America’s Cup: Team New Zealand „radelt“ seinen Cupper – Olympia-Rad-Sprinter verpflichtet

Kiwi-Radfahrer

Das erste Video vom Team New Zealand bei der Arbeit auf den Rädern. Ein Super-Sprinter gibt den Ton an. Ex Skipper Dean Barker äußert Zweifel an der Effektivität.

https://www.youtube.com/watch?v=TmgnpIYen2w

Sie meinen es wirklich ernst. Nachdem erste Berichte von den radelnden Kiwis auf ihrem neuen AC50 Cupper erschienen sind, hat das neuseeländische Fernsehen TVNZ einen Tag vor der offiziellen Taufe nun einen ersten Clip der Segler in Aktion veröffentlicht.

Darauf ist zu sehen, wie vier der sechs Crewmitglieder auf Rad-Rahmen sitzen und vor der Halse kräftig in die Pedale treten. Beim Manöver sprinten zwei der Grinder auf die neue Seite, die anderen beiden geben weiter Gas.

Rad-Profi verpflichtet

Die Neuseeländer setzen voll auf diese Technik, die sie bisher auf ihrem Trainingsboot nicht gezeigt haben. Dazu passt auch die Verpflichtung des Rad-Sprinters Simon van Velthooven, der 2012 in der olympischen Keirin Disziplin die Bronze-Medaille gewonnen hat.

Das Team New Zealand bei der Arbeit auf dem Rad.

Es ist schwer zu sagen, ob die Konkurrenz von diesem Schritt überrascht worden ist. Sie hat schon früh auf Armkraft gesetzt. So verpflichtete Artemis den schwedischen Kanu-Weltmeister und Olympia Fünften 2012 Anders Gustafsson als Grinder. Und Softbank Team Japan hat den Ruderer Yuki Kasatani in seinen Reihen.

Ex Team New Zealand Skipper Dean Barker, der nun das japanische Boot steuert, hat gegenüber dem Kiwi-Sender Radio Sport gesagt: Alle Teams hätten sich mit dieser naheliegenden Energie-Bereitstellung beschäftigt, auch Oracle. „Auf dem Rad erzeugt man deutlich mehr Kraft.“ Außerdem gebe es den Vorteil, dass die Grinder freie Hände haben und möglicherweise Bedienelemente vom Trimmer oder Steuermann übernehmen können. „Wir haben diese Option berechnet und sie schließlich verworfen.“

Risiko-Strategie

Die Vorteile scheinen nicht so offensichtlich zu sein, denn bisher hat kein anderes Team diesen Weg eingeschlagen. Auch das Oracle Team USA Boot, das gestern getauft wurde, weist die klassischen Arm-Grinder auf. Möglicherweise gehen die Franzosen in die gleiche Richtung. Skipper Franck Cammas hat schon Erfahrung mit diesem Grinder-Antrieb.

Oracle Team USA

Der neue AC50 mit dem Oracle Team USA den Cup verteidigen will. © OTUSA

Die Neuseeländer müssen einen großen Rssourcen- und Trainingsrückstand aufholen und sich deshalb strategisch in eine extreme Richtung entwickeln. Eine Situation, die sie gewohnt sind.

1987 überraschten sie die Konkurrenz mit dem ersten Plastik-Rumpf und wurden nur vom späteren Sieger Dennis Conner in die Schranken verwiesen. 1992 entwickelten half ein heiß diskutierter Bugspriet bis ins Finale. Es ging verloren, nachdem er verboten worden war.

Für die Cup-Verteidigung  2003 gegen Alinghi entwickelten die Kiwis den „HULA“ (Hull Appendage), eine Halbschale unter dem hinteren Teil des Rumpfes, der regeltechnisch als Anhang bewertet werden sollte. Aber er hatte nicht den gewünschten Effekt, nachdem die Regelwächter einen größeren Abstand zum Rumpf vorschrieben.

Die Entwicklung des Foilings dagegen hätte 2013 dagegen fast den Sieg gebracht. Welche Auswirkung das Grinder-Radeln hat, kann noch nicht abgeschätzt werden. Sicher ist, dass das Gebiet der Energie-Bereitstellung bei diesem Cup eine entscheidende Rolle spielen wird.

