World Match Race Tour Portugal

Peter Gilmour Porträt. Alter Mann zurück an der Spitze

Peter Gilmour mit der Swedisch Match 40 beim Portugal Match Cup. Ganz vorne "Fuku" einer der besten Vorschiffsmänner der Welt. © WMRT/Portugal

Eigentlich ist er viel zu alt, um ganz vorne zu stehen. Mit 50 Jahren gehört Peter Gilmour bei der World Match Race Tour zum alten Eisen. Längst haben die Twens das Kommando übernommen. Aber diesmal besiegte der Australier im Finale der vierten Runde der World Match Race Tour in Portugal seinen knapp halb so alten Schüler und Landsmann Torvar Mirsky (24) mit 2:1. Zuvor hatte der Altmeister dem zweiten Youngster auf der Tour Adam Minoprio eine Lektion erteilt. Gilmour schickte den aktuellen neuseeländischen Weltmeister im Halbfinale mit 3:0 nach Hause.

Mirsky liegt gegen Hansen vorne. Die zwölf Meter langen Yachten mit dem Cupper-Look sollten einmal für die gesamte Tour gestellt werden...© WMRT/Portugal

Damit feierte der lange Zeit unschlagbare dreimalige Match Race Weltmeister (1990, 1997, 1998) und dreimalige Match Tour Sieger (2003-2006) ein unerwartetes Comeback. Denn in den vergangenen Jahren hat an der Spitze der Match Race Rangliste eine Wachablösung von alt zu jung stattgefunden. Erst übernahmen die Franzosen mit bis zu vier Team in den Top Ten die Spitze. Dann setzten die beiden Jugendtruppen von Mirsky (AUS) und Minoprio (NZL) ihre Akzente.

Die Zeit von Gilmour schien vorbei. 2007 wurde er fünfter auf der Tour, 2008 achter und 2009 vierter. Es schien, als wolle der Meister aussteigen als der langjährige Sponsor Vertrag mit einer japanischen Pizza Kette auslief. Aber 2010 kam er wieder zurück mit dem neuen Sponsor Yanmar und als Präsident der World Match Race Tour (WMRT). Sein neues Ziel: Das Etablieren der WMRT als Top Profi Event im Segelsport.

Gilmour brachte eine Gruppe von asiatischen Investoren dazu, in die Tour zu investieren und kaufte sich auch mit seinem Privatvermögen ein, das auf mehrere Millionen Dollar geschätzt wird. Dabei legte er sich mit den Organisatoren der Louis Vuitton Series an, die zwischenzeitlich das Wort „World“ im Titel führte. Die WMRT beansprucht aber nach langen Verhandlungen mit dem Welt-Segler-Verband die Führungsposition bei den Match Race Veranstaltungen.

Als Segler startete der Präsident in Marseille mit einem vorletzten Platz in die Saison. Er wollte seinen 19-jährigen Sohn David in die Crew integrieren. Aber nach drei Versuchen findet sich der zweifache australische 420er Meister nicht mehr in der Crewliste. Dafür ist Yasuhiro Yaji 100 Kilo schwerer, 43-jähriger ex Grinder (1992) bei Nippon Challenge immer an Gilmours Seite. Und auch der Japaner Kazuhiko Sofuku, der regelmäßig bei den Top Teams wie BMW Oracle Dienst tut, kam diesmal für den Erfolg zurück.

Diese beiden Vertrauensmänner benötigt Gilmour offenbar für seinen Erfolg. Dazu segelte sein langjähriger Taktiker Cameron Dunn (NZL) mit, wie auch der französische America´s Cup Profi Thierry Douillard, der den 100 Fuß Trimaran „Muskat“ für den Oman bewegt.

Gilmour selbst war an fünf America’s-Cup-Projekten beteiligt. 1987 verlor er als Steuermann der chancenlosen „Kookaburra“ den Cup gegen Dennis Conner. 1992 steuerte er die „Spirit of Australia“ auf Platz sechs beim Louis Vuitton Cup. 1995 wurde er als Coach und B-Boot-Steuermann der japanischen Nippon Challenge Vierter und 2000 landete er als verantwortlicher Skipper der JApaner auch auf dem enttäuschenden viertn Platz.

Die größte Chance zum Sieg hatte er 2003 mit dem OneWorld-Syndikat von Milliardär Craig MacCaw. Der verlor allerdings beim Börsen-Crash 90 Prozent seines Vermögens. Als dann die Spionage-Affäre um Sean Reeves wichtige Punkte kostete, reichte es trotz starkem Beginn nur zu Platz drei im Louis Vuitton Cup. Seitdem segelt Gilmour wieder auf der Match Race Tour. 2007 wurde er von Alinghi zum Berater gemacht. Und einige Insider halten diese Benennung für eine der Schlüssel-Entscheidungen bei Alinghis America´s Cup Sieg 2007.

