Drachen EM: Markus Wieser über das spannende Finale und Vermessungsprobleme

Diskussionen um ein Wunderboot

Der Däne Lars Hendriksen holte mit einem unglaublichen Schlussspurt den Drachen EM Titel mit einem alten Holzboot aus den sechziger Jahren. Das sorgt für Diskussionen.

Drachen Hendriksen

Der dänische Holzdrachen aus den Sechziger Jahren ist extrem schnell. © Matteo Littardi

Mit 84 Mannschaften aus 23 Nationen war die diesjährige Drachen Europameisterschaft erneut bestens besetzt. Trotz der aus meiner Sicht viel zu frühen Terminansetzung war der Run nach San Remo unerwartet hoch. Das Wetter war wie so oft im März in Ligurien: ungewöhnlich kalt, keine Thermik, Sturm, Flaute, Regen und Sonne. Trotzdem konnten wir sechs schöne Wettfahrten segeln.

Zu Beginn der Serie haderten wir noch mit der Geschwindigkeit unseres Ersatzbootes, aber dann kamen wir immer besser in Schwung und hatten vor dem alles entscheidenden letzten Rennen eine gute Ausgangssituation für den Titelgewinn.

Der Däne Lars Hendriksen führte das Klassement an, dicht gefolgt mit nur 1 Punkt Rückstand von dem stark segelnden ehemaligen Rostocker Drachenweltmeister Malte Philipp. Wir auf Platz drei mit 5 Punkte Rückstand auf die Spitze, weitere 5 Punkte zurück direkt hinter uns der ehemalige 470ziger Olympiasieger Jevgenij Braslavats, unser Teamkollege vom Transbunker Sailing Team.

Vier Teams mit Siegchancen

Nur diese vier Teams hatten noch eine reelle Siegchance, die Punkterückstände der übrigen Teams waren bereits zu groß. Unsere Ausgangslage war am besten, wir hatten uns als einzige dieser vier Mannschaften noch keinen Streicher eingefangen.

Das letzte Rennens, das bei Sonne, großen Wellen und Wind über 20 Knoten gesegelt wurde, verlief dramatisch: Lars Hendriksen drehte bereits kurz nach dem Start ab, da er fälschlicherweise einen Gesamtrückruf angenommen hatte. Aber es wurde nur ein Einzelrückruf angezeigt, und eigentlich war er durch den Umweg schon frühzeitig aus dem Rennen um den Gesamtsieg ausgeschieden.

Malte Philip lag nach gutem Start anfangs in sehr aussichtsreicher Position. Er verabschiedete sich jedoch kurze Zeit später, da er einen Konkurrenten foulte und einen Strafkringel drehen musste. Wir rundeten die erste Luvtonne an achter Position, Evgenij Braslavats lag zu diesem Zeitpunkt knapp hinter uns, Malte Philipp weit in den 20zigern und Lars Hendricksen zwischen Platz 30 bis 35.

Mit Strafkringeln aus dem Rennen

Im weiteren Verlauf holte Lars stetig auf, Malte blieb weiter in der Zwanzigern hängen und Evgenij verabschiedete dann auch aus dem Rennen um den Titel, als ebenfalls er nach einer Regelverletzung seinen Strafkringeln drehen musste. Einzig Lars machte weiter Boden gut und verkürzte in rasantem Tempo den anfangs großen Rückstand auf uns.

Trotzdem lagen vor der letzten Zielkreuz immer noch ausreichend Boote zwischen uns beiden. Lars musste noch Gegner überholen, um uns den Sieg zu streitig machen zu können.

Als Vorschoter Frithjof Kleen bei einer Wende ins Wasser fiel, zogen wir in Erwägung zu warten, ihn abzublocken und einige Plätze nach hinten zu segeln. Schließlich hatten wir noch unseren Streicher offen. Da der Fauxpas Lars und Co aber wichtige Meter kostete, verwarfen wir diese mögliche Match Race Taktik. Wir fühlten uns sicher.

