Olympia Tag 12: Keine Medaillen für Deutschland – Formula-Kiter verbleiben auf fünften Plätzen

„Dann kamen die Tränen“

Für die deutschen Segler haben sich auch bei den abschließenden Formula-Kite-Wettkämpfen die Medaillenträume nicht erfüllt. Besonders bei Leonie Meyer war es im Halbfinale ganz knapp.

Jannis Maus beim Sprung-Stunt. © Sailing Energy

Es läuft nicht gut für die deutschen Segler bei diesen Olympischen Spielen. Während sie aus Peking drei Medaillen nach Hause brachten und aus Rio zwei, bleibt diesmal das Happy End aus. Dabei hat die Formula Kite Surferin Leonie Meyer heute noch einmal gezeigt, wie nahe sie in der neuen Disziplin an den Top-Drei dran ist.

Sie hat am Donnerstag vielleicht die größte Chance des DSV auf Edelmetall verpasst. Denn das Halbfinale (Tracker Replay) ging nur um Haaresbreite verloren.

Und das kam so:

Der Start gelingt Meyer nicht besonders gut. Sie ist spät dran. So spät, dass POL sogar voraus passieren kann…

…GER hält sich aber gut in Luv von ITA. Aber NED und POL liegen vorne. NED benötigt nur noch einen Sieg…
…ITA steuert in eine gefährliche Wende und GER muss ausweichen…
…ITA wird mit einem Penalty bestraft. Aber das Duell hat GER zu weit über die Anliegelinie geführt. Durch den Umweg liegen POL und NED deutlich vorne…
…Auf dem Vorwindkurs ist der Abstand von GER zu NED beträchtlich…
…Aber nach der nächsten Runde ist GER an der Luvtonne wieder dran…
…Der letzte Schlag zum Ziel entwickelt sich zu einem packenden Zweikampf. Kurz vor der Linie hat GER die Leeposition. NED muss den Kurs halten…
…Meyer zeigt mit dem Arm einen Protest an. Sie glaubt, die Gegnerin hat sich nicht ausreichend freigehalten…
…Sie zeigt den Protest am Zielschiff an.

Danach ist nicht klar, wie die Jury entscheidet. Es entwickelt sich ein emotionales Auf und Ab für Meyer. Sie erklärt: „Meiner Meinung nach hat sie da auf jeden Fall eine Regel gebrochen. Ich habe direkt protestiert. Dann haben sie uns reingeschickt. Dann kamen die Tränen. Dann haben sie uns wieder rausgeschickt, weil hier am Strand gesagt wurde, dass die Holländerin disqualifiziert wurde und es halt mein Race Win ist. Wir sind also alle wieder rausgefahren, um dort ganz lange zu warten und dann zu erfahren, dass sie sie doch nicht disqualifiziert haben.“

Leonie Meyer im finalen Zweikampf kurz vor der Ziellinie. Weicht die Niederländerin nicht weit genug aus? © Sailing Energy

Die Niederländerin zeigt in den beiden Finalläufen, dass sie auf Augenhöhe um die Medaillen mitfahren kann. Im ersten Rennen macht sie einen Fehler und wird nur Vierte, im zweiten Lauf wird sie Zweite und holt schließlich Bronze. Das wäre für Meyer auch drin gewesen.

Zumal die eigentliche Favoritin Elena Lengwiler (28) im A-Finale nach einem Sturz und späterer Jury-Strafe überraschend das Finale verpasste. Die Schweizerin, die nach einer Karriere im Eishockey – u.a. als U-18 Nationalspielerin – erst im Herbst 2022 ihren ersten internationalen Kite-Wettkampf bestreitet, ist die schwerste, schnellste und stärkste der Frauen-Flotte, scheiterte aber schließlich durch den Fehler bei einer Halse.

Erst stürzt Elena Lengwiler bei einer Halse…
…Dann schließt sie wieder zur Amerikanerin auf überholt aber nur mit einer Regelverletzung.

Die Kiter dürfen unter vier verschiedenen Schirmgrößen wählen. Während Lengwiler erfolgreich ist, weil sie oft den größten Kite wählen kann, hat die Britin Eleanor Aldridge Gold gewonnen, auch weil sie ausgerechnet einen kleineren Drachen wählte.

