Retour à La Base: Schaden bei Ruyant – Herrmann schnell, aber auf Umwegen

Sorgen um den Favoriten

Boris Herrmann segelt aktuell den schnellsten IMOCA im Feld der Retour à La Base. Dennoch ist der Rückstand weiter gewachsen. Es muss sich noch herausstellen, ob sich seine spezielle Strategie auszahlt.

Thomas Ruyant (42) wird es kaum schaffen, seinen vierten großen IMOCA-Transatlantik-Sieg in Folge einzufahren. Vor einem Tag freute er sich noch über den 24-Stunden-Rekord, als er mit For People (bereinigte) 539,94 Seemeilen zurücklegte und damit 3,31 Meilen mehr als Alex Thomson 2017 bei der Vendée Globe schaffte. Als Drittplatzierter war er auch dabei, die Führung bei der Retour à La Base zu übernehmen. Nun ist ein  Schaden erfolgt, der das Rennen für ihn nur noch zum Überführungstörn macht.

In voller Fahrt brach ein Teil des Backbord-Rudersystems und For People steuerte in eine Patenthalse. Dabei riss das Großsegel. Ruyant hat es zwar geschafft, sein Schiff wieder auf Kurs Richtung Ziel zu bringen, aber er ist nur noch halb so schnell unterwegs wie die Konkurrenz und auf Platz sechs zurückgefallen. Auch Malizia wird ihn bald überholen.

Die Speedentwicklung von For People im Diagramm. Der Effekt des Schadens ist gut zu sehen.

Zuvor hatte sich Ruyant noch enthusiastisch über den Rekord geäußert, den er eigentlich schon mit seiner ex LinkedOut – jetzt als For The Planet von Teamkollege Sam Goodchild gesegelt – vor zwei Jahren hatte brechen wollen. Er sagt: “Schon als wir Martinique verließen, wusste ich, dass wir ideale Bedingungen vorfinden würden, um die Zeit von Alex Thomson zu verbessern. Die Schwierigkeit bestand darin, einen Kurs zu finden, auf dem ich lange genug geradeaus segeln könnte, ohne halsen zu müssen.”

Ruyant ist offenbar davon überzeugt, dass der Rekord nicht das maximal mögliche Ergebnis darstellt. Jedenfalls weist er darauf hin während der 24 Stunden nicht immer die optimalen Segel gesetzt zu haben. Als der Wind immer stärker wurde, wäre ein Segelwechsel nötig geworden. Aber der hätte zu viele Nachteile mit sich gebracht. In einer solchen Situation erklärt sich, warum Malizia den IMOCA Rekord im Crewmodus Ende Mai bei The Ocean Race auf deutlich schnellere 641,13  festsetzen konnte.

Die Entwicklung des Abstandes zum Führenden Yoann Richomme (obere gerade Linie). Malizia (grau, unten) hat trotz Höchstgeschwindigkeiten viel Boden verloren.

Ruyants Team-Kollege Sam Goodchild hatte zuvor beim TOR mit Holcim-PRB ebenfalls die 640-Meilen-Marke überschritten. Er schrieb von Bord: “Ich freue mich wirklich für Thomas! Ich weiß, dass er diesen Rekord im Kopf hatte. Er hatte den Ehrgeiz ihn zu brechen! Es ist schon viel zu lange her, dass ein Engländer diesen Rekord gehalten hat (lacht). Gute Arbeit, Thomas.”

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Carsten Kemmling

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10 Kommentare zu „Retour à La Base: Schaden bei Ruyant – Herrmann schnell, aber auf Umwegen“

  1. Eissturmvogel sagt:

    Nachdem ich beim TJV ja durchaus milde kritisiert habe, dass Boris Herrmann sein Potenzial (bzw. das der MALIZIA) nicht voll ausschöpft, muss ich jetzt dann doch mal eine Lanze für ihn brechen. In meinen Augen ist sein Auftritt beim Retour à la Base (RàLB) wesentlich performanter, was ich an einigen Punkten festmache. Rein seglerisch fing das schon beim Start an, bei dem Boris forsch vorne mit dabei war. Und im weiteren Rennverlauf habe ich zunehmend den Eindruck, dass er “dran bleibt” und durchaus ehrgeiziger ist, als es seine ursprüngliche Aussage “ein Platz in den Top Ten sollte es schon sein” vermuten ließ. Auch Details wie die “Reported Destination: Le Podium” auf den einschlägigen Schiffstrackerseiten und der aufgeräumte Eindruck, den er zuletzt im “RàLB-O-Ton” machte, stimmen mich positiv. Und mit Rang 5 steht er aktuell ja auch ganz gut da.
    Auch wenn einige vor allem die deutschen Skipper verfolgen, will ich hier aber auch einmal die eindrucksvolle Leistung von Tanguy Le Turquais würdigen. Nicht nur, dass er beim TJV fast eine Woche mit der Rumpfreparatur verloren hat, dem Feld mit Riesenabstand hinterhergesegelt ist und unterwegs noch einige weitere Probleme meistern musste. Kaum auf Martinique angekommen, ist er ja quasi stehenden Fußes gleich wieder zum RàLB aufgebrochen. Und obwohl er einen ganzen Tag später losgesegelt ist als der Rest, hat er das Feld nicht nur wieder eingeholt, sondern auch bereits den ersten Konkurrenten überholt.
    Zum Schluss noch eine kleine Anmerkung: Diese Bemerkungen über “Bewertungen vom Schreibtischstuhl aus” werden durch fortwährende Wiederholung nicht zielführender. Die Wenigsten hier werden wohl Kommentare aus dem Cockpit ihres Boots in der Mitte des Atlantiks posten. Das liegt nun mal in der Natur solcher Kommentarbereiche. Dennoch kann und darf man ja spekulieren. Man muss bei seinen Interpretationen nur im Kopf behalten, dass es eben Spekulationen aus der Ferne sind und dabei immer den gebotenen Respekt wahren – sowohl den Skippern als auch den harschen Bedingungen auf See gegenüber.

