Knarrblog: Abenteuer Formula 18 Katamaran Teil drei

Der erste Stecker

Doppeltrapez auf dem Formel 18 Katamaran. Tief hängen, hoch verlieren...wenn der Körper von einer Welle erwischt wird. © C. Kemmling

Dunkle Wolken jagen über Las Palmas. Die Fallen an den hunderten Jollen im Hafenvorfeld des Real Club Nautico klappern, dengeln, sirren. Was gestern noch reiner Genuss war, erscheint im grauen Ambiente eher düster.

Der Containerhafen am anderen Ufer im Norden, die fiesen rostigen Frachter auf Reede, die Gülle, die irgendwo ins Wasser eingeleitet wird.

Andreas schwört mich noch mal auf die richtigen Handgriffe ein und macht die möglichen Fehltritte bewusst. Er ist etwas angespannt. Ich bin der unbekannte Faktor an Bord. Eine blöde Bewegung und der Überschlag samt möglichem Schaden ist vorprogrammiert.

Der Sonne entgegen vor Las Palmas. Manchmal kreuzen fliegende Fische den Weg. © C. Kemmling

Habe keine Ahnung wohin ich springen soll, wenn die Kiste hochsteigt. Ich nehme mir vor, die Arme möglichst eng am Körper anzulegen, wenn ich durch in das Plastik-Groß fliege. Dann wird das Loch vielleicht nicht so groß.

Aber keine Frage, kein Zögern sofort nach dem Auslaufen geht der Gennaker hoch. Der Wind weht ablandig, wir rasen aus der Bucht. Wir sind spät dran am Tag. Aber ein paar Kat-Kollegen sind noch in der Nähe. Das ist gut, wenn etwas bricht. Sonst geht es ruckzuck auf den Atlantik Richtung Amerika. Das Österreichische Team ist schon vor einigen Tagen abgetrieben, als der Mast von oben kam. Erst nach mehren Stunden kam die Rettung.

Die ersten Meter verlaufen noch relativ entspannt. Bei flachem Wasser unter Land fährt der Formel 18 Kat wie auf Schienen. Sehr kontrolliert. Dann wird die Welle höher. Andreas deutet auf die Schlaufe am Heck. „Dort mit dem hinteren Fuß rein.“ Und ich dachte, das sei ein Henkel zum Tragen des Rumpfes. Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, dass man im Trapez so weit nach hinten muss.

Auch am Kat-Trapez wird es nass. Der Luvrumpf "titscht" immer mal leicht auf dem Wasser auf. © C. Kemmling

Aber es macht Sinn. Kaum taste ich mich im Trapez nach hinten und überlege noch wie sehr der Fuß wohl verdreht, wenn man bei einem Schiff-Stolperer tatsächlich nach vorne fliegt, passiert auch schon das Malheur.

Eine Böe, eine Welle und schon steckt der Leeschwimmer fest. Ich lasse den Gennaker flattern, was bestimmt nicht schlecht ist, fliege nach vorne – Gott sei dank vorbei am Want – und finde mich an der Bugspitze wieder. Der Kat streckt seine Ruder aus dem Wasser und ich sehe mich schon mit dem Trapezhaken im Focktuch einhaken. Aber dann pendele ich wider Erwarten am Draht wieder zurück an Bord. Was für ein Schreck.

Andreas ist relativ entspannt. Davor hat er mich gewarnt. Und ich traue ihm zu, dass es eine Lektion war. Jedenfalls kralle ich mich ab sofort mit dem hintern Fuß in der Schlaufe fest. Es mag zwar wenig ästhetisch aussehen, so breitbeinig am Heck zu hängen und wir sind auch nicht besonders schnell, weil ich wohl etwas ängstlich agiere. Aber immerhin bleiben uns weitere Stecker erspart.

Dafür läuft es am Wind ordentlich, soweit ich das beurteilen kann. Ich bekomme die Wenden einigermaßen auf die Reihe und meine 87 Kilo am Draht helfen wohlmöglich auch bei sechs Windstärken. Ich frage noch, warum wir die Schwerter nicht liften wie die anderen und erfahre: „Mit deinem Gewicht können wird das gut wegdrücken.“

So kommt dann doch noch etwas Entspannung am Draht auf. Wir kreuzen mit fliegenden Fischen zum Hafen zurück. Die Tiere bewegen sich eigentlich sehr elegant über die Wasseroberfläche, wenn sich nicht zermatscht an irgendeinem Racer kleben.

Aber es wird kalt auf dem Rückweg. Speed ist ja schön, aber dieser verdammte Fahrtwind. Die Knie schlottern und die Blase drückt. Ich hatte ganz vergessen wie herrlich heiße Duschen nach einem anstrengenden, kalten Segeltag sind.

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

5 Kommentare zu „Knarrblog: Abenteuer Formula 18 Katamaran Teil drei“

  1. Ketzer sagt:

    Bei ablandigem Wind aus Las Palmas raus… Dann landet Ihr bei Schaden wohl eher in Afrika. 😉

    Schöne Kolumne!

  2. Daniel sagt:

    Moin Carsten,
    moin Andreas,

    tolle Eindrücke die Ihr den Leuten vermittelt, die noch nie F 18 gesegelt sind.

    Freue mich schon auf´s nächste F 18 Kräftemessen mit Dir, Andreas 🙂

    Gruss Daniel

  3. Karla sagt:

    Nach den Berichten kann ich jetzt auch nachvollziehen, was mein 18 jähriger Sohn am Segeln mit dem Hobie Tiger so toll findet.
    Warte auf mehr!!

  4. Minnisemmel sagt:

    …danke, dass Du uns mit auf die Reise nimmst!
    Meine Dusche heute Morgen habe ich doppelt genossen;-)

  5. Thomas sagt:

    Ich muss schon sagen – Hochachtung vor dieser Kolumne. Ehrlich und wirklich gut geschrieben und eine tolle Werbung für die F18-Klasse. Macht weiter so!

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