Laser SB3 WM Blog 4. Tag + Video

So ein Sch... Was für eine Ka... Arghhhh...

 

Traumhaftes Segeln der Silbergruppe vor Riva © Stefano Grosso/Volvo

Diese ständige Sonne nervt, diese unsägliche Geglitsche, dieser blöde Gardasee und überhaupt. Ich hatte schon fast vergessen, wie fies segeln sein kann, wenn es nicht läuft. Was eben noch toll war, ist plötzlich daneben. Es ist so einfach, sich runter zu ziehen. Im Selbstmitleid zu versinken. Bei Wettkämpfen erlebt man das Leben im Schnelldurchlauf. Eben noch Top nun nur noch Flop.

 Der erste Tag in der Goldgruppe beginnt im Rückblick nicht anders als die anderen auch. Okay, wir hatten Rührei zum Frühstück. Und ich habe nach drei Tagen mein T-Shirt gewechselt. Aber kann das bewirken, dass man plötzlich nicht mehr annähernd geradeaus segelt?

Unser zehnter Platz nach der Qualifikation ist ja durchaus vielversprechend. Eine gute Basis zum Angreifen. Aber wir segeln auf Bahn Alpha links unter Torbole. Wie gestern auch, als uns die Serie 5,2,9 gelang. Also eigentlich sollten wir wissen, wie es auf der Bahn funktioniert. Nämlich Anschlag rechts auf der Kreuz.

Aber da war dieser letzte Vorwindschenkel im sechsten Rennen. Wir fielen von 3 auf 9 zurück, weil sechs Boote auf der Landseite unter Torbole überholten. Da sitzt nun dieses Männchen auf der Schulter und sagt: Diesmal geht es links auf der Kreuz.

Und irgendwie spricht alles dafür, dass es heute tatsächlich anders ist. So starten wir links, kämpfen uns nach links, erforschen das Ufer links und liegen in der Flaute links. Noch ein verpatztes Spimanöver und plötzlich sind wir letzter, also 55. Hallo! Was geht denn hier ab?

Okay, Mund abputzen und weiter. War nur ein Ausrutscher. Kann passieren. Jetzt also im zweiten Rennen über rechts. Dort wo sich alle am Startschiff kabbeln. Zwei Sammelrückrufe mit vielen Kollisionen, aber wir werfen uns auch bei der verschärften Black-Flag-Einminutenregel ins Getümmel.

Wir kommen gut raus, finden das Loch im Feld für die Wende nach rechts, wenden schnell und auf eine freie Spur…da bleibt die Fockschot in der Wende irgendwo hängen. Das Teil steht back, flattert, und wo eben noch eine Lücke in der Phalanx der Backbord-Starter war, halten jetzt Bugspitzen gefährliche schäumend auf uns zu.

Wir müssen ohne Fahrt wenden und ausweichen. Es sind die entscheidenden Meter, die einen im Feld versacken lassen. Immer wieder wendet jemand vor einen. Man muss selber ausweichen, und statt nur einer Wende werden es plötzlich acht.

Auf einmal sind wir gar nicht mehr so schnell, wie wir dachten. Man segelt oft in der Abdeckung. Aus schlecht wird schlechter. Am Ende ist es ein 31. Platz.

Mund abwischen und weiter. Dann eben im dritten Rennen. Diesmal traue ich mich nicht mehr so richtig ins Startschiff-Getümmel. Ein konservativer Start weiter unten an der bevorteilten Linie. Es sieht ganz gut aus. Aber wir kommen nicht nach rechts.

Dort dreht der wind 20 Grad nach rechts und wieder hängen wir am Tampen. Frust macht sich breit. Dann kommt auch noch so ein blöd schreiender Brite daher, der wie ein Holzhacker durch das Feld pflügt.

Mit rotem Kopf und geschwollenen Halsadern will er uns vom Parcours brüllen. Erst mag er unser Spituch nicht auf seinem Kopf. Aber dafür hätte er eben nicht so scharf anluven dürfen. Dann lässt er uns nicht vor seinem Bug passieren, indem er plötzlich seinen Kurs ändert, tiefer fährt und mit seinem Bugspriet auf mich zuhält.

Das ist ja nicht witzig, wenn man mit diesen Lanzen vorne dran 16 Knoten schnell aufeinander zurast. Er will ganz offensichtlich ein Revanche-Foul und mich aufspießen. Aber auch plötzliche Kursänderungen sind nach Regel 16.1 nicht erlaubt.

