unendlich viele Tücher produziert werden dürfen. Aus Budgetgründen sind nur sechs Großsegel erlaubt. Man müssen deshalb schon beim ersten Shape ernsthaft darüber nachdenken, wie es richtig sein könnte.
„Dieses Großsegel wird uns natürlich darüber informieren, was wir mit unseren nächsten Segeln machen, aber es gibt einen speziellen Zyklus von Design, Herstellung und Fertigstellung, den wir einhalten müssen.“ Für den Verteidiger sei es aber etwas einfacher, sein Segelprogramm abzustimmen, da er einen Monat mehr Zeit hat als die Herausforderer. Deren Tücher müssen schon beim Louis Vuitton Cup perfekt funktionieren.
Die Crew bestand aus den beiden Steuerleuten Peter Burling und Nathan Outteridge, sowie den Trimmern Andy Maloney und Blair Tuke. Auf den Plätzen der vier erlaubten Radfahrer wurden fünf Personen wechselweise ausgetauscht.
Prominentester Athlet auf einem der Bein-Grinder-Plätze ist Hamish Bond (38). Er gewann im Rudern drei Goldmedaillen (2012, 16, 21) im Zweier ohne Steuermann und zuletzt im Achter – eine Sekunde vor Deutschland- , war 2020 aber auch schon neuseeländischer Meister im Zeitradfahren auf der Bahn und hatte ein Jahr zuvor den nationalen Rekord in der Einerverfolgung aufgestellt.
Aber auch Simon van Velthooven (35) ist wieder dabei, Olympiamedaillengewinner 2012 im Keirin. Er war schon 2016 vor dem 35. America’s Cup auf den Bermudas zum Team gestoßen und half entscheidend bei der heimlichen Rad-Grinder-Innovation für den AC50 Katamaran, mit dem das Team New Zealand den Cup gewann.
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