Vendée Globe: Boris Herrmann erlebt Blackout nach Blitzeinschlag – „Viele Systeme ausgefallen“

„Diesen Tag werde ich nicht vergessen“

Boris Herrmann hat bei der Vendée Globe einen dramatischen Tag bei „schrecklichstem Wetter“ erlebt. Er schlug nach einem Blitz mit dem Mast auf das Wasser als in der Folge der Autopilot versagte. Dann musste er hektisch reparieren und segelt nun mit Handicap.

„Gestern war einer der verrücktesten Tage, die ich je auf See erlebt habe“, sagt Boris Herrmann. Es begann mit einer massiven Front und so heftigen Gewittern, wie ich sie in all meinen Jahren als Segler noch nie erlebt habe. Es dauerte die ganze Nacht und bis in den Tag hinein, mit einem peitschenden Regen. Die Gewitter waren heftig, mit Blitzen aus allen Richtungen, krachenden Wellen und einem Boot, das Mühe hatte, sich aufrecht zu halten. Ein paar Mal lagen wir flach auf dem Wasser und ich wurde herumgeschleudert. Zum Glück ging nichts zu Bruch, bis ein Blitz in der Nähe einschlug.“

Danach habe der Bildschirm zu blinken begonnen und wurde schließlich schwarz. „Der Autopilot schaltete sich zusammen mit den Instrumenten aus. Die Alarme heulten auf, das Boot verlor die Kontrolle, halste und lag flach im Wasser. Der Wind frischte wieder auf, mehr Donner, mehr Blitze, es war unerbittlich. Ich glaube, die See hat mir gestern wirklich ihre Zähne gezeigt. Ob es nun die Vendée Globe oder nur das Wetter war, diesen Tag werde ich nicht vergessen.“

Seit diesem intensiven Erlebnis kämpfe er darum, sich zu erholen. „Wir sind gerade aus der Front herausgekommen, und in der letzten halben Stunde hatte ich endlich wieder etwas Nordwind.“ Zuvor hab der plötzliche Südwind von hinten große Probleme bereitet. Malizia beschleunigte zeitweise auf 30 Knoten, aber das ist kein Spaß, wenn der Wellengang noch aus der alten, nördlichen Windrichtung kommt. Dann springt das Boot bei Höchstgeschwindigkeit über diese Rampen. Es besteht größte Gefahr, bei harten Landungen Schäden zu erleiden. Herrmann musste bremsen. „Wenn ich nicht aufpasste, wurde es ein Chaos.“

Dazu die Erschöpfung nach der Mastkletter-Aktion vom Vortag. „Mir wurde klar, dass ich seitdem nicht mehr richtig gegessen hatte. Nur ein Gel und ein paar Power-Snacks. Ich hatte einfach keine Zeit.“ Erst am Abend zuvor habe er die eine richtige Mahlzeit zu sich genommen. „Vom schönsten Abend zum schrecklichsten Wetter, alles änderte sich so schnell.“

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8 Antworten zu „Vendée Globe: Boris Herrmann erlebt Blackout nach Blitzeinschlag – „Viele Systeme ausgefallen““

  1. Lukas Luv

    sagt:

    Boris hat nochmal ein herrliches Video gepostet. Er scheint trotz allem wirklich gute Laune zu haben.
    Sehr gut. Weiter so!

  2. Catsegler

    sagt:

    Ich hoffe das alle Segler noch mit einem Sextanten ausgestattet sind, die analoge Navigation gehört meines Wissens immer noch zur Grundausbildung. Ganz ohne Navi sind die Boote also bei Ausfall von Computern hoffentlich nicht .

  3. PL_frikosail

    sagt:

    In diesem Bericht bekommt man wieder einen Eindruck von dem harten Kampf den Boris auf dieser Vendee Globe zu bestreiten hat.
    Es bleibt ihm offensichtlich nichts erspart. Dieser Bericht über die Horrornacht mit dem Blitzeinschlag zeugt wieder einmal davon. Man kann jetzt nur hoffen, dass Boris durch die entstandenen Schäden nicht auch noch zurückfällt.
    Die Gruppe um Boris hat auf dieser Regatta offensichtlich das Schietwetter und komplizierte Windverhältnisse gepachtet. Man kann dieser Gruppe nur wünschen dass sie endlich mal verhältnisse wie die vorderen Drei bekommen und richtig Gas geben können.

    Die Drei an der Spitze segeln wie auf Schienen fast komplett auf dem Backbordbug und haben kaum mit Winddrehern zu kämpfen. Bei moderaten Wellen zwischen 1m und 2m Vergrößern sie ihren Abstand im 4 Stunden Rhythmus ständig um 10 bis 20sm. Wir erleben hier zwei Regatten in einer Vendee Globe. Ob es so etwas schon mal gegeben hat bezweifele ich.
    Ich kann mir vorstellen, Dalin und Richomme kommen vor Lachen nicht in den Schlaf.

    Die nachfolgenden Damen Clarisse Cremer und Samantha Davis bestreiten auch ein bravouröses Rennen und konnten Ihren Rückstand auf Boris um 300sm seit der Rundung von Kap Hoorn verkürzen.
    Auch Jean Le Cam macht seinen Namen alle Ehre. Der Roi hat schon mehrere Foiler hinter sich gelassen.
    Ich freue mich auch, dass Yannik Bestaven im Tracker weiter verfolgt werden kann. Das hat er sich auf seiner letzten VG auch verdient.
    Mein Wunschszenario im Ziel Betaven und Le Cam überqueren gleichzeitig die Ziellinie.

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    1. Till

      sagt:

      sowas gab es durchaus schonmal, 2016, oder auch 2012 hatte die Spitzengruppe sehr viel Glück mit den Wetterbedingungen, die Verfolgergruppe hatte deutlich härtere Bedingungen und Grade 2016 ging sehr sehr viel zu Bruch, Thomas Ruyant ist damals das Boot in der Mitte gebrochen und fast gesunken.

  4. Klaus

    sagt:

    Laut Tracker Update hat er gegen 17:00 Uhr nochmal in einem sehr spitzen Winkel gewendet. Es scheint als würde er weiter versuchen Module zu reparieren.
    Durchhalten! Alle Daumen sind gedrückt.

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  5. Catsegler

    sagt:

    Schrecklich, eine „Klabautermann“ Nacht für Boris.
    Gut das er noch Lebt. Komm gut nach Hause Boris und gut das nicht mehr passiert ist. Immer eine Handbreit !

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  6. Boris,mein Gott was muss Dir noch alles wiederfahren🥹 Das wichtigste bist Du! Handel mit bedacht, alle was zählt ist Deine Familie wieder in die Arme nehmen zu können 😌 Du hast großartiges geleistet, komme nun heile nach Hause🇩🇪 Wenn Du dabei noch Dein Platz halten kannst oder doch noch weiter nach vorne kommst wäre das nice to have😌 Ein Ex Marine Seemann 🤠

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  7. Wulf

    sagt:

    Brutal, Endzeitstimmung! Dafür wirkt Boris maximal gefasst. Respekt.

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