Anna Maria Renkens Solidaire du Chocoloat: Schweißtreibendes Segeln, Angriff abgewehrt

Hitze des Gefechts

Anna Maria Renken freut sich auf der Ziellinie vor Progreso über das bestandene Atlantik-Abenteuer. © B.Bouvry/imagesdemer.com

Anna Maria Renken und Jean-Edouard Criquioche sind beim Solidaire du Chocolat nach 28 Tagen und gut vier Stunden in Progreso auf Platz neun angekommen. Wider Erwarten konnten sie sich der Angriffe von „Groupe Picoty“ auf den letzten Meilen erwehren.

Das Schiff, mit dem Criquioche noch selber 2011 die erste Etappe bei der Langstrecke Les Sables – Horta – Les Sables gewonnen insgesamt als Dritter beendet hatte war nach zwei Stopps stark aufgekommen und lag bei Saint Barth kaum 30 Meilen zurück. Aber Criquioche und Renken gelang es, die Distanz im Ziel auf fast 70 Meilen zu strecken.

Gut einen Tag vor dem Zieleinlauf schrieb die Hamburgerin von Bord:
„1 Tag, 4 Stunden und 56 Minuten verspricht die Vorhersage, dann sind wir im Ziel. 33 Grad unter Deck, oben wahrscheinlich 50. Die Sonne steht im Zenit von gefühlt morgens um 6 bis abends um 8.

Jean-Edouard sitzt in seiner Koje in einem Haufen nasser Fleeceklamotten, nachdem er mir vor einigen Stunden, als ich mich an seiner Stelle am selben Ort befand, einen Eimer Wasser durchs Fenster geschüttet hatte. `french tradition´, sagte er dazu. Na toll.

Nun faltet aus unseren Strömungskarten kleine Papierfächer um mir und sich damit um die Ohren zu wedeln. Er habe das seit 35 Jahren nicht mehr gemacht. Dafür sieht’s erstaunlich routiniert aus.

Wir dümpeln mit 5,4 Knoten Cancun entgegen, immerhin sind wir schneller als der Wind und machen dank der Strömung wie auf den kleinen Papierfächern abgebildet satte 6 Knoten über Grund unter grossem Spi. `Groupe Picoty´ treibt 60 Meilen hinter uns in derselben Supppe. Heute Nacht soll alles besser werden. Hoffentlich – die Hitze bringt uns um den Verstand, bei der kleinsten Bewegung fängt man an zu tropfen.

Dennoch, die Stimmung ist heiter und wir überlegen, was wir zuerst trinken und essen, wenn wir ankommen. Jean-Edouard sorgt fast täglich für Amusement  mit Scherzchen. Das hilft bei den letzten Meilen. Es klappt gut mit uns. Wir machen schon Pläne fürs nächste Rennen, den Atlantic Cup. Und wir denken bis zur Route du Rhum sogar über ein gemeinsames Projekt mit neuem Boot nach.

Die letzten Tage waren eigentlich nicht schlecht. Wir haben `Groupe Picoty´ dingfest gemacht. Aber dennoch wollen wir eigentlich jetzt nur noch eine Sache: ANKOMMEN! Und dann vielleicht ein klitzekleines kaltes Bier…

Ahhh, das Schicksal meint es gut mit uns: pünktlich um 23:00 UTC schwarze dicke Wolke mit 20 Knoten Wind, Wechsel auf Code 5 und ab geht´s mit 13 Knoten Dampf Richtung Progresso juchuu!!!“

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

6 Kommentare zu „Anna Maria Renkens Solidaire du Chocoloat: Schweißtreibendes Segeln, Angriff abgewehrt“

  1. michael sagt:

    na ja – wenn „Dabei-sein“ der alleinige Anspruch ist, kann man natürlich einen vorletzten Platz als Erfolg darstellen …

  2. hanseatic sagt:

    Glückwunsch an Anna und J-E! Alleine das nahezu bruchfreie Ankommen muß sich für Anna schon wie ein Sieg angefühlt haben. Besonders der letzte Abschnitt seit St. Barth, mit dem Zweikampf gegen die Groupe Picoty, war seglerisch ein Glanzstück und spannend bis zum Schluss. Die Kooperationen mit französischen Spitzenseglern zahlen sich offenbar aus – siehe Jörg. Eine erfolgversprechende Taktik für ambitionierte deutsche shorthander. Hoffentlich geht’s nun auch weiter für Anna. Eine Teilnahme am Atlantic-Race, gemeinsam mit Mare und RED wäre ihr und uns zu wünschen. Also Anna – well done und jetzt durchstarten!

  3. Ketzer sagt:

    Das Mädel steckt die olle Taru mal locker in die Tasche! Das ist endlich mal cooles Segeln, nicht nur in irgendwelchen Lifestyle-Lounges herumhängen. Cool!

  4. tom sagt:

    da geht doch was… 😉

    • hanseatic sagt:

      Wenn der Küchenfunk stimmt, hat Anna schon in der Vorstartphase des Schokorennens mit Jean-Christophe Caso von der Groupe Picoty ernsthaft angebandelt. Aber seglerisch geht da wohl wirklich was – sicher! 😀

  5. Heini sagt:

    Schön für AMR, dass jetzt mal eine Teilnahme unfallfrei absolviert werden konnte. Vielleicht hilft das für künftige Vorhaben. Und der 9. Platz ist doch ganz ordentlich.

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