Simon Diesch und Anna Markfort haben ihre starke Frühform im neuen Olympia-Zyklus mit der WM-Silbermedaille bestätigt. Gold war auch drin. Im Medalrace sah zuerst alles danach aus. Schließlich verloren sie hauchdünn.

Jordi Xammar schien eine Segel-Karriere im Schnelldurchlauf hinzulegen. Nach 470er Bronze bei den Olympischen Spielen 2021 übernahm er das Steuer des ESP-Foilers beim SailGP und erklomm mit strammen Schritten den Segel-Olymp. Aber die Leistung in diesem Profi-Circuit passte nicht. Er verlor die Skipper-Rolle an 49er-Olympiasieger Diego Botin. Seitdem segelt das ESP SailGP Team vorneweg.
Xammar sagte, er wolle sich lieber auf den 470er konzentrieren. So zählte beim Olympia-Finale in Marseille für ihn nur Gold. Er war beim Medalrace auch noch in Schlagdistanz und segelte voll auf Angriff gegen die Österreicher Lara Vadlau und Lukas Mähr. Aber das ging nach hinten los. Mit einem vorletzten Platz geriet sogar Silber außer Reichweite – die Spanier wurden nur Vierte.
Gold-Skipperin Vadlau sah in dem Angriff noch eine andere Ebene. In einem Interview über ihr neues Buch sagte sie : „Er ist leider ein echter Macho…Das ist einer, der es gar nicht aushält, wenn eine Frau ihn besiegt. Deshalb hat er sich mit uns angelegt, und deshalb ist er auch auf Rang vier zurückgefallen. Das hatte er davon.“

Wie auch immer, Xammar startete nahtlos seine vierte Olympiakampagne im 470er, wechselte die Vorschoterin und kam mit Marta Cardona auf Anhieb auf ein Niveau, auf dem sie sich Anfang Mai den EM-Titel sichern konnten. So starteten sie bei der WM im polnischen Gdynia als Mitfavoriten und wurden dieser Rolle schnell gerecht.
Sie segelten eine starke Serie. Wie erwartet kam es zum Dreikampf mit Diesch/Markfort und den britischen Aufsteigern Wrigley/Harris, die unter anderem den ersten Grand Slam in Palma gewonnen hatten. Aber am ersten Finaltag erscheinen in der Ergebnisliste bei Xammar dreimal die Buchstaben SCP in der Ergebnisliste – Scoring Penalty. In den drei Läufen des Tages wird den Spaniern jeweils ein Strafpunkt aufgeschlagen.
Warum? Es geht um ein vergleichsweise banales Vergehen. Jordi Xammar war nicht bei der sogenannten „Bib Ceremonie“ anwesend. Am Donnerstag, dem 12. Juni um 10:02 Uhr, so steht es im Protestformular, bekam das führende Team direkt vor dem täglichen Coaches Briefing seine Gelben Trikots überreicht. Die Anwesenheit ist verpflichtend. Vorschoterin Cardona war zwar pünktlich, aber der Steuermann nicht.
Später erklärt er, der Aufzug seiner Unterkunft habe nicht funktioniert. Danach hatte er auch noch Probleme mit dem Fahrrad. Auf die Jury machte das keinen Eindruck. Der Versuch, die drei Strafpunkte bei einer Protestverhandlung loszuwerden, scheiterte.

Es kam, wie es kommen musste.
Das Finale (Tracker-Replay) begann nicht besonders gut für das deutsche Team. Die Briten in Lee hatten den klar besseren Start, wendeten von der linken Seite deutlich vor Diesch/Markfort und waren früh auf Gold-Kurs, denn die Spanier kamen auf der rechten Kreuzseite überhaupt nicht in Fahrt. Das deutsche Duo griff dann aber auf der extremen linken Seite an, machte dort mächtig Speed und rundete die Luvtonne auf Rang zwei. Die Briten waren 4. und Spanien 10. – das reichte locker für GER-Gold.

Aber der Wind wurde immer leichter und der deutsche Vorsprung schmolz dahin. Auf der zweiten Kreuz funktionierte die Deckungsarbeit gegenüber den Spaniern auf der rechten Seite nicht gut und die Briten zogen mit einem Angriff auf der linken Seite vorbei. Die Platzierung an der letzten Luvtonne reichte rechnerisch zwar noch knapp für deutsches Gold, aber auf den letzten Metern des Vorwindkurses gelang Xammar/Cardona das entscheidende Überholmanöver nach einer Halse.
Schade für Diesch/Markfort, aber irgendwie auch gut, dass die drei Strafpunkte für die Leibchen-Übergabe am Ende keinen Einfluss hatte.
Die DSV-PRESSEINFORMATION
Simon Diesch und Anna Markfort werden Vizeweltmeister im 470er-Mixed
Hamburg, 14. Juni 2025. Simon Diesch und Anna Markfort haben bei der 470er-Mixed-WM im polnischen Gdynia die Silbermedaille gewonnen. Nach überzeugender WM-Serie und packendem Finale musste sich das Top-Duo des German Sailing Teams nur dem spanischen Titelverteidiger Jordi Xammar Hernàndez mit Marta Cardona Alcàntara geschlagen geben. Die Entscheidung fiel bei Punktgleichheit dramatisch knapp aus.

