Barcelona World Race: Jörg Riechers zieht vor dem Ziel Bilanz

„Speedmäßig auf verlorenem Posten“

Jörg Riechers blickt schon 1200 Meilen vor dem Ziel seiner Weltumsegelung in Barcelona auf das Rennen zurück. Er versucht einen Blick in die Zukunft und hofft auf eine Teilnahme bei der Vendée Globe.

Jörg Riechers
Jörg Riechers plant die letzten Meilen am Navitisch. © Riechers

Nun, wo das Rennen fast zu Ende ist, und die Plätze vergeben sind, ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Mit etwas Abstand betrachtet werde ich in einigen Jahren sicher sagen, dass das BWR ein sehr wichtiges und gutes Rennen für mich war. Heute bin ich froh, dass es in acht Tagen vorbei ist.

Ein Erfolg aber trotzdem, weil man auch aus Misserfolgen lernt, und weil die nötige Härte, die man für ein Vendee Globe braucht, nur aus den schwierigen Situationen hervorgeht, die wir durchlebt haben.

Dabei haben wir uns in der ersten Hälfte des Rennens ganz gut geschlagen, trotz der vielen kleinen technischen Probleme. Schon nach wenigen Tagen war uns allerdings klar, dass wir speedmäßig auf verlorenem Posten stehen. Wir konnten nur mit „Gaes“ und teilweise mit Neutrogena mithalten, wenn wir taktische Risiken eingingen oder das Boot stark gepushed haben.

Dabei hatten wir im Indischen Ozean eine ganz gute Phase, in der wir sogar aufholten. Das Problem war allerdings, sobald wir den Fuß einigermaßen vom Gas genommen hatten, haben wir rund 50 bis 60 Meilen auf „Gaes“ und „Neutrogena“ pro Tag verloren.

Ob das harte Pushen nun zum Ruderschaden geführt hat, kann ich nicht sagen. Klar ist, der Ruderschaden hat das Rennnen als solches für uns entschieden. Nach dem Pit Stop in Neuseeland hatten wir noch die leise Hoffnung den vierten Platz vielleicht zurück zu erobern, aber daraus wurde nichts. Ein Wetterfenster nach dem anderen schloss sich vor uns und nahm uns die Möglichkeit, auf die beiden Boote vor uns aufzuholen.

Was für immer in meiner Erinnerung bleiben wird ist die Kap Hoorn Rundung bei 70 Knoten Wind und die Erkenntnis, dass ich „angstbefreit“ bin – ist ja auch schon was. Positiv sind auch die Erfahrungen, die ich im Southern Ocean sammeln konnte, der Segelstil dort ist doch ein anderer, als im Atlantik.

Die Zukunft

Die Zukunft hat schon mit der Planung des neuen Bootes während des Rennens begonnen. Denn noch ein Rennen um die Welt auf einem langsamen Boot möchte ich vermeiden. Und man muss ganz klar sehen, das Niveau der Boote beim Vendee Globe 2016 wird ungleich viel höher sein, als beim BWR. Das Gewinnerboot „Mare“ wird es beim Vendée schwer haben, über das Mittelfeld hinauszukommen.

Das Vendée Globe wird das Rennen der Foiling 60 werden. Die Foiler werden einige Knoten schneller sein, als die „classic“ Open 60s. Wobei sich uns hier eine riesige Chance eröffnet, da die VPLP/Verdier-Designs  Semi-Foiler sind, d.h. die Rumpfform ist noch mehr oder weniger die eines Standard Open 60, der mit Foils sozusagen Turbo-Charged wurde.

Das ist schon ein riesen Schritt vorwärts, aber wir gehen noch einen Schritt weiter und designen zunächst das Foil- und Ruder-Package, erst dann den passenden Rumpf dazu. Das Boot wird mit Sicherheit eines der extremsten, aber auch der schnellsten Open 60 werden, denn am Ende vom Tag gewinnt nicht das Rennen alleine der Skipper, sondern vor allem das Boot.

Es ist nur die Kunst das richtige Boot auszuwählen und dann intelligent zu segeln. Wie antwortete Brad Butterwoth 2007 nach dem Gewinn des America’s Cups auf die Frage, wie man den AC gewinnt?  „With Boatspeed – that’s it!“ – das gilt auch fürs Vendee Globe – Boatspeed wins…

12 Antworten zu „Barcelona World Race: Jörg Riechers zieht vor dem Ziel Bilanz“

  1. Boris

    sagt:

    Was sucht der Joerg denn in Afrika ? BWR

  2. grips

    sagt:

    hallo hannes, hast du wirklich die segel killen gesehen ? ich nicht!
    und lieber dude(n) die party bezahlt wie bei allen profiseglern der sponsor.
    ich bin über den Neidfaktor bei den deutschen Seglern? doch sehr erstaunt.
    die einzigen kommentare mit Grips und Objektivität waren die von kerstin und friedrich!!!

