Extreme Sailing Series: Drama bis zum Ende – Unerwartetes Finale in Hamburg

Leckerbissen für Taktik-Füchse

Was für ein Finish. Viel spannender hätte das letzte Rennen der Extreme Sailing Series in Hamburg nicht verlaufen können. Das letzte Manöver brachte die Entscheidung.

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Die entscheidenden letzten Meter vor dem Ziel. Oman Air hat die Land Rover Youngster noch abgefangen. © Marina Könitzer

Es ist eigentlich ein unwürdiger Tag für eine bisher außerordentlich attraktive Segelveranstaltung im Hamburger Hafen. Erst regnet es in Strömen, dann bleibt auch noch der Wind aus.

Der Wettfahrtleiter startet dann drei Showrennen, um den Zuschauern überhaupt ein wenig Aktion zu liefern. Die Zeit läuft ihm langsam weg. Und besonders das Alinghi Team wird langsam unruhig. Die Schweizer wollen nach dem grandiosen gestrigen Tag noch einmal Oman Air richtig unter Druck setzen. Soll es vielleicht gar kein Rennen mehr geben?

Wettfahrtleiter Phil Lawrence, der diese Position ab sofort beim Volvo Ocean Race übernimmt, hat dann aber doch ein Einsehen und bietet den Zuschauern ein Thriller-Finale. Er setzt nur noch ein Rennen statt der geplanten drei an, und das zählt dann wie gewohnt bei der Extreme Sailing Series doppelt.

Unmögliches Unterfangen

Das heißt, Alinghi muss drei Schiffe zwischen sich und Oman Air bringen, wenn doch noch der Sieg in Hamburg herausspringen soll. Ein ziemlich unmögliches Unterfangen, denn Skipper Morgan Larson hat seinen Katamaran dieser Tage in Hamburg in 17 Rennen nur zweimal auf einen Platz schlechter als drei gesegelt.

Deshalb setzen die Schweizer zum Schluss noch einmal alles auf eine Karte. Sie segeln auf die linke Seite der Startlinie und wollen offenbar einen Steuerbord-Start wagen und ohne Wegerecht von links vor dem Feld vorbei rauschen.

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Eine hübsche Idee, wenn niemand auf einen achtet. Dann kann man sich schon einmal unbeobachtet am Feld vorbei mogeln. Aber Larson beobachtet seine Kontrahenten genau. Er nimmt sie ins Visier, schaltet in den Match-Race-Modus und fällt mit Wegerecht auf einen Kollisionskurs ab.

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Beim finalen Rennen unter dem Michel verspielte SAP nach früher Führung den Podiumsplatz. © Marina Könitzer

Er will den Gegner zur Wende oder zu einer Regelverletzung zwingen. Eine gute Idee, doch er hat die nahe Kaimauer nicht in die Überlegung mit einbezogen. Die Schweizer nutzen sie als Schutz. Sie werden zwar kalt erwischt von Larsons Angriff, aber der darf sie nicht auf das Hindernis drücken.

So befreit sich der junge Steuermann Arnaud Psarofaghis im Zweikampf mit seinem Vorgänger an der Alinghi-Pinne aus der Bredoullie. Das Duell wird plötzlich mit verkehrten Rollen ausgetragen. Der Schweizer rauscht mit Speed an den Hecks der Katamaran-Flotte vorbei und legt noch einen starken Start hin, der ihn sofort auf Rang drei bringt.

Zu viel gewollt

Das Kalkül des Amerikaners am Oman-Steuer geht dagegen überhaupt nicht auf. Er will zu viel und vielleicht im großen Stil seinen jungen Widersacher in die Schranken weisen. Stattdessen liegt er nach dem verlorenen Startzweikampf auf dem letzten Platz. Schlimmer geht es nicht.

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Die Omanis segeln im letzten Rennen hinterher und schaffen doch noch das entscheidende Überholmanöver. © Lloyd Images

Er gibt später zu: „Das war schon ein ungewohnt komisches Gefühl, verzweifelt um den vorletzten Platz zu kämpfen.“ In den folgenden 20 Minuten versucht sein Team alles, um sich nach vorne zu kämpfen. Jeder Punkt zählt, denn Alinghi vergrößert vorne den Abstand immer mehr.

An der letzten Wendemarke scheint das Spiel endgültig verloren für die Omanis. Sie verpassen die Anlieglinie, müssen noch zwei Wenden ausführen und runden gut eine dreiviertel Minute hinter dem Land Rover BAR Academy Team, das auf dem vorletzten Platz liegt.

Bloß nicht nach hinten sehen

Alinghi ist schon im Ziel auf Rang drei, aber hinten entscheidet sich, ob es für den Gesamtsieg in Hamburg ausreicht. Die Schweizer sehen gar nicht erst nach hinten. Sie haben es nicht mehr in der Hand.

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Red Bull beim „Flyern“. Die Crew sitzt in Lee, um den Luvrumpf aus dem Wasser zu heben. So schafft sie es noch aufs Podium. © Marina Könitzer

Und tatsächlich, Morgan Larson findet plötzlich einen Windstrich. Er beschleunigt auf fast 10 Knoten während die Land-Rover-Jungs in einem Windloch mit kaum mehr als 3 Knoten Speed verhungern. Oman Air ist plötzlich auf Kollisionskurs, hat Vorfahrt, erzwingt das Ausweichen des Gegners und schafft das eben noch für unmöglich gehaltene Comeback.

Aber das finale Drama ist immer noch nicht beendet. Es steht noch einmal alles auf Messers Schneide, als sich beide Teams auf verschiedenen Kursen wieder voneinander entfernen. Doch nun zeigt sich die Erfahrung und Nervenstärke der Omanis. Larson halst noch einmal auf die jungen Briten zu, um das Risiko zu minimieren. Er legt sich mit einer perfekt getimten Halse knapp vor die Gegner, nimmt sie in die Windabdeckung und segelt den Gesamtsieg nach Hause. Wow!

Drama bis zum Ende

Das Finale ist eher ein Leckerbissen für Taktik-Füchse. Kein Vergleich mit den Action geladenen Foiler-Rennen vom Vortag. Aber auch bei diesen grenzwertigen Bedingungen lieferte die Rennserie Dramen bis zum Ende.

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Das Oman-Team kann noch kaum glauben, dass es zum Sieg in Hamburg gereicht hat. © Lloyd Images

Denn auch um Rang drei auf dem Podium wird es spannend. SAP legt einen tollen Leestart hin und ist eigentlich auf und davon. Aber dann berechnen die Dänen die Anliegelinie zur Luvtonne zu knapp und müssen den Portugiesen ausweichen, obwohl die eine zusätzliche Wende einbauen.

Dann entscheiden sie sich für eine spätere Halse nach der Tonne und prompt rutschen Red Bull und Alinghi durch. Diese Reihenfolge bleibt bis zum Ziel bestehen und SAP rutscht vom Podium auf Rang vier ab. Besonders bitter: Red Bull ist punktgleich. Das bessere Finalrennen entscheidet als Tiebreaker.

Es fehlt ein deutsches Team

Vier spannende Tage sind in Hamburg beendet. Die Extreme Sailing Series hat wie schon im vergangenen Jahr gezeigt, dass sie den Segelsport in seiner ganzen Stärke zeigen kann. Die Foiler erzeugen noch einmal eine neue Dimension, von der sich die Zuschauer im Norden begeistern lassen.

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Chefschiedsricher Ewan McEwan. Die gelbe Flagge bedeutet eine Straf-Halse. © Marina Könitzer

Das Einzige, was fehlt, ist ein deutsches Team. Justus Schmidt und Max Böhme, die Europameister im 49er und Sparringspartner von Heil/Plößel, sind von den finalen Trainingseinheiten aus Rio angereist und haben in Hamburg schon einmal die Witterung aufgenommen. Und auch die jungen Finn-Dinghy-Segler Phillip Kasüske und Max Kohlhoff schauten sich das Spektakel an.

Nach den Olympischen Spielen werden die Weichen neu gestellt, und vielleicht gibt es einmal wieder eine deutsche Crew, die auf der großen internationalen Bühne mitspielen darf. Die Qualität der hiesigen Segler reicht allemal aus, um ganz vorne mitzuspielen.

Ergebnisse

Endstand Act 4 der Extreme Sailing Series in Hamburg
1. Oman Air (Oman) 188 Punkte
2. Alinghi (Schweiz) 187
3. Red Bull Sailing Team (Österreich) 166
4. SAP Extreme Sailing Team (Dänemark) 166
5. China One (China) 157
6. Sail Portugal – Visit Madeira 149
7. Land Rover BAR Academy (Großbritannien) 121
Team Turx (Türkei) nicht am Start

Zwischenstand der Extreme Sailing Series nach vier von acht Events
1. Oman Air (Oman) 47 Punkte
2. Red Bull Sailing Team (Österreich) 42
3. Alinghi (Schweiz) 41
4. SAP Extreme Sailing Team (Dänemark) 34
5. Land Rover BAR Academy (Großbritannien) 31
6. China One (China) 29
7. Sail Portugal – Visit Madeira (Portugal) 27
8. Team Turx (Türkei) 11

Ergebnisse Extreme Sailing Series Hamburg

Tracker Replay vom letzten Rennen

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Gruppenbild mit Dame. Die zweite Bürgermeisterin von Hamburg, Grünen-Politikerin Katharina Fegebank, posiert mit der Oman-Flagge. © Lloyd Images

Das entscheidende Finalrennen im Replay:

https://youtu.be/rJli7qjllyc?t=51m23s

Alinghi-Urgestein Nils Frei über das knapp verlorene Finale und eine mögliche Rückkehr zum America’s Cup:

Morgan Larson über das dramatische letzte Rennen:

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