Marla Bergmann (23) und Hanna Wille (22) haben sich bei der Last Chance Regatta in Hyères den Olympiaplatz gesichert. Die 49er-Männer waren noch besser, werden aber nicht nach Marseille fahren.
Die 49erFX-Nachwuchscrew Marla Bergmann und Hanna Wille vom Mühlenberger Segel-Club hat sich bei der erstmals im Rahmen des SOF Weltcups ausgesegelten Last Chance Regatta vor Hyères das Ticket nach Marseille gesichert. Im Feld von 17 Teams aus 11 Ländern, die bisher nicht die Nationenqualifikation geschafft hatten, segelten sie auf Rang drei.
Das konnten sie erhoffen. Schließlich hat das Duo seit seinem Einstieg in die Klasse 2019 einen nicht für möglich gehalten Aufstieg absolviert. Höhepunkt war Platz vier bei der EM 2024 mit eine sensationellen Hattrick – die Grundlage für die Olympiaqualifikation. Aber die Ränge 19 und 13 bei den vergangenen Weltmeisterschaften reichten nicht aus, um Deutschland eine Fahrkarte nach Paris zu sichern.
Insofern war die Notwendigkeit zu Teilnahme bei der Last Chance Regatta eigentlich nur ein ärgerliches Nachsitzen. Schließlich rangiert das Team aktuell auf Platz 8 in der Weltrangliste – deutlich vor allen anderen Teilnehmern dieser Veranstaltung. Außerdem waren schließlich fünf statt ursprünglich nur drei Plätze zu vergeben.
Aber wie es sich bei solchen Regatten eben manchmal verhält, kann es zu ungeahnten Komplikationen kommen. Nichts ist sicher, wenn es um alles geht. Und auch die Hamburgerinnen fanden sich nach zwei achten Plätzen zum Start weit hinter ihrem Plan, dann folgte ein Frühstart. Plötzlich lagen sie auf Rang 13.
Doch sie behielten die Nerven, segelten eine solide Serie mit kalkuliertem geringen Risiko und schoben sich nach Platz drei im Medalrace sogar noch auf den Bronzeplatz vor. Stärker waren nur zwei polnische Mannschaften.
Umso größer war die Freude über den gelungenen Coup. Nach dem letzten Zieleinlauf umarmten sich die beiden Youngster immer wieder. „Wir haben es geschafft. Hanna und ich werden zusammen bei den Olympischen Spielen an den Start gehen,“ jubelt Marla Bergmann. „Von uns fällt gerade ganz viel Druck ab, wir sind wahnsinnig erleichtert und können noch gar nicht richtig realisieren, dass unser Traum vom gemeinsamen Start bei Olympischen Spielen wahr wird“.
„Wir sind superhappy“, sagt auch Hanna Wille. „Zusammen mit unseren deutschen Trainingspartnerinnen haben wir diese Woche unser Bestes gegeben. Wir sind Maru, Freya, Sophie und Jill sehr dankbar, dass sie uns so stark auf unserem Weg nach Marseille unterstützt haben.“ Zwei weitere deutschen Boote durften am Start sein. Wenn sie das Nationenticket geholt hätten, wäre es für Bergmann/Wille gewesen. Scheel/Feilke segelten auf Platz fünf, Steinlein/Paland auf Rang sieben.
Offiziell nominiert werden die Olympioniken des German Sailing Team erst im Juni durch den DOSB. „Marla und Hanna sind bestes deutsches Team und haben alle Qualifikationskriterien des DOSB erfüllt. Mit dem nun erreichten Nationenticket steht ihrem Start in Marseille nichts mehr im Wege“, strahlt MSC-Geschäftsführerin Grit Schmiedehausen, die beide Mädchen in ihren ersten Jahren in der Optimisten-Jolle selbst trainierte.
„Der ganze MSC, vom jüngsten Optikind bis zu den Senioren unseres Vereins, hat die Ergebnisse der ‚last chance regatta’ eine Woche lang mit Hochspannung verfolgt. Marla und Hanna sind die ersten Mitglieder unseres Vereins, die bei Olympischen Spielen starten werden, wir sind alle unglaublich stolz auf sie.“
Die Segelkarriere der beiden Freundinnen Marla Bergmann und Hanna Wille begann vor über 15 Jahren auf der Elbe, als beide Mädchen, die sich aus der Grundschule kannten, gemeinsam einen Anfängerkurs im MSC belegten und auf dem Mühlenberger Loch die ersten Erfahrungen mit Pinne und Schot machten. Nach Stationen im 420er und 29er entschieden sie sich, gemeinsam in der olympischen Skiffjolle 49erFX ihre Leistungssportkarriere mit dem Ziel Olympische Spiele fortzusetzen.
