Der Norddeutsche Regatta Verein gewinnt zum dritten Mal in der fünfjährigen Liga-Geschichte den Titel „Deutscher Meister der Segelvereine“. Zweiter wird der Titelverteidiger Deutsche Touring Yacht-Club, dritter der Segel- und Motorbootclub Überlingen.
In den letzten Minuten der fünften Bundesliga-Saison richtetet sich die Kamera auf den Zieldurchgang des NRV im letzten Rennen. Tobias Schadewaldt, Malte Päsler, David Heitzig und Klaas Höpcke jubeln. Sie schließen den überzeugenden Endspurt auf dem Wannsee mit einem Sieg ab und sichern dem Alster-Verein nach zwei Jahren Abstinenz den dritten Titel. Aber das eigentliche Drama passiert unbeachtet dahinter.
Der Segel- und Motorboot Club Überlingen geht auf einem soliden dritten Platz um die letzte Luvtonne, wäre damit Achter in Berlin und ganz starker Vize-Meister. Stattdessen schiebt sich auf dem Vorwindkurs das Feld mit neuem Druck und mehr Speed in die Leeposition, hindert den SMCÜ an der Halse und selbst der abgeschlagene Titelverteidiger vom Deutschen Touring Yacht-Club rutscht im Foto-Finish und der Gesamtwertung noch vorbei.
SMCÜ auf Titelkurs
Für die Männer vom Bodensee konnten die Gefühlswelten beim Liga-Finale kaum unterschiedlicher sein. Bei den schwierigsten Verhältnissen der gesamten Liga-Saison mit leichtem, drehendem Wind in der Süd-Ecke des Wannsees erwischten die Heßberger-Brüder mit Dominic Fritze und Dominik Waibl einen perfekten Start und lagen sogar auf Titelkurs als die Hamburger und Bayern schwächelten.
In der Tabelle waren die sechs Punkte Rückstand auf den DTYC und die zwei auf den NRV deutlich aufgeholt. Der gut 40 Mitglieder starke lautstark anfeuernde Fanclub aus den Süden schien sich positiv bemerkbar zu machen. Aber dann folgten vierte und fünfte Plätze während der NRV bei zunehmendem Wind immer stärker segelte. In Berlin wurde schon spekuliert, ob denn keiner Meister werden will.
Denn insbesondere der Deutsche Touring Yacht-Club agierte immer fahriger, Steuermann Julian Stückl gab genervte Interviews und bei den Team-Besprechungen an Land wurde es laut. Die Titelverteidiger mit Sebastian Bühler, Phil Blinn und Luis Tarabochia, die in Berlin Mark Pickel als zusätzlichen Coach geheuert hatten, zeigten Auflösungserscheinungen, wurden immer fahriger und am Schluss des Tages stand in Berlin Rang 16.
Eine wahre Steilvorlage für den NRV, der sich auch durch die ersten Rennen zitterte. Aber zum Schluss machte Tobi Schadewaldt wie so oft in dieser Saison mit einem enormen Endspurt (1/2/2/1) alles klar. Der London-Olympionike im 49er drückte seiner ersten Bundesliga-Saison mit der persönlichen Serie 2/1/2/2 klar seinen Stempel auf.
Das Abstieg-Drama
Große Emotionen gab es aber insbesondere auch weiter hinten im Feld. Das Drama um den Abstieg zog die Beteiligten in den Bann. Denn plötzlich gerieten Vereine in den Strudel, die vor dem Spieltag nicht ganz hinten gehandelt worden waren.
Das lag insbesondere an der Leistungsexplosion gleich dreier Teams aus dem Tabellenkeller. Der Lindauer Segel-Club sah schon so aus, als wollte er die Saison abschenken. Nach enttäuschenden Regatten in Kiel und Travemünde war Dauer-Steuermann Veit Hemmeter in Glücksburg erstmalig nicht mehr am Start und das verbliebene Rumpfteam wurde prompt Letzter.
