Wer seine olympische Karriere beendet, muss eine in vieler Hinsicht schwierige Übergangsphase bewältigen. Segelreporterin Judith, die lange Jahre als Sportpsychologin gearbeitet hat, beschreibt die spezifischen mentalen Herausforderungen, mit denen ehemalige Profi-Segler typischerweise konfrontiert sind – und wem es in Österreich gelungen ist, sich ein belastbares berufliches Standbein zu schaffen

Früher oder später ist es bei jedem Olympia-Segler so weit: Der Neoprenanzug wird an den Nagel gehängt, die Karriere im Spitzensport beendet. Kein anstrengender Trainings- und strikter Ernährungsplan mehr, kein Leistungsdruck, keine Entbehrungen und körperlichen Beschwerden, dafür mehr Flexibilität sowie Zeit für Freunde und Familie. Was für Außenstehende primär nach Erleichterung und Entlastung klingt, wird von den Betroffenen durchaus nicht nur positiv wahrgenommen. Studien zeigen, dass beinahe die Hälfte der Athleten in der ersten Zeit nach ihrem Ausstieg aus dem Hochleistungssport angeben, dass ihr subjektives Wohlbefinden gesunken ist – Loslassen ist eben nicht leicht …
Besonders schwer fällt die Anpassung an die neue Situation, wenn externe Faktoren wie Verletzung, Mangel an Erfolg oder nicht länger geleistete institutionelle Finanzierung das Ende der Karriere eingeläutet haben, aber selbst, wenn die Entscheidung aufzuhören wohlüberlegt und aus freien Stücken getroffen wurde, sind emotionale Schwankungen in dem darauf folgenden Prozess nicht ungewöhnlich.
Was am augenscheinlichsten fehlt ist die Struktur, und zwar sowohl was den Tag, die Woche oder das Jahr betrifft. Profis sind es gewohnt zwischen Training und Wettkampf in einem eng getakteten Rhythmus zu leben und genau definierte Ziele anzustreben. Wenn es das nicht mehr gibt, müssen viele erst lernen, ihre Zeit sinnvoll zu gestalten, und neue Routinen finden. Für Seglerinnen und Segler ist diese Umstellung besonders hart: Deren Alltag ist typischerweise von häufigen Reisen und langen Auslandsaufenthalten geprägt und die Kluft zwischen alter und neuer Normalität daher größer als etwa bei einem Diskuswerfer oder einer Schwimmerin.
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