Knarrblog: Varianta Revival-Törn auf dem Ijsselmeer

Es wird gemütlich...

Draußen Regen, drinnen wird es in der Varianta gemütlich. © SegelReporter.com

„Bock auf Holland? Mit der alten Vari! Back to the roots!“ Bruder Kai ist ganz aufgekratzt. Er hat die alte Varianta wieder flott gemacht. Mit dem orangen Teil sind wir vor gut 30 Jahren als Kinder auf den friesischen Meeren rumgekreuzt.

Er hat bei Aldi rote und gelbe Farbe besorgt, das schöne 60er Jahre Orange zusammengemixt und ist der alten Möhre mit der Rolle zu Leibe gerückt. Der Trailer musste noch über den TÜV ein paar Klemmen und Tauwerk ausgetauscht werden und schon steht der Vari wieder die Welt offen.

Eine nette Idee, den Oldtimer seinem beschaulichen Dasein an der Duisburger Sechs Seen Platte zu entführen. Knapp 20 Jahre hat er kein großes Wasser mehr gesehen. Kann er das noch?

Die Begrüßung im Hafen von Stavoren ist sportlich. Regen peitscht, Fallen klappern, der Wind pfeift durch die Wanten. Holland-Wetter eben. Darauf muss man im Mai wohl vorbereitet sein.

Eine nette Begrüßung nach all den Jahren sieht anders aus. Wie bekloppt ist das, im Regen das Boot zu slippen und den Mast zu stellen. Aber der orange Farbfleck macht sich gut im grauen Ambiente.

Auch wenn sie doch ein wenig zickt, die gute Vari. Das Schwertfall hängt ziemlich locker unter Deck. Ist das blöde Klappschwert etwa im Kiel festgerostet? Das macht es schon mal nach dem Winterlager.

Wir sehen uns schon am nächsten Morgen im Brackwasser tauchen und per Zange nach der rostigen Stahlplatte im Schwertschlitz schnappen. Neben der Fäkalien-Absaugstation. Dort wo eben die Wasserratte ihre Kreise zog.

Die aufgeschäumte Brandung des steifen Nordwesters mag mit ihren Erschütterungen helfen. Per 10 PS Quirl stecken wir den Bug kurz aus dem Hafen, slammen brutal in die Wellen und hoffen, dass sich das Schwertfall spannt. Nichts tut sich.

Zurück im Hafen krängen wir das Schiff. Im trüben Wasser ist nicht auszumachen, ob die Schwertflosse sitzt, wo sie zu sitzen hat. „Bei so einer Aktion haben wir schon mal einen Mast abgebrochen“, sagt Kai. Also krängen wir den jollenartigen Rumpf über den Großbaum. Und siehe da, die Platte hängt draußen. Offenbar hat sich dann das Schwertfall gelöst. Damit lässt sich leben.

Wenn nur der Regen langsam aufhören würde. Mit klammen Klamotten krabbeln wir in die braun getäfelte Höhle. Ungemütlich sitzt es sich unter Deck. Aber als die Gas-Camping-Lampe zischelt, das Wasser am Rumpf plätschert, das Bierfässchen tröpfelt und Mutters Wegzehrung, der traditionelle Nudelauflauf auf dem Tisch steht, startet die wohlige Zeitreise.

Die Feuer-Spuren an der Steuerbord-Schublade sind noch sichtbar. Als Teens waren wir auf die glorreiche Idee gekommen, den Spirituskocher aufzufüllen, als gerade das Nudelwasser kochte. Der Brennstoff entzündete sich an dem offenen Feuer. Eine Stichflamme schoss gegen das Kajütdach. Es hätte das Aus der Vari sein sollen. Aber geistesgegenwärtig klopften wir die Flammen mit Decken nieder. Eine schöne Abenteuergeschichte.

Ob uns die Vari verziehen hat? Morgen wird es sich zeigen. Der erste Schlag auf „hoher See“.

Carsten Kemmling

Der Mann von der vordersten Front. Mehr zu ihm findest Du hier.

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