Der Fall Clarisse Crémer: Gibt es doch noch eine Vendée-Globe-Chance für die junge Mutter?

"Es geht nicht um Sexismus oder Mutterschaft"

Der Fall Clarisse Crémer zieht immer größerer Kreise und ist in der französischen Politik angekommen. Wie dem Sponsor Banque Populaire dieser Kommunikations-Gau unterlaufen konnte.

Clarisse Crèmer übernimmt am 12. Dezember 2022 symbolisch die Apivia-Pinne von Charlie Dalin (l.) © Apivia

Das Schicksal von Clarisse Crémer, deren Sponsor Banque Populaire ihren Vendee Globe Sponsor-Vertrag nach der Geburt ihres Kindes kündigte, polarisiert immer weiter – in der Seglerszene und inzwischen auch weit darüber hinaus.

Die französische Großbank sieht sich einem ungebremsten Shitstorm mit Tausenden Posts ausgesetzt. Konten werden gekündigt, eine Petition wird nach fünf Tagen von knapp 32.000 Menschen unterschrieben. Darin heißt es: “Wir wollen unsere Unterstützung für Clarisse zum Ausdruck bringen, aber auch Banque Populaire zeigen, dass Frauen das Recht haben, Hochleistungssportlerinnen zu sein, und dass sie das Recht haben, bei einer Mutterschaft unbehelligt zu sein!”

Es geht inzwischen längst nicht mehr nur ums Segeln, sondern um den Schutz von jungen Müttern bei der Arbeit und Gleichbehandlung mit Männern nicht nur im Sport. Am Wochenende griff sogar die französische Sportministerin Amélie Oudéa-Castera in die Diskussion ein. “Jeder weiß, dass Clarisse Crémer, die schnellste Frau in der Geschichte der Vendée Globe, es verdient hat, am 10. November 2024 an den Start gehen zu können”, twitterte sie.

Clarisse Crémer bei der Vendée Globe. © Crémer /BP

Die Ministerin informierte zudem darüber, dass sie mit dem Präsidenten der Vendée Globe Alain Leboeuf gesprochen habe, um die Regeln so schnell wie möglich zu ändern.  Seglerinnen sollten ihr Leben als Spitzensportlerin mit einer möglichen Mutterschaft vereinbaren können. Sie habe auch mit den beteiligten Parteien eine Diskussionsrunde zu dem Thema organisiert, der am Montag 6. März stattfindet. Oudéa-Castera glaubt: Die Chancen von Crémer 2024 bei der Vendée Globe zu starten, sei immer noch gegeben.

Bei den Olympioniken klappt es auch

Sollte es tatsächlich noch eine Chance geben, dass der Offshore-Shooting-Star seine Kampagne fortsetzen darf? Es gibt vorsichtige Anzeichen. Während die Vendée Globe-Zwölfte 2021 und schnellste Frau viel öffentliche Unterstützung von ihren Skipper-Kollegen bekommt,  meldete sich auch der französische Seglerverband zu Wort. Präsidenten Jean-Luc Dénéchau erklärte, “Ich verstehe die Wut und die Enttäuschung von Clarisse Crémer. Ich habe daher sofort Kontakt mit den verschiedenen Parteien aufgenommen, um eine Lösung zu finden, die den Werten entspricht, die wir alle verteidigen.”

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Carsten Kemmling

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4 Kommentare zu „Der Fall Clarisse Crémer: Gibt es doch noch eine Vendée-Globe-Chance für die junge Mutter?“

  1. avatar RVK sagt:

    In wenigen Stunden erlebt man keinen Imageverlust… Image ist per Definition die langfristige Bewertung einer Marke und von kurzfristigen Emotionen wie Wut, Freude oder Trauer zu trennen… Ich würde einmal abwarten, wie sich die Situation entwickelt und wie lange das Hängen bleibt. Das Thema ist in Frankreich aktuell groß und wird weit wahrgenommen, aber BP kann sich auch auf einem komfortablen Imagekonto durch sein langes und glaubhaftes Engagement im Segelsport ausruhen und ggf. das ganze Thema auch aussitzen. Es bleibt abzuwarten wer sich das freigewordene Cockpit jetzt noch antun will und wen BP nominiert. In dieser Debatte kann es eigentlich nur eine junge Frau sein, weil ansonsten BP wirklich noch mehr in Erklärungsbedarf kommt… Immerhin ist es ein Luxusproblem, wenn eine ganze Nation ein Segelsponsoring debattiert, ohne den Segelsport an sich in Frage zu stellen. In Deutschland wäre dies einfach ein Signal wie unattraktiv oder potential gefährlich ein Sponsoring im Segeln ist. In Frankreich wird in den Marketingabteilungen die weite Aufmerksamkeit und die öffentliche Diskussion als Zeichen der weiten Popularität des Segelns interpretiert und als Bestätigung gesehen, dass Segelsport Reichweite generiert…

  2. avatar Ds sagt:

    Wäre, der oder die jenige an der pibbe denn jemand mit bereits ersegelten quali Meilen. Dann kann man es verstehen. Ansonsten ist es nicht logisch

  3. avatar PL_sibylle_j sagt:

    Eine extra Wildcard für Clarisse Cremer wäre der einzige faire Ausgang aus der aktuellen Situation.

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    • avatar Till sagt:

      sehe ich genauso… es wäre die einzige Möglichkeit das ganze ohne weiteren Imageschaden der Vendee Globe und von BP zu überwinden. möglicherweise sollte sich der Vendee Globe Vorstand in Zukunft einfach ein weiteres Kontingent an Wildcards für solche oder vergleichbare Fälle einräumen…wenn nichts passiert bleiben die eben ungenutzt. ist ja am Ende völlig egal ob 40 oder 42 Boote am start sind. wird nur beim Start im Hafen etwas voll.

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