„Der Erfolg von Marla und Hanna zeigt eindrucksvoll, was für eine hervorragende Grundlagenarbeit unsere Trainerinnen und Trainer, von denen viele ehrenamtlich tätig sind, im MSC leisten“, sagt MSC-Vorsitzender Lars Braun. „Es ist fantastisch, was Marla und Hanna erreicht haben. Ihre Leistung ist Inspiration und Ansporn für alle Kinder und Jugendlichen hier im Verein.“
Einer der ersten Gratulanten für das Olympische Team von der Elbe war Oliver Kosanke, Vorstand des Hamburger Segel-Verbands und zuvor Vorsitzender des MSC: „Marla und Hanna sind das, was man echte Eigengewächse nennt. Ihre Eltern und Geschwister sind bei uns im Verein aktiv, haben uns bei den Trainingslagern und im Wochentraining unterstützt und den Grundstein für so manche erfolgreiche Segelkarriere vom Mühlenberger Loch gelegt.“
Die erfolgreichen Seglerinnen werden heute Abend zusammen mit ihren deutschen Teamkameradinnen den Meilenstein ihrer gemeinsamen Segelkarriere feiern, bevor sie morgen ihr Boot, das symbolträchtig auf den Namen „Magali“ (frz. Perle) getauft wurde, vor der Heimreise nach Hamburg verpacken. Bis zu Beginn der Olympischen Sommerspiele 2024 am 26. Juli werden sie noch öfter nach Südfrankreich reisen, um auf dem Olympiarevier zu trainieren.
Ebenfalls erfolgreich segelten bei der Last Chance die befreundeten deutschen Männerteams im 49er. Jakob Meggendorfer und Andreas Spranger gewannen die Regatta sogar mit einem Sieg im Medalrace.
Für sie stellt sich die Situation aber deutlich anders dar als für die Frauen. Sie werden nicht nach Marseille fahren. Das war schon vorher klar. Das stärkste deutsch 49er Team hatte die DSV/DOSB Qualifikationskriterien zuvor verpasst.
Zweimal segelten sie auf Platz 13, hätten aber 12. werden müssen. Und die EM misslang mit Platz 29 gänzlich. Vor Hyères bestätigten sie aber, dass sie durchaus zu den internationalen Spitzenteams gehören.
„Sie haben mit ihren Erfolgen die Basis für weitere Beratungen geschaffen“, sagte Nadine Stegenwalner vom DSV. Der Deutsche Segler-Verband will sich für seine Aktiven einsetzen und prüft alle Möglichkeiten, ob es eine Ausnahme geben kann. Die offizielle Nominierung der Segel-Equipe für Team Deutschland erfolgt voraussichtlich Ende Juni durch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB).
Die deutschen Segler haben damit zehn von zehn möglichen Nationenstartplätzen erreicht. Allerdings gelang es den 49ern ebenso nicht, die nationale Qualifikationshürde zu überspringen wie, den ILCA6 Frauen. Das ist für sie aber vielleicht noch ärgerlicher, weil Julia Büsselberg zuletzt bei der Princesa Sofia auf Platz 6 im stark besetzten Feld Weltklasse bewiesen hat.
Sie hätte bei der parallel zur Last Chance Regatta stattfindenden SOF, dem Weltcup mit 66 Booten, Argumente für eine eigene Härtefallregelung beim DOSB sammeln wollen. Platz 20 mag nicht ausreichend helfen. Aber dafür wird Büsselberg sogar auf Platz zwei der Weltrangliste geführt. Schade, wenn sie Olympia verpassen sollte.
Philipp Buhl liegt vor dem abschließenden Medalrace auf Rang drei. Sebastian Kordel zog im IQFoil auf Rang acht in das Top Ten Finale ein, musste sich dort aber nach einem Frühstart mit Rang zehn zufrieden geben. Leonie Meyer verpasste im Formula Kite als 12. die Finalrennen, Jannis Maus bestätigte seine starke Form als vierter. Für beide Kiter wird es aber erst vom 11. – 19. Mai ernst wenn an selber Stelle die WM absolviert wird. Maus muss sich dann auch noch einmal dem internen Olympia-Kampf mit Florian Gruber stellen, der in Hyères 9. wurde.
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