Sie raste mit einem 15 qm Kite über den Parcours, während die direkten Konkurrentinnen ein 21er wählten. Damit hatte sie insbesondere am Wind Vorteile. „Es gelang mir, etwas höher und schneller zu fahren“, äußert sie gegenüber britischen Medien. „Dann war mein Vorsprung war so groß, dass ich auf dem Vorwindkurs in Führung blieb.“

Die offene Kite-Wahl scheint nicht unproblematisch für die neue Segel-Disziplin zu sein. Meyer hatte vor der olympischen Regatta eine Fehlentwicklung kritisiert:„Da hat sich keiner richtig Gedanken gemacht“. Man hätte die Kites rechtzeitig limitieren müssen. Nun seien alle guten Kiter laut Body-Mass-Index übergewichtig. Man müsse sich für den Erfolg eben anpassen.

Guter Start von Maus in Lee von Bontus. Aber er hält nicht dessen Speed.
Start zum einzigen Halbfinallauf von Maus. Die Niederlage gegen den Österreicher Bontus hier in Luv is nicht zu vermeiden.
Höherer Speed beim Österreicher in Luv

Das gilt auch für die Männer, die schneller sind, wenn sie wie der Österreicher Valentin Bontus deutlich über 100 Kilogramm auf die Waage bringen. Auch Jannis Maus hat sich auf 93 hochgearbeitet, aber der Start seines Halbfinales zeigt, dass er dem etwas in Luv positionierten Bontus bei 11 Knoten Wind nicht ausreichend Speed entgegensetzen kann. Er ist zeitweise fast zwei Knoten langsamer. Maus behauptet zwar Rang zwei, aber das ist bei diesem System wertlos. Bontus erreicht das Finale, das erst am Freitag ausgesegelt wird.

Die Bilanz von Jannis Maus : „Ich bin bei der WM Top-Fünf gefahren. Wenn es bei Olympia mehr geworden wäre, dann hätte das absolut fantastisch sein können. Natürlich wäre eine Medaille der Hammer gewesen, aber auch so kann ich sehr zufrieden sein. Ich habe das Ziel, dass ich mir selbst gesteckt hatte, erreicht.“

Die Olympiakampagne will er jedenfalls fortsetzten. „Für mich geht es auf jeden Fall weiter mit dem Sport. Es macht mir viel zu viel Spaß, als dass ich jetzt sagen würde: einmal Spiele und das war’s.“

Auch jie 31-jährige Meyer hat noch längst nicht genug von Olympia – trotz Mehrfachbelastung als Mutter und Medizinerin „Es waren krasse Entbehrungen, die man als Mama auf sich nehmen musste. Aber es lohnt sich natürlich. Jetzt würde ich das gerne nochmal machen und mit einer Medaille nach Hause kommen. Ich habe auf jeden Fall diese Woche gezeigt, dass das Potenzial da ist.“

How to follow

Hier hat die ARD den Livestream verlinkt, hier fasst das ZDF die Übertragungen zusammen. Die Rennen können dann später auch im Rückblick in den jeweiligen Mediatheken gesehen werden.

Olympia Zeitplan
Olympia Zeitplan. Die Kite-Männer nutzen den Reservetag am Freitag

Ergebnisse Olympische Segelregatten 2024

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6 Antworten zu „Olympia Tag 12: Keine Medaillen für Deutschland – Formula-Kiter verbleiben auf fünften Plätzen“

  1. Einer von 180tausend…..

    sagt:

    Im DSV wird viel Aufwand betrieben um olympisch erfolgreich zu sein. Es gibt einen großen Apparat in Kiel, und es wird viel Geld ausgegeben. Wahrscheinlich viel mehr, als 4 von 5 Seglern und (Zwangs-)Beitragszahlern es gut finden. Wir sind trotz allem seit nunmehr 4 Spielen nicht erfolgreich (je nachdem, wie man Erfolg definiert). Man könnte argumentieren, dass es jetzt eine Analyse braucht, und ohne wird es kaum gehen. Ein Blick nach NED, AUT oder DEN kann Hinweise liefern. Das bringt uns bloß alles nichts, wenn die beiden Köpfe ganz oben nicht langsam selber merken, dass sie es nicht können. Nadine Stegenwalner hat es in 4 olympischen Zyklen nicht geschafft Strukturen zu schaffen, die Erfolg befördern. Sie ist unhaltbar, eine Entlassung oder ein Rücktritt sind unvermeidlich. Und Dirk Ramhorst ist mit seinen drei Ehrenämter sowieso überfordert. Würde eines nicht reichen? KiWo macht er doch (mit Abstrichen) halbwegs gut, warum dann noch KYC und DSV? Es gibt überhaupt keinen Grund jetzt noch zu zögern, immerhin steht ja auch unser Ruf als Segel-Deutschland etwas auf dem Spiel.

