Gesplitterte Kohlefaser ragt aus dem Rumpf heraus, der stabilisierende Wabenkern quillt hervor – nach dem Crash sah es so aus, als würden die Amerikaner Genua nicht erreichen. Doch noch ist nichts verloren! Die Etappe wurde inzwischen aufgegeben, aber Genua soll erreicht werden!
Nachtrag, 16. Juni, 18:30 Uhr: 11th Hour hat die siebte Etappe nun offiziell aufgegeben und einen Antrag auf Wiedergutmachung gestellt. Der Rückzug aus der Etappe und der Antrag auf Wiedergutmachung soll dem Team die beste Chance geben, im Rahmen der Regeln der Veranstaltung die für den Gesamtsieg erforderlichen Punkte zu erhalten.
In seiner Erklärung erklärt das 11th Hour Racing Team, dass es „einen Antrag auf Wiedergutmachung bei der Internationalen Jury eingereicht hat. Dabei handelt es sich um ein Verfahren nach den Racing Rules of Sailing, mit dem ein Boot entschädigt wird, wenn „das Ergebnis oder die Platzierung eines Bootes in einem Rennen oder einer Serie ohne eigenes Verschulden erheblich verschlechtert wurde oder werden kann“.
Kurz nach dem Crash hört man in Charlie Enrights überschlagender Stimme Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, nachdem er sich zuerst vergewisserte, dass seine Crew unverletzt blieb. All die Jahre der konzentrierten Vorbereitung auf das Ocean Race schienen in dem Moment zunichte gemacht, als sich der Bugspriet von Guyot in die Seite des amerikanischen Bootes bohrte. Auf dem Rückweg in den Hafen versuchten Enright und seine Crew den Schock zu verdauen. Die anfängliche Resignation in den Gesichtern wich aber spätestens im Hafen einem konzentrierten Fokus auf das Wesentliche: die Etappe doch noch irgendwie zu beenden.
„Der Mannschaft geht es gut. Es war ein harter Nachmittag, aber das Wichtigste ist, dass es allen gut geht“, sagte Teamchef Mark Towill gegen Abend. „Meiner Meinung nach haben wir eines der besten Technikerteams der Welt, und sie diagnostizieren genau, wo wir stehen, damit wir einen Plan machen können.“
Und der wurde alsbald in die Tat umgesetzt. Schon im Verlauf des Abends stand ein Plan für eine Reparatur. Die Shorecrew arbeitete die ganze Nacht daran, den Schaden zu beheben, damit das Schiff auf eigenem Kiel noch Genua erreichen kann. Aktuell arbeitet die Crew in zwei Schichten, um die Reparatur so schnell es geht zu schaffen. Hier geht es nicht nur darum, das Rennen zu beenden, sondern es auch aus eigener Kraft zu gewinnen – zumindest mit etwas Schützenhilfe der anderen Boote.
Punktespiele im Ziel
Derzeit führt 11th Hour die Tabelle mit 33 Punkten an. Dahinter folgt Holcim-PRB mit 31 Punkten. Malizia kann die Amerikaner mit 27 Punkten rein rechnerisch nicht mehr einholen. Angenommen, Holcim-PRB gewinnt die Etappe nach Genua, würden sie 5 Punkte erhalten und damit auf 36 Punkte kommen. 11th Hour kann als viertes Boot im Ziel dann noch maximal 2 Punkte einsammeln und käme auf 35 Punkte. In dieser Konstellation würde Holcim-PRB The Ocean Race gewinnen – sofern es keine Wiedergutmachung seitens der Jury gibt.
Quert aber nicht Holcim-PRB als erstes Schiff die Linie vor Genua, sondern Malizia oder Biotherm, sieht es anders aus. Wenn sich Holcim-PRB den zweiten Platz in Genua sichert, wären beide Boote mit 35 Punkten punktgleich, sodass die In-Port-Wertung entscheidet – und hier liegt 11th Hour 9 Punkte vor Holcim-PRB. Diesen Rückstand könnte das schweizer Boot auch im letzten In-Port-Race in Genua nicht mehr aufholen.
Nachtrag: Nach der Aufgabe der Etappe entscheiden nun die möglichen Punkte durch die Wiedergutmachung über den Sieg im Ocean Race. Bei zwei Punkten kann 11th Hour gewinnen, wenn Holcim-PRB in Genua nicht die Etappe gewinnt. Bei drei Punkten durch Wiedergutmachung heißt der Sieger von The Ocean: 11th Hour Racing.
Gelingen die Reparaturen am amerikanischen Boot, kann 11th Hour The Ocean Race also noch aus eigener Kraft gewinnen – eine Entscheidung am grünen Tisch muss nicht entscheiden. Es wird aller Wahrscheinlichkeit aber eine Wiedergutmachung geben. Die Frage ist dann nur, ob in Genua mit 11th Hour oder ohne gefeiert werden kann.
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