SB20 WM: 7-fache Mutter holt Titel mit Freundin – Hendrik Witzmann Vize-Weltmeister

Charlotte Borghesi (45) muss niemandem beweisen, dass sie besondere Qualitäten hat – als Mutter von sieben, Geschäftsführerin, CrossFitterin. Nun ist sie auch noch Segel-Weltmeisterin. Ein Wunder?

Charlotte Borghesi im Gelben Trikot. © Mikey Brignall / DOSC / DDF SB20 Worlds

Die gebürtige Britin Charlotte Borghesi ist vor 14 Jahren mit ihrem Mann nach Dubai übergesiedelt. Zuvor war sie 20 Jahre lang als Marketing-Spezialistin in großen multinationalen Unternehmen tätig, im Alter von 30 Jahren Vizepräsidentin bei dem Konsumgüter-Giganten Reckitt Benckiser in Indien und mit 36 Generaldirektorin für die Golfstaaten beim Nahrungsmittelkonzern Mars.

Dann startet sie mit Kidznik ihre eigene Firme, produziert Möbel für Schulen, gewinnt Unternehmerpreise. Den Bedarf erkennt sie als Mutter von sieben Kindern, die sie zur Welt bringt und mit ihrem Mann aufzieht. Nebenbei noch ein wenig Sport – bis zu 10 Stunden pro Woche. Zuerst Reiten, später CrossFit, aber auch Triathlon – alles auf höchstem Wettkampf-Niveau. Segeln gehörte bisher nur sporadisch dazu. Aber nun ist sie Weltmeisterin in der SB20-Klasse geworden – mit ihrer Freundin Pippa Kenton-Page, ebenfalls einer dreifachen Mutter.

Das mag auf den ersten Blick aussehen, wie ein Ausflug zum Kaffekränzchen. Aber die SB20-Klasse gehört seit ihrem Start vor 22 Jahren als Laser SB3 zu einer der erfolgreichsten One-Design-Sportbooklassen der Welt. Mehr als 800 Boote wurden gebaut.

Das neuartige Konzept nach dem Laser-Gleicheitsprinzip des Materials führte zu einem echten Hype. Bei der ersten Weltmeisterschaft 2008 in Dublin versammelten sich 137 Crews an der Startlinie. 2010 am Gardasee, als auch SegelReporter am Start war und ausführlich berichtete, waren es 110 Boote. Als 2012 die Bau-Lizenz für Laser Performance ausläuft, geht die Klasse eigene Wege und wird zum SB20.

Team SegelReporter bei der Laser SB3 WM 2010 am Gardasee im Voll-Glitsch. © Stefano Grosso

Insbesondere in England erfreute sich die Klasse schnell großer Beliebtheit. Aber sie schwindet im Laufe der Jahre. Im Sportboot-Segment macht insbesondere die J/70 Konkurrenz. Größere Flotten bleiben in Russland und Portugal aber auch in Australien erhalten.

Robotertonnen im Einsatz. © Mikey Brignall / DOSC / DDF SB20 Worlds

Auch in Dubai hat sich ein Zentrum entwickelt. Deshalb ist es dem Dubai Offshore Sailing Club gelungen, mit der Ausrichtung der Weltmeisterschaft 2024 betraut worden zu sein. 48 Boote gingen an den Start, darunter 24 unter der Flagge der Vereinigten Arabischen Emirate.

48 SB20 bei der WM vor Dubai. © Mikey Brignall / DOSC / DDF SB20 Worlds

Man könnte dahinter eine geringe Qualität der Flotte vermuten, aber im Feld erscheinen einige große Namen der internationalen Profi-Szene. David Champman, der australische Championsleague-Sieger für den NRV, segelt mit dem Aussie-Skipper Paul Mccartney auf Rang 7. Ex Laser-Weltmeister Nik Burfoot aus Neuseeland wird mit einer Crew aus Singapur 11. Starboot-Weltmeister Xavier Rohart platziert sich mit einem französischen Steuermann auf Rang 13.

Gennaker-Action vor Dubai. © Mikey Brignall / DOSC / DDF SB20 Worlds

Um so hochwertiger ist der Sieg von Charlotte Borghesi einzuordnen, als erster Frau am Steuer überhaupt, wie die Klasse jubelt. Aber ist das wirklich eine so große Überraschung, ein Wunder? Wie war der Sieg möglich?