New York Vendée IMOCA: Boris Herrmann vor der nächsten Herausforderung – Start live 20 Uhr

Boris lässt die Muskeln spielen

Es wird der aussagekräftigste Test vor der Vendée Globe sein. Diesmal sind auf dem Weg von New York nach Les Sables d’Olonne alle Favoriten am Start. Boris Herrmann hat den ersten Schlagabtausch schon gewonnen. 

Boris Herrmann New York

Boris Herrmann lässt schon auf dem Weg zum Start die Muskeln spielen. © 2024 Bjoern Kils / New York Media Boat

Yoann Richomme kommt wieder einmal am besten weg. Er schiebt sich mit deutlichem Vorsprung an der Freiheitsstatue vorbei, Boris Herrmann folgt auf Platz acht. Dann nimmt der Deutsche die Schoten mächtig dicht, startet in den Narrows eine Aufholjagd, passiert auch das früher gestartete Feld aus der Moonbeam Marina, lässt den sieben Booten aus Newport keine Chance und und mal so richtig die Muskeln spielen. Er ist Erster an der Linie.  

Nun ja, viel Wert hat das nicht. Denn es geht nicht um die Ziellinie, sondern den Start. Der erfolgt erst am Abend deutscher Zeit (20 Uhr) und 92 Meilen vom Hafen in Brooklyn entfernt, wo Malizia am 8. Mai nach Platz zwei beim Transat CIC vertäut war. Die Boote mussten also rechtzeitig auslaufen und schon eine Nacht auf See verbringen, bevor um 14 Uhr Ortszeit gestartet wird.

Herrmann (grau) lauert schon an der Linie.

Vielleicht will Herrmann schon mal sein neues Selbstbewusstsein nach dem überraschenden Erfolg zeigen. Vielleicht will er auch nur eine deutsche Tugend betonen: Pünktlichkeit. Er scheint jedenfalls heiß zu sein.

Viel Glamour und Action ist beim Start nicht zu erwarten. Denn er erfolgt eben weit draußen, mitten in der Woche, ohne jubelnde Zuschauer, ohne eine große Begleitboot-Flotte, selbst ohne Startschiff. Die Wettfahrtleitung definiert eine virtuelle Linie – und kann auch genau sehen, wer zu früh startet.

Boris Herrmann New York

Und Tschüss . Herrmann bei der Abfahrt aus New York. © Mark Lloyd I Vendée Globe

Boris Herrmann erklärt:“Wir starten weit vor der Küste, um auch das Risiko einer Kollision mit Meerestieren zu minimieren. In der Bucht von New York sieht man oft Wale, was nur wenige wissen. Ich selbst habe hier schon Wale gesehen, fast in Sichtweite von Manhattan.“ Allerdings sei es im Startgebiet sehr tief. Tonnen sind nicht zu verankern. Deshalb die virtuelle Lösung. „Aber mit der modernen GPS-Technologie sollte das ganz gut funktionieren.“

Es geht um den  letzten großen Test vor der Vendée Globe-Regatta im kommenden November. 3.200 Seemeilen von New York zurück nach Frankreich stehen auf de Programm. Insgesamt sind 28 Boote am Start. Paul Meilhat hat abgesagt nach seinem Foil-Schaden auf dem Hinweg, Alan Roura ist mit seiner ex Hugo Boss aus dem gleichen Grund nicht am Start.

Malizia beeindruckt bei der Abfahrt aus New York. © Mark Lloyd I Vendée Globe

Dafür wird die Konkurrenz ansonsten aber deutlich stärker. Denn neben dem Doppelsieger Yoann Richomme ist auch der TR-Racing-Rennstall mit Thomas Ruyant und Sam Goodchild wieder dabei. Sie starten beide mit dem Bootsnamen Vulnerable – Verletzlichkeit. Dahinter steckt eine Kampagne die von Advens, dem Sponsor des Teams, initiiert wurde. Ihr formuliertes Ziel: „Den Schwächsten eine Stimme geben, die Gesellschaft harmonisieren“. 

Aber auch die zuletzt angeschlagenen Champs sind wieder zurück. Jérémie Beyou etwa, der mit Charal bei der Hinregatta in Führung liegend nach einem Bruch der J2 Befestigung am Mast umdrehen und früh aufgeben musste. Er will jetzt endlich zeigen, dass er auch gewinnen kann.

Und besonders Charlie Dalin, der auf den letzten Meilen der Transat wegen kleinerer Schäden nach einer Patenthalse deutlich abbremsen musste und auf Platz vier zurück rutschte. Er ist nun sicher für die Vendée Globe qualifiziert und kann Vollgas geben.

Aber auch Nicolas Lunven war technisch gehandicapt (Bugspriet gebrochen) sowie Justine Mettraux (Strafe wegen Motor-Siegel-Bruch), Maxime Sorel (Kollision) oder Louis Burton. Das schmälert Herrmanns Erfolg ein wenig, aber für ihn ist die Nähe zum hochklassigen Sieger Richomme entscheidend. Der geringe Rückstand bestätigt das Erreichen eines höheren Niveaus

Experten sehen Malizia nicht unter den Top Vier

Ganz vorne vermuten ihn die Experten allerdings noch nicht. Bei T&S nennt immerhin Armel Tripon auch Malizia, wenn es um das Prognostizieren der vorderen Plätze bei der New York – Vendée geht. Er habe nun ebenfalls das Zeug dazu, es wieder zu schaffen, weit vorne zu landen.  „Mit den neuen Foils hat er Schwächen beseitigt und gleichzeitig den Vorteil bei starkem Wind behalten“. Tripon könnte aber auch ein wenig befangen sein oder Zweckoptimismus verbreiten. Er baut einen neuen IMOCA in den Formen von Malizia, der im Sommer vom Stapel läuft.