Er brüllt und brüllt, ich reiße das Ruder herum, sehe das Weiße in seinen Augen und artikuliere mich ebenfalls etwas lauter und relativ ungezogen. Klar, dass wir uns im Protestraum sehen.

So schlecht liegen wir gar nicht an der Luvtonne. So um die 20. Aber da ist wieder dieses Männchen auf der Schulter, das sagt, gestern im letzten Rennen ging es Vorwind unter Land besser. Aber wir verlieren knapp zehn Plätze. Der Brite auch. Doch das ist nur ein geringer Trost.

Denn bei der Leetonnenrundung sage ich das falsche Manöver an, runde die falsche Gate-Tonne, mache einfach alles falsch…Der Spi hängt im Wasser. Und jetzt fahren auch noch die Typen mit Automatik-Schwimmweste vorbei.

Wir sind wieder Letzter! Der Bug zeigt kurz Richtung Hafen, und das Männchen auf der Schulter, das sich immer mehr als Teufelchen entpuppt, gibt den Tipp: „Fahr doch nach Hause“. Aber ich widerstrebe dem Verlangen. Der Platz soll mit Würde nach Hause gefahren werden.

Eine Mini Szene aus dem Video unten, die als Motivation für dich nächsten Tage einfach festgehalten werden muss! GER 3401 mit schönen Start in Luv. Allerdings am zweiten Tag.

Wir dackeln bocklos auf der Kreuz nach links. Und plötzlich überholen wir sogar noch zehn Boote.  So langsam fehlt jetzt jede Struktur für diesen Kurs. Ratlosigkeit macht sich breit. Morgen geht es auf die andere Seite des Gardasees auf Kurs Bravo. Da gibt es nur einen Kurs. Den unter Land. Gott sei Dank. Also brutal starten und nach rechts. Und dieses Teufelchen wird ertränkt…

Der Brite übrigens ist an Land ganz kleinlaut, als er die beiden Proteste sieht, die wir einreichen. Ich dachte eigentlich, er würde protestieren und sah das Ganze eher als Konter-Attacke. Aber der Mann entpuppt sich schließlich als britischer Laser-SB3-Klassenboss Jerry Hill.

Der hatte vor unserem kleinen Disput die beiden Rennen gewonnen und selber doch keinen Protest eingereicht. Nun ja, was soll ich sagen. Er war nett und höflich, gar ein wenig devot, so wie man sein muss, wenn man möchte, dass ein Gegner einen Protest zurückzieht.

Man bietet ein Bier an, von dem man weiß, dass es nie getrunken wird, verweist vorsichtig auf den unappetitlichen Verhandlungstermin von 23:35 Uhr, fragt etwas Persönliches und schon ist der Ärger verraucht. Eine durchsichtige Taktik zwar, aber sie funktioniert.

Mann, Mann, Mann. Was für ein Tag. Der Blick auf die Ergebnisliste schmerzt. 20. sind wir jetzt. Die anvisierten Top Ten Plätze dahin. Mal sehen, was noch geht. Auf jeden Fall wird es mit diesen SB3 Kisten morgen wieder Spaß machen das Glitschen. Denn morgen wird das alte T-Shirt wieder rausgesucht und das Frühstücks-Rührei weggelassen. Dann kann nichts mehr schief gehen.

Carsten Kemmling

Ergebnisse nach 9 Rennen

Eventseite

Laser Deutschland

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

4 Kommentare zu „Laser SB3 WM Blog 4. Tag + Video“

  1. Alex sagt:

    Ohja !!! das ist Segeln……

    da spricht einer aus der Sele von jedem Regattasegler!!!

    Gruß vom Bodensee

  2. Birdy sagt:

    Oh ja, dass erinnert uns Laser-Masters stark an das letzte Wochenende. IDMa auf dem Tollensesee.
    Statt hoher Berge – hoher Wald. Lechts oder Rinks, Mitte??
    Das alles kann nur eins bedeuten, nur wir wissen es nicht!
    Hmmm…. Fingernägel sind schon abgekaut?
    Na gut, nehmen wir eben die Fu…nägel.
    Viel Erfolg!! Schöner Bericht!

  3. Jan sagt:

    Herrlich! Du kannst wirklich gut und sehr nachvollziehbar übers Leiden schreiben Carsten 😉 Aber heute wird wieder angegriffen! So einen Tag muss man einfach vergessen. Viel Erfolg! Wir drücken Euch die Daumen!

  4. Barriga sagt:

    Herrlich. Viel Spaß heute!