Aber Hemmeter, Gielen, Hostenkamp und Netzband holten sich bei der Champions League in Porto Cervo viel Selbstvertauen als sie das Klassement sogar eine Zeitlang anführten, und in Berlin waren sie dann voll da. Sie siegten gleich mit acht Punkten Vorsprung und verholten sich von Platz 16 in der Gesamtwertung auf Rang neun.
Leopold Fricke segelte mal wieder verlässlich stark für den Chiemsee Yacht-Club auf Platz zwei am Wannsee und führte damit die Bayern nach einigen Crew-Experimenten in der Saison noch auf Rang acht.
Unter größtem Druck segelte auch der Düsseldorfer Yacht-Club beeindrucken stark auf Rang drei. Jan-Philipp Hofmann, Bruder Henning, Patrick Treichel und Alexander Swade lagen nach zwei der drei Segeltage auf dem Wannsee lediglich auf Rang 13. Aber dann haben sie es wieder geschafft, den einzigen NRW-Club in der Liga zu halten. Sie entledigten sich mit der erstaunlichen Berlin-Schlusserie 2/2/2/1/2 aller Abstiegssorgen.
München mit Happy End im letzten Rennen
Erwischt hat es dann schließlich doch überraschend den Lübecker Yacht-Club. Zum Ende der Saison sollte es wieder einmal Laser-Olympionike Simon Grotelüschen richten, der den Lübeckern schon im vergangenen Jahr – wenn auch über den Umweg Relegation – den Klassenerhalt sichern konnte. Aber diesmal musste der in Hamburg arbeitende Mediziner dann doch der fehlenden Traininszeit Tribut zollen. Nach starkem Start in die Serie sorgte das letzte Rennen für den Abstieg.
Ein Sieg im letzten vorletzten Rennen hatte noch für einigermaßen Entspannung gesorgt, aber dann lief gar nicht gut für die Nordlichter. Ausgerechnet der direkte Konkurrent Rupenhorn gewann den letzten Lauf während der LYC fünfter wurde. Und dann schaffte es der Münchner Yacht-Club die rabenschwarze Serie von 5/5/6/4/6 mit einem Sieg im letzten Lauf zu beenden. Kein Wunder, dass die Freude der Bayern im Ziel grenzenlos war (Video).
Auch der zweite Absteiger kommt aus dem Norden. Das Geschwister-Quartett Halbrock/Gurgel war für den Hamburger Segel-Club zwischenzeitlich ganz stark unterwegs. Aber zur Hälfte kippte die Serie, und am Ende war Rang 14 in Berlin nicht genug, die Klasse zu halten.
Damit rutschen sie in der Tabelle sogar noch hinter den Potsdamer Yacht-Club zurück. Der hatte vor dem Finale nur noch eine kleine Chance, den Abstieg zu vermeiden, aber der junge 470er- und Youth Ameirca’s Cup Segler Frederik Eichhorst bestätigte seinen Status als Liga-Überflieger der Saison und brillierte nach Rang drei in Travemünde auch bei seinem zweiten Einsatz mit Platz sechs. Aber er hätte schon zweiter werden müssen, um das Wunder noch zu schaffen.
Bremer Vereine in der Champions League
Hart wurde auch um die Plätze in der Champions League gestritten. Vier Vereine kämpften auf Augenhöhe, und am Ende hat der Wassersport-Verein Hemelingen den nervenaufreibenden Vierkampf gewonnen. Jan Seekamp, Björn Schütte, Jens Tschentscher und Tjorben Wittor dominierten diesen Schlagabtausch nach einer frühen Serie mit 2/1/1/2 von vorne.
Aber sie benötigten zum Schluss auch ein verpatztes Rennen der Bremer Kollegen von der SKWB. Der Aufsteiger beharkte sich beim Start mit dem Düsseldorfer Yacht-Club und ging danach in diesem Rennen als Verlierer vom Platz.
Gesamtrang fünf ist offiziell zu wenig für eine Einladung zur Champions League Qualifikation, aber in der aktuellen Saison genügte auch noch Tabellenplatz fünf, wenn international Teams abspringen.
Berlin-Ergebnisse:
Abschluss-Tabelle Segel-Bundesliga Saison 2017:
Die Live-Übertragung vom letzten Tag:
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