Hendriksen zündete den Dreifachturbo

Aber schließlich trat doch noch der Super GAU für uns ein! Hendriksen und Co zündeten den Dreifachturbo (wie beim neuen BMW X5 M50 D)  und flogen an den Gegnern vorbei. Als wir die Ziellinie kreuzten, waren wir noch guter Hoffnung. Dann mussten wir aber zusehen, wie die Titelhoffnungen dahinschwanden als Hendriksen und Co dem Ziel entgegen feuerten.

Wir waren geschockt und fassungslos, nachdem wir realisierten, dass uns auf den letzten Metern der schon sicher geglaubte Sieg noch entrissen wurde. Zwei Plätze waren es schließlich!

Wie konnte das passieren? Warum waren Lars Hendriksen, Anders Bagger und Frithjof Kleen so viel schneller als alle anderen? Wie konnten sie so viele Meter bzw Plätze während dieses Rennens aufholen?

Ingo Ehrlicher lag an der letzten Leetonne noch vor Lars Hendriksen. Er segelte eine starke Zielkreuz und  überholte auch viele Boote. Aber auf dem letzten Schlag vom Felsen bis zum Ziel (ca 1 km) verlor Ingo annähernd 80 Meter auf Hendriksen und kreuzte das Ziel vier Boote dahinter.

Wie kann der Däne so schnell sein?

Die geschlagenen Jungs von Team Neuseeland kommen mir in den Sinn, die am Ende gegen den Speed von Oracle chancenlos waren. Frithjof sagte, dass er als gelernter Starbootvorschoter und durchtrainierter Athlet besser und länger hängen könne als alle anderen, und sie deshalb so stark aufholten. Aber kann das diesen enormen Geschwindigkeitsunterschied ausmachen?

Segelten die drei taktisch soviel besser als wir? War es Anders Bagger, der bereits mit Jens Christensen Europameister wurde und uns damals auch im letzten Rennen den schon sicher geglaubten EM Titel noch wegschnappte?

Lars Hendriksen wurde im Vorfeld bereits als Top Favorit gehandelt, da er auch bei der warm up Regatta durchs Feld gepflügt war. Er segelte mit einem „alten“ Petersen & Tyssen Holzdrachen und es ist durchaus bekannt, das es extrem schnelle Konstruktionen sind.

Lars letzter Sieg bei einem Großereignis stammt aus dem Jahr 2007. Damals gewann er vor Palma de Mallorca mit einem derartigen Boot den Gold Cup. Als er dann zu uns ins Transbunker Team wechselte, blieb sein Boot in der Garage und wurde bei keinem weiteren Großereignis von ihm gesegelt.

Diskussionen um Vermessung

Vor San Remo segelte Lars  Debutant“,  ex „Rat Pack“, dann wieder dieses angeblich schnellste Boot dieser sechziger Jahre Generation.  „Debutant“ wurde zuvor komplett überarbeitet und verbessert. Im Grunde ist es ein neues Boot.

Im vergangenen Jahr gab es schon große Diskussionen, ob die aktuellen Modelle der Petticrow Bootswerft klassenkonform gebaut werden. Testbohrungen wurden vorgenommen, und es wurde zumindest von offizieller Seite nichts beanstandet.

Nach einem „major refit“ sollten auch alte Boote nach den aktuellen Klassenregeln „nachvermessen“ werden. Aber nach meinem aktuellen Kenntnisstand ist das nicht passiert.  „Major refit“ muss definiert werden, der Hamburger Anwalt und Drachensegler Philip Dohse, Vorsitzender des technischen Komitees, wird für Klärung sorgen müssen. Auch waren die neuen Spinnaker vom Segelmacher Fritz  zu groß. „Sie würden ja noch schrumpfen“, war die Aussage!