2004 bediente ich selber beim Match Race Germany die Großschot für den Meister. Immerhin gewannen wir nach zehn Siegen in Folge einen Mercedes Cabrio. Ich schrieb eine Reportage für die YACHT. Hier ein Auszug:

„Peter Gilmour hat nichts von einem Superstar, wie man ihn sich gemeinhin vorstellt: Die Schultern sind vorgebeugt, die Beine oft linkisch übereinander geschlagen. Er japst nach Luft, wenn er den Koffer zwei Etagen hochträgt, und seine Suppe schlürft er. Manchmal mümmelt er wie eine alte Frau. Wenn er redet, formt er beim O den Mund wie ein Karpfen oder wie ein Raucher, der Ringe in die Luft blasen will. Nur ungern greift er zu einer Flasche, aus der schon ein anderer getrunken hat. Seine goldene Uhr wirkt unpassend und protzig.
Keine Spur von einer Lichtgestalt.

Das Bild täuscht. Understatement ist vermutlich seine stärkste Waffe, seine Höflichkeit Ausdruck einer unglaublichen Professionalität. Es muss lange gedauert haben, bis seine Gegner den Unscheinbaren ernst genommen haben: zu nett, zu artig. In den Pressekonferenzen am Bodensee lobt er brav die Veranstalter und die „tolle neue Bavaria-Flotte“. Auch den Amateur für die Großschot begrüßt er freundlich: „Hello, I’m Peter. I’m happy to sail with you.“

Unfug, natürlich; mit Sicherheit denkt Gilmour insgeheim, dass ihm auch nichts erspart bleibt, dass die Sache mit dem deutschen Zwangsgast eine lausige Idee ist, dass er überhaupt keine Lust hat, einen verdammten Amateur an Bord zu chauffieren. Dennoch: Seine Floskeln wirken überzeugend, weil er sein Gegenüber beim Reden ansieht. Genauso professionell würdigt er auch bei der abschließenden Siegerehrung die Leistung von Wettfahrtleiter Rudi Magg überschwänglich als „tremendous“. Vergessen ist der Kleinkrieg, den er die ganze Woche mit ihm ausgefochten hat, weil er dessen Überpünktlichkeit als Bevormundung empfand.

Gilmour mag die Egomanen der Szene nicht – Typen wie den Steuermannskollegen Chris Dickson, die er für beschränkt teamfähig hält… Gilmours Harmoniebedürfnis spiegelt sich in der Zusammenstellung seiner Crew und im Umgang untereinander. Selbst in hektischen Situationen fällt intern kein lautes Wort – es sei denn, beim dritten „Ease“ steckt die Großschot immer noch in der Klemme. Es werden keine Rechthabereien ausgefochten, es wird nicht diskutiert. Bei Bedarf geschieht so etwas nach dem Rennen, beim Abendessen und in gedämpftem Ton.

Nie verlieren sie das Ziel aus den Augen: Leistung optimieren. Diese Stringenz, in Kombination mit Höflichkeit, erinnert an Japaner. Kein Zufall, Gilmour diente acht Jahre lang zwei America’s-Cup-Teams im Land der aufgehenden Sonne. Das prägt. Er wartet mit dem Essen, bis jeder etwas hat, und bedankt sich eher dreimal zu viel als einmal zu wenig.“

Portimão Portugal Match Cup Result 2010

1 Peter Gilmour (AUS) YANMAR Racing 25 Points
2 Torvar Mirsky (AUS) Mirsky Racing Team 20 Points
3 Adam Minoprio (NZL) ETNZ/BlackMatch Racing 15 Points
4 Ian Williams (GBR) Team GAC Pindar 12 Points
5 Francesco Bruni (ITA) Azzurra 10 Points
6 Magnus Holmberg (SWE) Victory Challenge 8 Points
7 Mathieu Richard (FRA) French Match Racing Team 6 Points
8 Manuel Weiller (ESP) Team Iberdrola 4 Points
9 Bertrand Pacé (FRA) Aleph Sailing Team
10 Bjorn Hansen (SWE) Hansen Global Team
11 Álvaro Marinho (POR) Seth Sailing Team
12 Eugeny Neugodnikov (RUS) Team Synergy

2010 ISAF World Match Racing Tour Standings
(After Stage 4 of 10)

1 Mathieu Richard (FRA) French Match Racing Team 71 Points
2 Adam Minoprio (NZL) ETNZ/BlackMatch Racing 54 Points
3 Torvar Mirsky (AUS) Mirsky Racing Team 48 Points
4 Peter Gilmour (AUS) YANMAR Racing 43 Points
5 Ian Williams (GBR) Team GAC Pindar 42 Points
6 Francesco Bruni (ITA) Azzurra 33 Points
7 Ben Ainslie (GBR) TEAMORIGIN 20 Points
8 Jesper Radich (DEN) Radich Racing Team 20 Points
9 Paolo Cian (ITA) Team Italia 16 Points
10 Bjorn Hansen (SWE) Hansen Global Team 15 Points

World Match Race Tour
Portugal Match Cup

Carsten Kemmling

Andreas John

Der Mann aus dem Hintergrund. Mehr zu ihm findest Du hier.

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