    Und jetzt zu den Aktiven: 1000 Dank, Ihr seid Inspiratoren für die, die Euch nachfolgen. Paul und Alicia, oder auch Hanna und Marla oder auch Buhli. Oder auch die Kiter. Ihr alle habt Euer Berufs- und Privatleben hintenangestellt und uns mit auf Eure Reise genommen. Danke dafür und danke auch an alle anderen guten Kräfte, die sich im GST engagieren!

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    1. Martin

      sagt:

      guter Kommentar, aber welchen „Ruf als Segeldeutschland“ meinst du denn? Erfolgreich sind seit Jahren doch eh nur ein paar private deutsche Mittelmeerprojekte mit überwiegend ausländischen Profis.

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    2. Christian

      sagt:

      Wir sind nicht erfolgreich, schreibst du. Wer ist wir und wieso zählen drei Medaillen vor drei Jahren nicht? Müsstest du vielleicht mal klären, bevor du den Chief Coach gibst. 😉

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      1. Einer von 180tausend…..

        sagt:

        Hallo Christian,

        Ich fand‘ es total geil, was in Tokio gelaufen ist. Du nicht? Ich finde es auch toll, wenn Leute wie Dirk sich ehrenamtlich für die KiWo engagieren, der Job ist groß genug, und hier mein Dank dafür, auch wenn man auch hier vieles besser machen kann/sollte. Ämterhäufung tut uns aber anscheinend nicht gut, denn Fakt ist ja, und hier kommt der analytische Teil, dass der mathematische Durchschnitt der 5 Top-Verbände der letzten 4 Spiele 6,6 Punkte* ist, während der DSV auf durchschnittlich 1,25 Punkte pro Spiele kommt. Bei den 3 Top-Verbänden ist der Score der letzten 4 Spiele sogar 7,75 Punkte, wo wir auf 1,25 Punkte pro Spiele kommen. Das reicht vielleicht schon als Erklärung. Und wenn wir jetzt anfangen uns zu beschimpfen („bevor du den Chief Coach gibst.“), dann stehen wir in 4 Jahren immer noch im Scoring-Keller der Spiele, anstatt tollen Talenten wie Hanna, Marla, den Kitern und vielleicht im ILCA sogar schon Ole ein tolles organisatorisches Konstrukt zur Hinterfütterung und Ermöglichung ihrer (und ggf. unserer?) Träume zu ermöglichen. So und dabei will es dann auch belassen auf diesem Kanal und wünsche ein schönes Wochenende.

        *Der Score errechnet sich in diesem System aus pro Gold = 3 Punkte, pro Silber = 2 Punkte und pro Bronze = 1 Punkt. Jedes andere System funktioniert aber auch

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  2. PL_drschumi

    sagt:

    Auch in einer recht neuen Dispziplin wie dem Kiten sind die Unterschiede minimal… Die Französin hat Gold auch nur durch eine kleine Fehleinschätzung der Anliegelinie verpasst…
    Schade dass die Kiter nicht öfter auf der TV Bahn waren, gerade bei wenig Wind sind die doch mit ihren 20 Knoten Bootspeed bei 7 Knoten Wind attraktivier anzuschauen als Laser oder 470er, die mit 3-5 Knoten dahindriften.

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  3. Christian

    sagt:

    Tokyo wars mit den 3 Medaillen. Dennoch eine informative Aufbereitung der olympischen Segelregatten in den letzten 10 Tagen bei SR. Sehr schwierige Bedingungen in Marseille. Wenn Sanni Beucke als TV-Kommentatorin mitlitt, stöhnte und seufzte, sprach sie einem aus der Seele.

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