  2. Ahab sagt:

    Moin,
    ist ja noch ein bisschen hin, bis zum Ziel.
    Boris , der ja immer sehr bescheiden und zurückhaltend rüberkommt, hat zumindest seinem AIS-Transponder sein wahres Ziel verraten: Das Podium. ?✊
    https://www.marinetraffic.com/en/ais/details/ships/shipid:7225221/mmsi:228131430/imo:0/vessel:MALIZIA_SOLO_SAILOR
    Kann man alternativ auch bei vesseltracker.com nachlesen, was er als “Destination” angibt.
    Find ich sehr lustig und sympathisch.?
    Grüße
    Ahab

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  3. Jörg Gosche sagt:

    Zum Glück wird Boris nicht von den Usern dieses Forums geroutet. Mitfiebern erlaubt – Besser wissen ohne genaue Daten und ohne den ganzen Tag in einer Rumpelkiste auf dem winterlichen Atlantik durchgerüttelt zu werden, von Schlafmangel ganz zu schweigen… das geht ja wohl gar nicht!

    Wer im Langstreckenlauf seine Kräfte nicht verünftig einteilt wird niemals siegen. Das gilt auch für Segler. Lasst den Maestro mal machen. Etwas Glück gehört natürlich – wie immer – auch dazu. Aktuell Platz 5 – das ist doch Spitze in diesem Feld …. und die grossen Herausforderungen stehen ja noch bevor. Es wird immer kälter und mehrere hässlich Tiefs lauern am Horizont. (Ganz ehrlich: Ich hätte da keinen Bock drauf – dafür aber umsomehr Hochachtung.) Unterhaltsam ist es allemal und Segelreporter fasst das Wichtigste zusammen. Alles klar!

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  4. PL_arnim.wegener sagt:

    Platz 5 schön und gut.. aber Platz 1 wär schon jetzt möglich gewesen.. was nach gate 1 immer noch erreichbar sein kann..

  5. PL_berthneutze sagt:

    Seine Kurswahl sieht für mich seit 2 Tagen wie ein Rekordversuch aus. Nach seinen Erfahrungen mit Malizia II müsste er ja eigentlich da sein, wo sich Richomme rumtreibt: mehr Wind und besserer Winkel.
    Den stärkeren Linksdreher sehe ich nicht als Ursache, Boris hat sich immer als umsichtiger Router gezeigt, der eher auf der sicheren Seite navigiert. Jetzt sieht es nicht nach mehr als Platz 6 aus, wenn er nicht sogar Sam Davies noch passieren lassen muss.

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  6. PL_arnim.wegener sagt:

    Herrmanns Kurswahl ist für mich nicht wirklich nachvollziehbar, wie der Artikel auch bereits anklingen lässt…

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    • atlantis sagt:

      Boris hat sich gerade – 13:00 – auf Platz 6 verbessert. So schlecht kann seine Kurswahl also nicht sein !

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      • atlantis sagt:

        15:00 – Platz 5

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        • Christian sagt:

          Leute, abgerechnet wird im Ziel. Vorhergehende Bewertungen wie “nicht nachvollziehbar”, vorgenommen aus großer Distanz am Schreibtischstuhl, sind in erster Linie Beschäftigungstherapie für die Schreibenden. Wobei diese Therapie sicherlich fast allen Schreibenden Spaß macht – uns Lesern aber nur, solange sie niemanden da draußen auf den Ozeanen herabwürdigt. Letzteres ist bei den Kommentaren auf SR leider manchmal der Fall (nicht hier, aber sonst).

          Jedenfalls habe ich riesigen Respekt vor den Jungs und Mädels da draußen im Atlantik. Echt harsch dort in der Jahreszeit.

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          • Lasse sagt:

            Ich finde es aus Zuschauer Sicht auch schade, dass sich Boris scheut Risiken einzugehen. Ich hab immer gerne Alex Thomson beobachtet, weil der jede Chance ergriffen hat und ihm kein Risiko zu groß war. (Zumindest hat er es gut so verkauft.)
            Boris segelt viel vorsichtiger, aber er ist damit ja auf seine Weise ähnlich erfolgreich.

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