    1. Dude(n)

      sagt:

      Das ist im Kern genau das was ich gesagt habe, nur das man eben diesen Sponsor erstmal braucht, den man meines Erachtens nach mit realistischer Werbung besser findet bzw. behält als mit Phantasien und öffentlichen Aussagen, die in die Richtung gehen, dass die VPLP Designs Opfer sind für das was man selber plant. Finde ich ehrlich gesagt bisschen krass. Dass ist nicht mehr Class 40

      1. Sven 14Footer

        sagt:

        Gib ihm das Geld und er wird beweisen, ob sein Konzept passt und das Boot wirklich schnell ist.
        Das von ihm mitdesignte Boot, die exMare, hatte in diesem Feld kein Speedproblem, eher andersherum. Für mich hat er damit bewiesen, das seine Konzepte und Designideen sehr schnell sein können. Leider habe ich nicht das Geld Herrn Riechers die Vendee zu sponsorn. Ich drücke ihm alle Daumen, dass er einen potenten Sponsor rechtzeitig findet, um einen solide Kampagne zu starten.
        Die Aufmerksamkeit der Medien in GER hätten er und der Sponsor sicherlich. (Muss ein Sponsor nur noch ein bißchen Mut haben)

  3. Hannes

    sagt:

    „Die Zukunft hat schon mit der Planung des neuen Bootes während des Rennens begonnen.“
    Wie kann ich mir das vorstellen? Unten sitzt Jörg Riechers und wertet Designstudien aus und oben killen die Segel?
    Ich bin gespannt wie sich JR gegen die starken und schon seit über einem Jahr testenden Teams schlägt.

  4. Friedrich

    sagt:

    Nachsatz: Meine Bewunderung gilt Pharmaton. Wer hätte gedacht, dass man mit einem 15 Jahre alten Schiff in weniger als 100 Tagen um die Erde kommt?

  5. Friedrich

    sagt:

    Was soll das Gemoser? Ihr wisst doch gar nicht, was Jörg bereits als Paket geschnürt hat. Ich sehe nur, dass das maßgeblich von ihm mitgestaltete und mitgebaute Boot, dass leider mit dem Mare-Ausstieg verkauft werden musste, das BWR gewonnen hat. Es hat gehalten und war abgesehen von der zerbröselten Hugo Boss mit Abstand das schnellste Schiff in diesem Rennen. Ich sehe auch, dass Riechers/Audigane bis Neuseeland gut mitgefahren sind mit einem alten Boot, ein paar Sachen erfolgreich, ein paar weniger erfolgreich riskiert haben, einen Repair Stop einlegen mussten und danach nicht mehr Vollgas segeln konnten. Wenn sie in wenigen Tagen in B. ankommen, haben sie es gut gemacht, so gut es offenbar ging. Klar hätten wir Deutschen und insb. die Riechers-Fans uns mehr gewünscht, aber wenn nicht mehr ging, dann ist Ankommen entscheidend. Die Glückwünsche dazu spart man sich bis ins Ziel auf. Auch im Mittelmeer kann noch alles Mögliche passieren. Ich drücke dafür die Daumen!

    F.

  6. Dude(n)

    sagt:

    Überzeugt sein von sich selbst und seinen Fähigkeiten ist gut und zwingend notwendig. Aber diese Überzeugung sollte man meiner Meinung nach auf realistischer Grundlage bilden. Es war beispielsweise von Anfang an klar, dass ein Podium mit der Karre auch in dem Feld eher mit sehr viel Glück verbunden ist. Wenn ich Sponsor der Sache wäre fände ich es gelungener, wenn mein Athlet sich hinstellt und sagt: wird schwierig, weil Material etc. aber Projekt ist Langzeitding für Vendee etc. Wenn er dann ein Podium schafft ist die Erwartung übererfüllt. Wenn er es wie für Experten wohl schon absehbar nicht schafft trotz der großen Ankündigung ist das medial eher ein fail.

    1. Kerstin

      sagt:

      Genau das unterscheidet Hobbysegler wie Sie von Top-Leuten wie Jörg Riechers. Ohne Visionen werden große Projekte nie gelingen. Dafür braucht es Mut, Disziplin, Durchhaltevermögen und auch die Fähigkeit, zu träumen. Der Mount Everest wäre heute noch nicht bestiegen, wenn man nur auf Bedenken hört!!!

      1. Leser

        sagt:

        Riechers ist ein guter, hat er bewiesen. Aber Visionen ohne Geld sind wertlos, zumindest auf der Party auf die er gerne will. Da ist nichts mehr mit Pioniertum etc. Dass ist brutalstes Business mit riesigen Budgets, wenn man da so auftreten will wie es ihm vorschwebt.

  7. Dude(n)

    sagt:

    Wer soll denn die Party bezahlen? Hört sich aus den Bordberichten so an, als ob das quasi alles fix ist und die dabei sind das neue Boot schon zu bauen. Ich würde es schade finden, wenn das alles wieder nur verbaler Wirbel ist so wie mit einem „gesicherten Podium“ beim BWR. Könnte mir vorstellen, dass ein bisschen mehr Zurückhaltung und realistischere Bewertung der Fakten bei der Sponsorensuche besser wäre. Für Außenstehende sieht es auch so aus als ob der Ex-Sponsor Mare überfordert wurde mit einer drei Klassenkampagne. Vlt. hätte man erstmal Geld suchen sollen bevor man einen Open60 in Kleinteile zerlegt und modifiziert. Man mag sich von Außen dabei natürlich täuschen…

    1. Wie willst du Sponsoren von Dir und Deinem Projekt überzeugen, wenn Du nicht zu 100% von Dir selber und Deiner Idee von einem schnellen Boot überzeugt bist?

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