Jeder macht, was er will

Mittlerweile macht jeder, was er will und Grenzen werden überschritten. Die Kontrollvermessungen am Boot sind eine Farce, es werden nur Messmarken kontrolliert, Schwimmwesten, Paddel und Eimer. Kein Rumpf, kein Gesamtgewicht. Jeder kann schwindeln, wenn er will.

Zu große Spis kommen in der Trockner. Das ist längst Usus. Auch wir mussten den Trockner anschmeißen, 10 cm ist das Ding geschrumpft, alles war gut…. Aber wenn wir diesen aktuellen Entwicklungen nicht Einhalt gebieten und die IDA (internationale Drachen Vereinigung) weiterhin tatenlos zuschaut, dann ist dies der Anfang vom Ende dieser großen und traditionellen Klasse!

Sie zerstört sich selber, die letzten noch existierenden Pettersen Boote werden aufgekauft und Tim Tavinor muss sich überlegen wie er seine Petticrow Boote schneller machen kann. Schafft er das, bleibt er im Geschäft, aber der Gebrauchtbootmarkt ist am Ende.

Ich will Lars Hendricksens Sieg nicht schmälern, er ist der neue Europameister, Glückwunsch auch an Friedl und Anders, die ohne Frage ein großes Kämpferherz haben! Trotzdem ist viel zu tun, packens wir an!

11 Kommentare zu „Drachen EM: Markus Wieser über das spannende Finale und Vermessungsprobleme“

  1. MrHarvey1 sagt:

    Völlig daneben Herr Wieser! Nun selbst Schiffe in Dubai bauen lassen, die es ermöglichen, 40 cm weiter außen zu sitzen, um das Gewicht mehr außen zu haben (während ein Peteresen Drachen das engste Cockpit von allen hat – früher lag man(n) bei Wind längs außen auf Deck), so viel zum Thema Ausreizen von Bauvorschriften. Sie wollen de facto, dass kein alter Holzdrachen mehr an Meisterschaften oder Grade 1 Events teilnehmen kann und zerstören somit, was 85 Jahre Bestand hatte. Die relative Konkurrenzfähigkeit alter Drachen ist eine absolute Stärke der Drachenklasse, die wir uns durch Sie, die Sie selbst bei Ihrem Vater auf einem Holzdrachen groß geworden sind, nicht kaputt machen lassen. Im übrigen handelt es sich um zwei/drei Schiffe, die in dieser Liga mitmischen, von vielleicht sechs insgesamt sehr schnellen alten Petersen Drachen. Der Rest schwimmt gut mit, nicht mehr und nicht weniger. Deswegen alles über Bord werfen zu wollen, ist ungehörig.

    Wenn man sich mal auf you tube einen Segelmitschnitt von L. Hendricksen ansieht, weiß man, was absolute Bootsbeherrschung bei Wind ist. Die Jungs, wie früher um Herrn Dahlmann oder Frank Berg herum, können halt verdammt gut segeln. Für mich ist es grob unsportlich, dann den Sieg zu neiden und es auf ein Schiff von Bj. 1957 (!!!) zu schieben. Dies ist doch geradezu lächerlich.

    Jedenfalls werden wir uns mit aller Macht gegen diese Art von Partikularinteressen und Art Quasi Enteignung zur Wehr setzen, wenn es sein muss, auch mit Sammelklagen (Class Action).

    Wirklich schade, dass Herr Wieser durch das sog. Profitum nun in die Drachenklasse den vergifteten Geist des Americas Cup (Kampf der Kanzleien und nicht sportlicher Wettbewerb unter Seglern) trägt. IDA und DDG sind gefordert, dem energisch entgegen zu treten! – ein Holzdrachensegler

    Tipp an Wieser: alten Holzdrachen kaufen und nur noch gewinnen – wenn’s denn so leicht wäre

  2. Frederik sagt:

    Mit diesem Artikel haben Sie aber eine sehr unsportliche Einstellung gezeigt, Herr Weiser! Traurig eigentlich, das haben Sie doch gar nicht nötig! Außerdem war doch besagter Drachen mehrmals bei großen Events und Meisterschaften am Start und wurde sehr oft vermessen. Nie wurde etwas bemängelt….