Ultim-Skipper und Volvo Ocean Race Sieger Charles Caudrelier sagt: „Boris und Sam haben sehr gute Boote für das Solosegeln mit tollen neuen Foils, aber ich sehe nicht, dass sie die gleiche Intensität an den Tag legen wie die vier Favoriten, die für mich die Killer sind.“

Boris Herrmann schon im Tunnel? © Team Malizia

Er sieht Thomas Ruyant (Vulnerable) vor  Yoann Richomme (Paprec Arkéa), Charlie Dalin (Macif Santé Prévoyance) und Jérémie Beyou (Charal). Die beiden Finot Conq-Koch-Konstruktionen seien bestens für hartes Vorwindsegeln bei starkem Wind und Seegang geeignet. „Ich bin auf Thomas‘ Boot gesegelt“, sagt Charles Caudrelier. „Und ich beeindruckt vom Komfort, von der Leichtigkeit bei Seegang und von den Durchschnittsgeschwindigkeiten. Es bremst einfach kaum ab. Das ändert alles! Ein Boot, das eine konstante Geschwindigkeit hat, ist leicht zu trimmen. Man muss sich nur Yoanns Kurslinie auf der Transat CIC ansehen. Sie ist sehr gleichmäßig, mit sehr wenigen Segelwechseln. Am Ende des Rennens, wenn man anfängt, sich müde zu fühlen, macht das den Unterschied aus.“

Für Boris Herrmann geht es immer noch darum, „so viele Solomeilen wie möglich zu sammeln. Ich möchte einfach da draußen sein und so viel wie möglich segeln, bevor ich die Weltumsegelung in Angriff nehme. Ziel ist es, bei der Vendée in New York gut abzuschneiden und die Zuversicht und das Vertrauen in das Boot und in mich selbst weiter aufzubauen und zu stärken. Je besser die Position und je besser das Rennen insgesamt verläuft, desto mehr Selbstvertrauen gibt es uns und desto weniger Fragen werden wir uns stellen müssen.“

Dabei ließ er sich auch von einem Unglücksfall nicht zurückwerfen. Kurz nach dem Zieldurchgang der Transat CIC vor New York ist es an Bord von Malizia zu einem Blitzeinschlag gekommen. Es geschah, als die Shorecrew das Boot vom Ehrenponton der Transat CIC-Regatta in den zugewiesenen Yachthafen brachte.

Niemand wurde verletzt aber etwa 30 elektrische Komponenten mussten ersetzt werden. Vom Team heißt es: „Das Gewitter kam völlig unerwartet, und es war ein großes Pech, dass es passierte. Aber unser technisches Team hat sehr hart gearbeitet, um den Schaden zu bewerten, die Reparaturen zu organisieren und abzuschließen. Das war kompliziert und stressig, aber nun ist das Boot wieder bereit.“

Das Wetter sieht kompliziert aus

Die Briefings mit den Meteorlogen sind abgeschlossen und ein erster strategischer Plan ist erstellt. Dabei ist einmal wieder nichts so, wie erwartet. Während das Hin-Rennen eigentlich überwiegend gegen den Wind stattfinden sollte aber schließlich viele Gennaker-Surfs brachte, ist es diesmal umgekehrt.

Die typischen Starkwindzellen aus dem Nordwesten sind noch nicht in Sicht. Dafür sollen an den ersten beiden Tagen leichte Gegenwinde vorherrschen. Nicolas Lunven erklärt: „Der Beginn des Rennens sieht kompliziert aus. Wenn es uns gelingt, ausreichend voranzukommen, können wir eine südwestliche Strömung erwischen, die uns unter guten Segelbedingungen fast bis zu den Azoren bringen wird. Wenn wir das nicht schaffen, bleiben wir vor New York hängen und warten auf die Entwicklung eines Tiefausläufers.

Damit würde das Rennen dann plötzlich sehr schnell und hart werden mit sehr hohem Seegang und starkem Wind. Wenn nur einige mit dieser Südwestströmung wegkommen, kann das einen großen Split in der Flotte bedeuten.“

Auch Herrmann bestätigt nach Rücksprache mit Will Harris: Die für dieses Rennen erwarteten Wetterbedingungen sind etwas ungewöhnlich. „Wir werden wahrscheinlich schwächere Winde haben und viel am Wind segeln. Die Wettervorhersagen sind im Moment recht unzuverlässig. Wir erwarten, frühestens am 7. Juni und spätestens am 10. Juni in Les Sables d’Olonne anzukommen.“

Übertragung des Starts:

Malizia Live Feed vom Start:

New York Vendée Tracker

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

3 Kommentare zu „New York Vendée IMOCA: Boris Herrmann vor der nächsten Herausforderung – Start live 20 Uhr“

  1. PL_hoffy sagt:

    Will janz uffjekratzt, Rosie ein bisschen öfter zu Wort kommen zu lassen wäre ein feiner Move gewesen. Herrlich der US Segel-Beau der freundlich interessiert naive Fragen stellt. Und die Satfeeds eher via Starlink laufen lassen vielleicht … irgendwie auch cool dass viele Gladiatoren am fummeln warn und wenig Zeit für Medienarbeit.
    Wenig Zuschauer, um die 1200 warns zum Start wenn ichs richtig gesehn hab

    1
    1
  2. PL_hoffy sagt:

    Hui, im Start-Stream wird Englisch gesprochen als erste Sprache! :-))

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert