Pip Hare schlägt Alarm: Es wird knapp mit dem Vendée-Globe-Start – Ihr Ziel: Top Ten

"Ist mir unangenehm"

Die Britin Pip Hare war eine der positiven Überraschungen der vergangenen Vendée Globe. Mit ihrer erfrischenden Art wurde sie zum Fan-Liebling und das mündete in einen schönen Sponsor-Deal. Aber nun wird es eng für sie.

Pip Hare segelte sich bei der vergangenen Vendée Globe in die Herzen vieler Fans, als sie mit einem 21 Jahre alten IMOCA, der schon bei fünf Rennen um die Welt gepuscht wurde, lange im Mittelfeld auf Rang 15  mithielt – bis der Ruderschaft brach. Dabei begeisterte sie insbesondere mit ihrer erfrischenden, ehrlichen Art der Berichterstattung.

Das führte sogar dazu, dass ihr damaliger Low Budget Sponsor Medaillia größer einstieg, um der Britin eine zweite Vendée-Globe-Teilnahme zu sichern. Für fast 3 Millionen Euro gelang der Kauf von Louis Burtons IMOCA Bureau Vallée, mit dem er bei der vergangenen VG-Dritter geworden war.

Erster Test der neuen Flügel von Medallia 2022. © Lloyd Images

Pip Hare konnte sich nun sogar ein Foil-Update leisten und dem Schiff längere Flügel anfügen. Damit zeigte sie sich in der vergangenen Saison immer öfter weiter vorne in der IOCA-Flotte. Platz 11 bei der Retour à La Base war für sie ein schöner Erfolg.

Allerdings hätte sie auf die folgenden Schlagzeilen verzichten können. Nach dem Zieleinlauf in Frankreich war sie direkt weiter Richtung ihrer Basis Pause im britischen Poole weitergesegelt, dann aber völlig übermüdet im Dunkeln gestrandet.

Pip Hare freut 2021 sich vei der Vendée Globe über die Kap-Hoorn-Rundung bei bester Sicht. © Pip Hare / Medallia

Sie erklärte, auf die Pause im Hafen von Lorient verzichtet zu haben, auch weil sie Liegegeld sparen wollte. Die Schäden am Boot waren überschaubar und Medallia konnte schnell wieder ihren Weg fortsetzen. Aber für die Skipperin selbst saß der Schock tief. Denn dieser Fauxpas hätte das Ende ihrer Vendée-Globe-Träume bedeuten können.

Dabei zeigt sich erst jetzt, mit wie heißer Nadel ihre Kampagne gestrickt ist. In einem aktuellen Video macht die 50-Jährige klar, dass es mit ihrem Start um die Welt ganz knapp werden könnte. Hauptsponsor Medallia stehe nach wie vor fest zu ihr, aber dennoch fehlt Geld.

„Wir sind längst nicht da, wo wir eigentlich sein wollten“, erklärt sie zur finanziellen Situation. „Im vergangenen Jahr haben wir zwei Geldgeber verloren, nachdem wir intensive Arbeiten am Boot vorgenommen hatten. Das  traf uns unvorhergesehen und hatte große Auswirkungen.“ Dafür gebe es jetzt für neue Partner aber „eine unglaubliche Gelegenheit“, von den Arbeiten zu profitiert. Damit meint sie, dass die Umbauten einen großen Leistungsschub gebracht haben und sie mit besserer Leistung von sich reden machen kann.

Pip Hare bei der Arbeit. © Richard Langdon

In einem Update zum Stand ihrer Vorbereitung erklärt sie:

„Ich kämpfe gegen die Zeit und die Umstände und will unbedingt Zeit auf dem Wasser sammeln, um zu lernen, zu testen und mich zu beweisen und zu registrieren. Ich freue mich auf die Regatta, auf die ich mich seit dreieinhalb Jahren konzentriere, und dennoch wünschte ich, wir hätten mehr Zeit für die Vorbereitung.

Denn das Boot mit seinen großen Foils ist immer noch neu für mich, und ich bin ein wenig neidisch auf die anderen Skipper, die schon seit zwei oder drei Jahren in der Vendée-Konfiguration unterwegs sind.

Als CEO des Teams weiß ich, dass uns eine harte Deadline bevorsteht. Wir müssen unsere Ressourcen darauf konzentrieren, unser Boot stark und schnell zu machen. Abkürzungen  würden die Leistung gefährden, entweder durch Kompromisse bei meiner Trainingszeit auf dem Wasser oder bei der Vorbereitung des Bootes. Diese Kompromisse werden hart sein und ihren Preis haben.

Pip Hare auf ihrem IMOCA. © Richard Langdon

Ich habe es immer als unangenehm empfunden, über unsere Finanzierung zu sprechen. Das ist keine sehr britische Angelegenheit, und doch ist es ein ziemlich einfaches Szenario. Wir leiten ein internationales Spitzensportteam, wir haben zwischen sieben und vierzehn Mitarbeiter, je nachdem, welche Arbeit wir leisten. Wir entwickeln uns für eine der kompliziertesten und schwierigsten Hochseeregatten der Welt.

Dieser Spitzensport ist nur durch das Finanzierungsmodell der Sponsoren und durch die Großzügigkeit einzelner Spender und Unterstützer möglich. Im Gegenzug bieten wir Hochleistungssport, wir teilen die guten und schlechten Geschichten der Rennvorbereitung, des Trainings und der Wettkämpfe, während wir auf dem Wasser sind. Wir arbeiten mit kommerziellen Partnern zusammen, um nachweisbare Ergebnisse in Form von globaler Markenbekanntheit, Geschäftswachstum, gemeinsamen Werten und Zusammenhalt im Unternehmen zu erzielen.

An der Vendée Globe Regatta 2024 werden 40 Skipper teilnehmen. Jedes Team hat eine andere Herangehensweise und ein anderes Finanzierungsniveau. Einige Skipper werden angeheuert, um zu segeln und zu trainieren, die Finanzierung ist gesichert, es gibt ein Managementteam, das die Kampagne leitet, und sie müssen sich nicht um das Tagesgeschäft kümmern.

Andere arbeiten wie bei meiner Kampagne im Jahr 2020 hart, um an die Startlinie zu kommen. Sie nehmen alles an Geld zusammen, was sie auftreiben können, und akzeptieren den Kompromiss, weil er ihnen eine Weltumsegelung ermöglicht – ihr Ziel ist es, das Rennen zu beenden.

Medallia will unter die Top Ten. © Vincent Curutchet/Alea

Wir von Pip Hare Ocean Racing streben eine Top-Ten-Platzierung im nächsten Rennen an, wir sind im Ring mit den großen Teams, wir haben ein Boot, das sein Können unter Beweis stellt, und trotz einer sechsmonatigen Auszeit für eine umfangreiche Überholung im Jahr 2023 haben wir es geschafft, bei den letzten beiden Rennen des Jahres knapp außerhalb der Top Ten zu landen. Aber wir mussten immer hart arbeiten, um die Finanzierung zu finden und die Leistung zu steigern. Der Cashflow war immer unser Feind.

Jetzt, 30 Wochen vor Ende des Jahres, sind wir an einem kritischen Punkt angelangt. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wenn ich zurückblicke und feststelle, dass ich zum selben Zeitpunkt, kurz vor der Vendée Globe 2020, an einem ähnlichen Punkt war.

Wie wir alle wissen, ändert sich die Welt jeden Tag, ebenso wie die Wirtschaft, und so verloren wir Mitte letzten Jahres einen der kleineren Sponsoren und Ende letzten Jahres den anderen. Es ist traurig, dass sie uns in der Vorbereitung geholfen haben und nun das Rennen nicht mit uns zu Ende fahren können. Aber ich werde für immer dankbar sein.

Pip Hare kann es 2020 nicht fassen, dass sie die Vendée Globe geschafft hat. © Yvan Zedda / Alea

Zu dem Zeitpunkt, als diese Sponsoren die Entscheidung trafen, nicht für unser letztes Jahr zu unterschreiben, hatten wir unseren Foil-Umbau bereits ausgeliefert. Wir sind kein Unternehmen, das Gewinne macht, es gibt keine Rücklagen, und wir konnten nicht mehr zurückgehen.

Jetzt rückt die Zeit des Starts immer näher, und ich habe die schwierige Entscheidung getroffen, offen über unsere finanzielle Situation zu sprechen. Ich bedauere keineswegs, wie wir die Umbauten zur Leistungssteigerung beschlossen haben.

Das Boot ist stark, schnell und durchaus in der Lage, beim Vendée Globe Race unter die ersten Zehn zu kommen. Aber wir müssen unsere Vorbereitungen gut abschließen, wir müssen sicherstellen, dass das Boot zuverlässig ist.  Aber wir können dies nicht tun, ohne zusätzliche Mittel für die Kampagne zu beschaffen, also starten wir eine große Kampagne zur Anwerbung von Sponsoren.

Also: Wer jemanden kennt, der ein Entscheidungsträger in einem Unternehmen ist, der von einer spannenden Partnerschaft mit einem leistungsstarken, von Frauen geführten Sportteam profitieren könnte, dann zeigen Sie ihm bitte unser neuestes Video.“

Hoffentlich klappt es. Die erfrischende Britin gibt der Vendée Globe eine ganz besondere Note.

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

1 Kommentare zu „Pip Hare schlägt Alarm: Es wird knapp mit dem Vendée-Globe-Start – Ihr Ziel: Top Ten“

  1. Just Säyling sagt:

    Haben Sie kein schlimmeres Foto gefunden??

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