  3. Sailor sagt:

    Herr Wieser, Sie sind ein verdammt schlechter Verlierer. Dieser Bericht ist zudem noch schlecht geschrieben, und voller Schleichwerbung, diesen Content sollte SR bitte abschließen…

  4. Jetzt seid mal nicht so. sagt:

    Wieser ist es gewöhnt selber überlegenen Speed zu haben und endlos Mittel ins Material investieren zu können und immer top ausgerüstet an den Start zu gehen. Und dann kommt da einer und is plötzlich schneller. Da darf man doch schon mal ein bisserl rumheulen. Is doch ungecht, oder. Hoffentlich fangen jetzt nicht die hunderte Hobbysegler zu schreiben an, „der Wieser ist immer viel schneller als wir und hat mehr Segel zum Testen als das Jahr Kalendertage. Das ist ja so unfair. Wir sollten mal den Geldfluss ins Segeln beschränken und für Chancengleichheit sorgen.“ Das wär ja der Anfang vom Ende dieser traditionellen Klasse. *g

  5. Archie sagt:

    Vor ein paar Jahren stand eines dieser „magischen“ P&T Boote aus der 60er Serie ja auch am Starnberger See zum Verkauf.

  6. Wuastwasser sagt:

    Sehr selbstgefälliger Bericht, Herr Wieser.
    Auf die Mitbewerber schimpfen und in jedem 2ten Satz den eigenen Sponsor nennen, und das auch noch irreführend (siehe Kommentar Ballbreaker/Fritz Segel)
    Um es mit Ihren Worten zu sagen: Durch solche Berichte legen Sie sich selbst, Ihre Sponsoren und Ihre Klassen in denen Sie segeln brach.
    (sprich: unglaubwürdig)
    Gehen Sie lieber Segeln anstatt darüber zu schreiben,
    das können Sie.
    Werbung kann jeder Idiot.

  7. yuammy sagt:

    …apropos Sponsor: was trinkt man den dort für Perlwein auf dem Podium? Ich hab gehört Krim-Sekt ist aktuell en vogue 😀

  8. Ballbreaker sagt:

    „wie beim neuen BMW X5 M50 D“
    Dank vom Sponsor für die so gekonnt und unauffällig eingebaute Extrawerbung………

    „Auch waren die neuen Spinnaker vom Segelmacher Fritz zu groß“
    Auf der Seite von Fritz-Segel wird Markus Wieser unter dem Fritz-Segelteam gelistet. Zu große Fritz-Spinnaker fallen da ziemlich exakt in seine (Mit-)Verantwortung.

    „Mittlerweile macht jeder, was er will und Grenzen werden überschritten.“
    Was hindert einen bei einer Europameisterschaft daran gegen ein erstaunlich schnelles Schiff einen Vermessungsprotest zu führen? Wenn bei den aktuellen Petticrow-Drachen eine Klärung auf Klassenkonformität erfolgt ist, warum kann man dies nicht bei „altten“ oder „refitteten“ Botten auch tun?

    „Sie zerstört sich selber, die letzten noch existierenden Pettersen Boote werden aufgekauft und Tim Tavinor muss sich überlegen wie er seine Petticrow Boote schneller machen kann. “
    Das „Problem“ mit lästig schnellen Altschiffen gibt es in anderen Bootsklassen auch 🙂

    http://srdev.svgverlag.de/regatta/offshore/andre-budzien-mit-40-jahre-alter-wunder-ok-jolle-zum-meistertitel/

  9. One Designer sagt:

    BMW X5 M50 D?
    Dezent platziert – da wird sich der Sponsor aber freuen 😉

  10. Sven-Hamburg sagt:

    Will da einer nachtreten?

  11. SR-Fan sagt:

    Jaja, die Drachen und ihre Juristen …

    VG

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