Es gibt wohl geschicktere Zeitpunkte für die Vorstellung einer neuen Yacht. Aber die türkische Werft M.A.T. Sailing Yachts ignoriert, dass Konstrukteur Matteo Polli wegen der Kontroverse um die XR 41 unter Beschuss steht. Der Italiener wirbt mit seinem Einfluss auf die Rating-Regel als Mitglied des ORC.

Der neue 11-Meter-Racer der türkischen Werft M.A.T. Sailing Yachts in Izmir mag ein schnelles Schiff sein. Es sieht jedenfalls so aus. Aber Schnelligkeit ist relativ in der Disziplin, die von der M.A.T. 11 beherrscht werden soll: dem Handicap-Racing entsprechend der ORC-Rating-Rule. Ziel ist es, schnell im Wasser zu sein und auf dem Papier langsam – also gut in die Formel zu passen.
Diese hat den Anspruch, die Leistungsfähigkeit verschiedenster Yacht-Rümpfe, Riggs, Besegelungen und Anhänge nach genauester Vermessung objektiv einordnen zu können. Wer es schafft, nach dem Einspeisen der Vermessungsdaten in das VPP (Velocity Prediction Program) einen möglichst niedrigen Time Correction Factor (TCF) zugewiesen zu bekommen – oder genauer: einen niedrigen Time on Time (ToT) Koeffizienten, der zu einem niedrigen General Purpose Handicap (GPH) Wert führt, der etwa für die Klasseneinteilung (ORC A, B oder C) wichtig ist –, der kann sich gute Chancen für Rennsiege ausrechnen. So weit, so kompliziert, aber das ist das Spiel.

Einer der Meister darin ist Matteo Polli. Der 45-jährige Italiener wird gerne als „ORC-Magier“ bezeichnet, weil er mit seinen Konstruktionen eine unvergleichliche Erfolgsbilanz vorzuweisen hat. Ihm gelang es in der Vergangenheit besonders gut, die Grenzen der Vermessungsformel auszureizen. Seine Entwürfe haben neunmal WM-Gold gewonnen. Zusätzlich holten von ihm optimierte Yachten vier weitere Titel.
Zuerst war der in der Jugend im Laser erfolgreiche und im Golf von Triest ansässige Segler als Chefdesigner von Italia Yachts erfolgreich, wobei seine Italia 9.98 Low Noise II mit einem Titelgewinn 2015 in ORC C Maßstäbe setzte. Dann dominierte auch die größere Italia 11.98 (Sugar 3), bis schließlich die Grand Soleil 44 aus seiner Feder viermal in Folge Weltmeister wurde (2021, 2022, 2023, 2024).
Diese Erfolge wurden in der Szene bisher mit Bewunderung wahrgenommen. Aber seit der Kontroverse um die XR 41 gerät seine Rolle dabei mehr und mehr in den Fokus. Denn er ist nicht nur unbeteiligter Beobachter, sondern sitzt selbst seit acht Jahren im ITC-Gremium des ORC. In der aktuellen M.A.T.-Broschüre wirbt er damit, „Einfluss auf die Entwicklung von Regeln und die Leistung von Yachten“ zu nehmen.

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