Steuermann Simon Diesch (Württembergischer Yacht-Club) und Vorschoterin Anna Markfort (Verein Seglerhaus am Wannsee/Joersfelder Segel-Club) waren als Spitzenreiter mit zwei Zählern Vorsprung vor den Spaniern Jordi Xammar Hernandez und Marta Cardona Alcàntara ins doppelt gewertete Medaillenrennen gestartet. Es war klar: Das Team, das im Ziel den Bug vorn hat, greift nach Gold. Zu beachten waren dabei noch die Briten Martin Wrigley und Bettine Harris, die ebenfalls in Schlagdistanz zu Gold ins Finale gingen.
Es folgte ein hochspannender Finalkrimi mit allen Zutaten, die der olympische Segelsport zu bieten hat: Nach oftmals druckvoller WM-Woche war der Wind heute eher leicht und stark drehend, so dass die ersten beiden Startversuche für das Finale abgebrochen werden mussten. Erst mehr als eine Stunde nach dem ersten Versuch gingen die teilnehmenden Crews des Medaillenrennens über die Startlinie.

Simon Diesch und Anna Markfort hatten sich bei allen drei Startversuchen stets gut positioniert. Anfangs lief es für sie im Finale dann auch bestens. „Lange Zeit sah es für uns sehr komfortabel aus“, sagt Anna Markfort. „Wir haben uns auf uns konzentriert, den direkten Gegnern einen mitgegeben, wenn es ging.“
Nachdem Diesch/Markfort auf dem ersten Downwind aber schon ein paar Federn lassen mussten, nahmen die Druckunterschiede im weiteren Verlauf des Medaillenrennens immer mehr zu. Der Wind drehte immer weiter nach links. So schob sich das Feld zusammen und das spanische Duo kam an den hart verteidigenden Deutschen vorbei. „Wir wissen, dass Segeln eine absolute Natursportart ist. Im Ziel war dann gar kein Wind mehr“, beschreibt Anna Markfort diesen letzten WM-Renntag und ergänzt: „Dass es so spannend wird und alle drei Teams auf dem Podium nacheinander ins Ziel kommen, spricht für sich.“
Bestes Ergebnis der gemeinsamen Karriere
Den Zieldurchgang erlebten Simon Diesch und Anna Markfort mit gemischten Gefühlen. „Da waren bei uns Freuden- und Wehmutstränen zugleich“, sagte Anna Markfort zur schmerzhaft knappen Entscheidung über Gold und Silber. Dennoch ist es für das Erfolgsduo vom German Sailing Team das beste Ergebnis der gemeinsamen Karriere.

„Wir erden uns zwischendurch immer wieder, wissen, wo wir herkommen, von welcher Olympia-Erfahrung wir uns wieder aufgerappelt haben“, erklärt Anna Markfort. „Dass die Saison jetzt mit drei von vier möglichen Podiumsplätzen ausgeht, ist natürlich Balsam für die Seele.“ Bei seiner olympischen Premiere 2024 hatte das Team Diesch/ Markfort mit Platz 14 die eigenen Ziele verfehlt. Ihre offene Rechnung mit den Spielen will das Team nun mit der erfolgreich gestarteten zweiten gemeinsamen Olympia-Kampagne begleichen. Die erste Saison auf Kurs LA 2028 lief mit Silber und Gold im Grand Slam, einem fünften Platz bei der Europameisterschaft und nun WM-Silber bislang mehr als vielversprechend.
DSV-Cheftrainer Dom Tidey hat die deutsche Segelnationalmannschaft in dieser Woche in Gdynia vor Ort begleitet und betreut. Sein Fazit nach dem Finale: „Wenn Simon und Anna jemals dachten, dass sie eine Leichtwindschwäche haben, dann habe ich die heute nicht gesehen. Sie haben sich in starke Positionen gebracht. Im Finale hatten sie dann eine portugiesische Crew in Luv, bei der die Vorschoterin über Bord ging. Das hat die kleine Lücke für die Spanier geöffnet.“
Lob von Cheftrainer Dom Tidey
Cheftrainer Dom Tidey zeigte sich sehr zufrieden mit dem Abschneiden der deutschen 470er-Mixed Teams des German Sailing Team bei der WM. „Ich freue mich auch über die Leistungsentwicklung von Theres und Paco, über die Widerstandskraft von Theresa und Christopher und über die Rennsiege von Malte und Paula“, lobte er „Ich freue mich über gute Einzelleistungen und die Leistung der Trainer. Wir wussten, dass wir hier mit einer guten Basis angetreten sind und werden diese Arbeit konzentriert fortsetzen.“
In Zahlen sieht das Generallob des Cheftrainers für die 470er-Mixed-Segler vom German Sailing Team so aus: Theres Dahnke und Paco Melzer (Plauer Wassersportverein/Verein Seglerhaus am Wannsee) verteidigten im Finale ihren achten Platz. Theresa Löffler und Christopher Hoerr (Deutscher Touring Yacht-Club/Segel-Club Breitbrunn-Chiemsee) verpassten das Medaillenrennen nur knapp und kamen auf den elften Rang. Die ebenfalls neu formierte Crew von Malte Winkel und Paula Schütze (Schweriner Yacht-Club/Norddeutscher Regatta Verein) hatte die erste WM-Halbzeit trotz eines Frühstarts mit zwei Rennsiegen auffallend stark bestritten, konnte aber nach einer selbst verursachten Kollision mit Schaden und Über-Nacht-Reparatur nicht wieder in ihren Erfolgsrhythmus zurückfinden.
„Es war unser erstes gemeinsames Medaillenrennen. Es ist nach langer und anstrengender Woche schön, dass es mit Platz acht geklappt hat. Für uns hat sich die intensive Winterarbeit gelohnt“, sagte Theres Dahnke zufrieden, die erst seit November 2024 mit Paco Melzer zusammen in einem Boot sitzt. „Wir haben natürlich noch nicht so viele Wasserstunden wie die anderen, aber wir können langsam anknüpfen.“
Quelle: DSV
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