Jüngstensegeln: Teenys in Steinhude – Wo sich Heil/Plößel die Sporen verdient haben

Abbruch oder nicht?

Schmidt/Kretschmar wieder Jüngstenmeister im Teeny. Hitze und Flaute sorgen bei der Jüngstenmeisterschaft der Teenys am Steinhuder Meer für Dauerbaden und ein „gefühltes Schweinerennen“ zum Abschluss.

Erst sind sie nur vereinzelt zu hören. Dann werden sie stärker. Lauter. Rhythmischer. „Abbruch! Abbruch! Abbruch!“ rufen die jungen Seglerinnen und Segler auf dem ersten Raumkurs. Dazu klopfen sie auf die Seitentanks ihrer Teeny-Jollen. Manche nehmen aus Protest schon den Spinnaker runter, den sie ohnehin nur noch mühsam zum Stehen bekommen.

Die Teeny-Flotte auf dem Steinhuder Meer. © Stefan Ibold / sailing-pictures.de

Ermuntert dürften sie sich dabei von Klassenboss Jens Hahlbrock aus Hamburg persönlich gefühlt haben. Der war dankenswerterweise für den erkrankten lokalen Wettfahrtleiter eingesprungen. Hahlbrock hatte, nachdem die diesjährige Jüngstenmeisterschaft auf dem Steinhuder Meer mit der Mindestzahl von vier Wettfahrten gesichert war, bei einer Steuermannsbesprechnung versprochen, bei Flaute keine „Schweinerennen“ durchziehen zu wollen.

Doch für viele Teilnehmende zumindest aus dem hinteren Teil des Feldes mit 35 Booten war diese sechste und – wie sich später herausstellte – letzte Wettfahrt, zumindest ein „gefühltes Schweinerennen“. Dazu kam die sengende Sonne. Deshalb sorgten sie jetzt spontan für die eher aus anderen Sportarten bekannten Unmutsäußerungen, die sich vielleicht auch noch mit dem populistischen Schülerrufen nach „hitzefrei“ vergleichen lassen.

Die Messungen auf dem Start- und Zielschiff, das in der Mitte der Bahn verankert war und meist etwas mehr Wind zu haben schien, ergaben aber noch halbwegs akzeptable Bedingungen. Sicher waren diese nicht einfach und erforderten Nervenstärke. So wurde Hahlbrock von der Spitze des Feldes zugleich individuell aufgefordert, bloß ja nicht abzubrechen. „Die sollten sich lieber konzentrieren,“ rief eine Seglerin. Hahlbrock entschied sich schließlich für eine Bahnabkürzung und keine weitere Wettfahrt mehr. Statt der geplanten zwölf gab es so nur insgesamt sechs Rennen.

Die Titelverteidiger Stefan Schmidt und Moritz Kretschmar (SV Seeburger See) fuhren bei dieser letzten Wettfahrt ihren Streicher ein. Der Hauptgrund war ein Frühstart. Den konnten sie zwar bereinigen, aber für eine erfolgreiche Aufholjagd an die Spitze reichte es in diesem Rennen nicht mehr. Da sie bis dahin aber wieder sehr gut gesegelt hatten, konnten sie die Jüngstenmeisterschaft auch so wieder für sich entscheiden. An Land spendierten sie alkoholfreien Sekt.

Frühstart bereinigt

Ihnen hätten nur noch Tim Arne Kohlschmidt (YC Phönixsee) und Johanna Arzt (SC Gothia) den Titel streitig machen können. Die beiden hatten bis zur vierten Wettfahrt (darunter drei erste Plätze) sogar in Führung gelegen. Doch im letzten Rennen fuhren auch sie mit einen bereinigten Frühstart ihren Streicher ein, den sie eigentlich schon nach einem schlechten Platz in der fünften Wettfahrt vergeben hatten.  

Dritte wurden Nik und Oke Nommensen (Plöner SV). Sie gewannen souverän den letzten Lauf. Neue U14-Meister wurde Mathies Faasch/Simon Dorloff (SV Malente Gemsühlen), die insgesamt sechste wurden, vor ihren Vereinskameraden Johan Dorloff/Mattes Bock-Müller und Lilly und Rosa Vincke (KS Wilhelmshaven).

Am ersten und dritten Tag hatte wegen Flaute gar nicht gestartet werden können. Der Yachtclub Steinhuder Meer, der die Meisterschaft vom 27. Juli bis 3. August perfekt organisiert hatte, bot den teilnehmenden Kindern und Jugendlichen spontan den Regelkundevortrag eines Schiedsrichters an. Ansonsten standen ihnen stets ein äußerst beliebtes Tretboot sowie mehrere Kajaks und Surfbretter zum Plantschen zur Verfügung. Die Hitze und das mehrere hundert Meter in den See reichende flache Wasser verwandelten die Veranstaltung ohnehin täglich für mehrere Stunden in eine Bademeisterschaft.

Videobotschaft von Heil/Plößel

Nur am zweiten Tag konnten bei rund drei Windstärken vier schöne Läufe gesegelt werden. Bei denen mussten in den Böen die Vorschoter sogar schon ins Trapez. An diesem Abend gingen die Teilnehmenden denn auch merklich früher ins Bett.  

Begonnen hatte die Meisterschaft mit einer Videogrußbotschaft der Olympia-Bronzemedaillengewinner von Rio, Erik Heil und Thomas Plössel. Die beiden hatten ihre gemeinsame Karriere im Teeny am Tegeler See gestartet. Sie sind wie auch so manche Bundesligasegler bis heute ein Beispiel dafür, dass diese offizielle DSV-Jüngstenklasse (bis 15 Jahre) bestens geeignet ist, Wettsegeln im Team zu lernen. Während der hintere und meist jüngere Teil der Rangliste noch öfter mit der Bootsbeherrschung kämpft, wird an der Spitze mit zum Teil beeindruckenden taktischen Raffinessen um die Platzierungen gefightet.

Dabei gleicht die vor allem im Norden, Westen und Berlin verbreitete Klasse einer hilfsbereiten Großfamilie. Sie muss sich durch die jährlichen altersbedingten Abgänge allerdings stets neu auffüllen und steht dabei vor dem Problem, dass viele Eltern und Vereinsvorstände gar nicht wissen oder wissen wollen, dass ihre Kinder mit dem Regattasegeln nicht zwangsläufig als Einzelkämpfer starten müssen. Andere setzen seit Jahren auf diese Zweimannboote. Denn sie wissen: Im Teeny lernen die Kinder nicht nur Teamfähigkeit und soziales Verhalten bei Sieg wie Niederlage, sondern wie bei größeren Jollen auch gleich den Umgang mit Trapez und Spinnaker.

Gesamtergebnisse

Klassenvereinigung Teeny

Facebook

Die Top Ten von 36 Booten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert