Jeder Segler träumt von einem perfekt auf die Gegebenheiten seines vertrauten Segelreviers zugeschnittenen Segelyacht. Der Stuttgarter Auftraggeber des 36 Fuß Daysailers, welcher seit Sommer 2016 in der Hamburger Lütje Werft nach Plänen von Judel/Vrolijk & Co. entsteht, hatte spezielle, sich scheinbar widersprechende Vorstellungen:
Schnelles Regattaschiff, Einhand-geeignet, Segeltragezahl 6, Hafentiefgang 80 cm
Der Auftraggeber wollte eine Yacht, die selbst bei den bodenseetypischen Leichtwinden läuft und mit der er auch bei spätsommerlichem Niedrigwasser in seinem kleinen Privat-Hafen gefahrlos manövrieren und liegen kann.
Es sollte vor allem ein Daysailer konstruiert werden, der sich allein oder zu zweit leicht handhaben läßt. Zugleich einen vom Deckslayout her crewfähigen Racer für die klassischen Bodensee-Regatten wie Rundum oder Ostwest aber auch ein Boot, das selbst bei viel Wind mit Familie oder ungeübten Freunden problemlos zu segeln ist.
Diese fünf Eigenschaften schließen sich auf den ersten Blick gegenseitig aus. Bereits die geforderte Leichtwind-Performance läßt sich bei einem Einrümpfer bekanntlich nur mit einem üppig besegelten und leichten Boot erzielen, bei dem der Ballast so tief wie irgend möglich angeordnet ist. Damit schied ein Schwenk-Kiel, der geringen Tiefgang ermöglicht hätte, aus.
Inspiriert vom viel beachteten 35 Fuß Daysailer im traditionellem Kutter-Look, wie ihn die Lütje Werft im Herbst 2015 präsentierte, entwickelte die Werft zusammen mit dem Konstruktonsbüro für den schwäbischen Auftraggeber ein konsequent leichtes Boot mit der beeindruckenden Segeltragezahl 6. Dieser Wert verrechnet das Bootsgewicht mit der Besegelung und verspricht die Agilität einer Regattayacht.
Nach eingehender Beschäftigung mit verschiedenen Kielsystemen erhält das Boot einen innovativen Hubkiel, der in aufgeholtem Zustand über das Kajütdach hinausragt. Dieser bringt die geforderte Varianz von 175 cm (ganze 80 cm Liegeplatztiefgang bis 2,55 m in Segelstellung) mit dem maximalen Hebelarm und dank tief sitzender Ballastbombe einen tiefen Schwerpunkt. So wird eine vergleichsweise leichte Ballastbombe möglich. Das Boot gerät dadurch insgesamt agiler und schneller. Das Bleitorpedo hängt an einer geschweißten Edelstahlfinne, die von einem Kielkasten aus Verbundwerkstoffen geführt wird.
Ebenso wie der Kiel wird das Ruderblatt für den Liegeplatz in der Nähe von Lindau wie ein Schwert eingezogen. Es steckt in einer drehbaren Kassette. Diese wird ebenso wie der Hubkiel eine Spezialanfertigung.
Die anspruchsvolle Bauweise in gewichtsparendem Carbon- Sandwich soll das Boot leicht halten. Einen weiteren Beitrag zu den erwarteten Segeleigenschaften wird die smarte Ausstattung des aufgeräumten 36 Füßers unter Deck leisten: beispielsweise das leicht gehaltene Vorschiff. Diese Konsequenz sieht man bei Daysailern selten, wo das ursprüngliche Konzept leider oft zugunsten des Komforts verwässert wird. Dennoch wird es Annehmlichkeiten geben: Zwei gepolsterte Bänke, einen Kleiderspind und eine Kühlbox. Wie die Lütje 35 erhält das Boot ein freundlich helles Interieur mit hochwertigen Polsterbezügen.
Teils lamellierte Hölzer am Schottdurchgang, an der Tür, dem Niedergang und Skylightfassungen, als Schlingerleisten oder Umleimer in formschön verarbeitetem Mahagoni und Bodenbretter aus Teak werden eine schiffige und wohnliche Athmosphäre bieten.
Ein 18 Meter Karbonmast bietet 80 qm Am Wind Besegelung. Ein Southern Spars Rollbaum soll die Handhabung des 50 qm Großsegels erleichtern. Das bewußt übertakelte Boot – es wurde für leichten Wind bis 3 Bft optimiert – wird sich zum Familiensegeln mit gerefftem Groß, dessen im Top weit ausgestelltes Tuch dann unter den doppelten Achterstagen hindurch paßt, bequem handhaben lassen.
Sämtliche Fallen werden verdeckt zu den Winschpodesten in Reichweite des Steuermanns geführt. Im Unterschied zur Lütje 35, die sich der Auftraggeber gemeinsam mit Werftchef Jan Böhm in Palma de Mallorca genau angesehen hat, bekommt das Boot die Anmutung eines modernen Daysailers à la Brenta.
Die gewünsche Familientauglichkeit werden die langen Sitzbänke mit Platz für vier Personen hinter dem niedrigen Aufbau bieten. Der geschickt hinter dem Mast angeordnete T-Kiel läßt sich von 2,55 m auf zunächst 1,65 m anheben. Dann schließt die Oberkante der Finne bündig mit dem Kajütdach ab. Eine hydraulisch bewegte Talje hebt die Flosse bei der Ansteuerung des spätsommerlich flachen Liegeplatzes dann nochmals auf ganze 80 cm Tiefgang an. Dabei wird das Boot von einem 14 PS Yanmar mit Saildrive bewegt.
Das Boot erhält ein edles Teakdeck, einen glänzend lackierten Mahagoni-Aufbau und eine Plicht in Teak. Passend zur modernen Anmutung werden die unteren Cockpitwände in anthrazitgrau, der Farbe der Bordwand, lackiert.
Hinter dem Steuerstand wird in das offene Heck eine erhöhte Liegefläche zum Sonnenbaden eingelassen. Zeitgemäße Lösungen wie eine ins Vorschiff integrierte Vorsegel-Rollanlage Fabrikat Bartels, Carbon-Wanten, hochwertige Beschläge von Harken oder Spinlock passen zu diesem Projekt wie die bündig ins Deck eingelassenen Klampen, Scharniere und Padeyes. Die Montage einer Reling ist mit eingelassenen Grundplatten vorbereitet.
Ein 160 qm Gennaker mit etwa 1,60 m langem Carbonbaum bietet Power für schnelle Raumschotskurse.
Nach dem Motto „100 Prozent Custom“ und „klein aber fein“ baut die Werft jetzt diesen high tech Carbon Daysailer mit dem yachtbaulich anspruchsvollen Hubkiel. Das Boot wird in der Saison 2017 aufgetakelt. Der Eigner entschied sich trotz der räumlichen Entfernung aufgrund der positiven Berichterstattung in Fachzeitungen über den 35 Fuß Daysailer und der von ihm eingeholten erstklassigen Referenzen für die angesehene Hamburger Werft.
36 Fuß Dayracer von Lütje in Zahlen:
Länge: 11 m
Breite: 3 m
Tiefgang: ca. 0,80 bis 2,55 m
Maschine: 14 PS Yanmar Saildrive
Diesel: ca. 40 Liter
Verdrängung: ca. 3,4 t
Am Wind Besegelung: ca. 80 qm
Gennaker: 160 qm
Konstruktion: Judel/Vrolijk & Co.
Yachtwerft Lütje GmbH
Die 1956 von Günther Lütje am ehemaligen Hamburger Holzhafen gegründete Werft machte mit Sonderanfertigungen wie dem 41 Füßer „Bird of Dawning“, dem 70 Füßer „Yasooda“ oder dem 47 Füßer „Marlene“ und manchem Retro-Motorboot (Classic Coaster Range, 40 kn Renner „Feara“ oder Edelbarkassen wie „Elbe Eins“) von sich reden.
Yachtwerft Lütje GmbH, Kaltehofe Hinterdeich 5-7, 20539 Hamburg,
Tel. 040 – 78 56 51, Kontakt: Jan-Hendrik Böhm, www.luetje-yachts.com