 

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

14 Kommentare zu „America’s Cup: Team New Zealand „radelt“ seinen Cupper – Olympia-Rad-Sprinter verpflichtet“

  1. Björn sagt:

    Der Mensch ist für Aufrecht konstruiert, Liegend ist die Leistung nach kurzer Zeit mindestens 10% geringer. Aufstehen dauert auch länger.
    Ich würde außerdem einschlafen wenn ich nicht ‚mit segeln‘ dürfte.

  2. Jason sagt:

    Wäre auch ein Problem mit den Racing Rules of Sailing bzw. den Special Regulations, sofern die Anwendung erfahren. Danach dürfen die Grinder nicht unter Deck sein.

  3. Alexander sagt:

    Ich dachte eigentlich immer, dass Liegeräder für eine bessere Kraftübertragung sorgen und Sie auf den Radsportveranstaltungen nur deshalb nicht verwendet werden, da das die Regeln nicht zulassen.

    Eine Frage an die Profis: Warum ist es nicht günstiger ein Art Liegerad für die Grinder zu installieren?

    • Rubberduck sagt:

      Wenn Du einen Rennradfahrer hast, der seit 10+ Jahren in dieser Haltung trainiert ist es unwahrscheinlich, das er in einer völlig neuen Position auch die entsprechende Leistung abliefert, auch wenn man sich nicht mehr an die UCI-Regeln halten muss.

    • Christof sagt:

      Ich wüsste nicht, wie man in den Cockpits der AC50 4 liegende Tretstationen unterbringen könnte. Selbst bei Überlappung (Füße unter dem Sitz des Vordermanns) wird´s eng und schnelles ein- und aussteigen ist dann auch nicht mehr…

  4. Holger sagt:

    Eigentlich ziemlich schräg und traurig, 2 Segeln, also steuern und trimmen, der Rest baut die Hydraulik auf…

  5. Buten-Bremer sagt:

    Technische Anmerkungen des Radsportlers in mir:

    1) Erstaunlich, dass ohne technischen Zwang (Aero etc.) eine rennähnliche Haltung gewählt wird (muss sich dann im Radsport wohl über die Jahrzehnte auch als kinetisches Optimum eingestellt haben)
    2) Hier könnte man prima z.B. eine SRAM e-Tap Schaltung nutzen, um vom Jeweiligen „Lenker“ zu trimmen, wireless, versteht sich;-)
    3) For the fun of it: Segelschuhe vs. Fahrradschuhe: Wie soll das gutgehen?!?

    • Selbst-Radler sagt:

      1: Aero Haltung ist Pflicht bei 40 und mehr Knoten! (75 km/h …)
      2: Vermutlich ist jeder Arbeitsplatz auf die Lieblingsdrehzahl seines Benutzers abgestimmt, es geht je nur ums Pumpen, nicht ums Trimmen.
      3: Shimano SPD. Hat außen Gummi for guten Grip, innen eine halb daumengroße Klick-Platte

    • Christof sagt:

      Bei den Schuhen sehe ich kein Problem. Einige der AC Teams tragen eher Turn- als Surfschuhe. Also könnte man Schuhe ähnlich wie bei MTB mit versenkten Klick-Platten bauen. Dann noch Pedalen wie CRANK BROTHERS EGGBEATER und man kommt schnell rein und raus.

  6. Buten-Bremer sagt:

    Bei dem schwedischen AC-Boot von 1976(?) wurde das ja schonmal gemacht. Angeblich fehlte aber das „Feingefühl“ der Grinder beim Trimmen. Dieser Nachteil sollte aber nun durch die zwischengeschaltete Avionik obsolet sein.
    Wie immer bei Innovationen, wahrscheinlich eine Risikoabwägung, Verlassen der Comfort Zone etc.
    Klarer Fall für „Wichtig ist auf dem Platz“
    Wir werden es sehen, bin gespannt!

  7. steehl sagt:

    Ein Tretboot in Seenot…

    Sieht schon etwas skurril aus, wie die Jungs treppeln und sich das Boot dabei bewegt.

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