Ben Ainslie verfolgt auf der Land Rover Team Basis entspannt die Challenger Finals und den erfolgreichen Auftritt seiner Youth Academy Crew. Der nächste Anlauf.
So richtig toll geht es Ben Ainslie nicht. Es wäre auch ein Wunder. Gerade dieser Mann akzeptiert keine Niederlagen. Sonst wäre er nicht der erfolgreichste Olympia-Segler aller Zeiten. Es zehrt an ihm. Er wirkt angeschlagen, als er durch den Raum mit Bar und Bildschirmen schlurft, wo Team und Fans auf der Land Rover Basis zwei Wochen lang mitgefiebert haben.
Die linke Schulter scheint noch etwas tiefer zu hänger als sonst. Er hüstelt mit belegter Stimme. Der Druck ist abgefallen. Der Körper lädt die Energie-Depots wieder auf. Ainslie ist urlaubsreif. Die wohlverdiente Auszeit mit Frau und Baby steht in Aussicht. Aber noch ist es nicht so weit.
In der nächsten Woche entscheidet sich ein wichtiger Teil der nahen Zukunft aller Profi-Segler, die zurzeit im America’s Cup engagiert sind. Bleibt der Cup so wie er ist – dafür müsste Oracle gewinnen – oder wird alles anders, wenn tatsächlich die Kiwis die Kanne wieder an das andere Ende der Welt entführen.
Gute Miene zum bösen Spiel
Ainslie würde gerne wieder cruisen gehen, wie in den Flitterwochen, aber es hilft nichts. Wenn der Sieger feststeht, werden die Weichen gestellt. Wer wird Challenger of Record, wer kommt neu ins Team, wie sollen die Regeln aussehen?
Der Brite macht gute Miene zum anstrengenden Spiel, lehnt keinen Selfie-Wunsch ab, und verfolgt gespannt den Auftritt des eigenen Nauchwuchsteams beim Youth America’s Cup. Es konnte viel von seiner Expertiese lernen. Schließlich beherrscht Ainslie als Sieger der World Series diese Boote wie kein anderer. Dieser Erfolg bestätigt, dass sein Team seglerisch bestens zusammengestellt ist.
Leider haben die AC45 kaum noch etwas mit den AC50 zu tun, mit denen um 35. America’s Cup gesegelt wird. Die Teams kämpfen bei diesem Spiel nicht mit gleichen Waffen. Der Speed hängt von den Kontroll-Systemen und dem Foil-Design ab. Da hatten die Briten Defizite, die von den Neuseeländern gnadenlos offengelegt wurden.
Ainslie sagt klar, dass er Fehler gemacht hat, auch wenn er nicht ins Detail geht. Eine Kröte, die er zu schlucken hatte war wohl der lange Verbleib in Portsmouth, wo das Land Rover BAR Team eine beeindruckende Basis gebaut hat. Die einheimischen Fans sollten auf dem Weg mitgenommen werden, und dafür musste das Team länger vor Ort bleiben, als es sportlich Sinn gemacht hat.
Hoher Windchill-Faktor
Klar, die Neuseeländer sind noch später nach Bermuda gereist. Aber sie hatten in der entscheidenden Phase in Auckland deutlich wärmere Trainingsbedingungen als im kalten England. Man mag es sich gar nicht den Windchill-Faktor auf einem AC50-Foiler vorstellen, wenn er 30 Knoten schnell gegen den Wind ankreuzt.
Jedenfalls war das Boot erschreckend langsam, als es in Bermuda erstmals gegen die Konkurrenz antrat. Ainslie sagt: „Wir wollten wirklich den Cup nachhause bringen, und ich werde jetzt nicht sagen, dass wir eigentlich nur lernen wollten. Wir sind bitter enttäuscht, dass wir bei diesem Cup nicht weiter gekommen sind und werden genau analysieren, was falsch gelaufen ist.“
Für ihn sei es die wichtigste Erkenntnis, dass von Anfang die Design-Strategie genau passen müsse. In der Vergangenheit habe man noch viel an Kiel oder Segeln ändern können. „Diesmal sind wir gezwungen worden, wichtige strategische Entscheidungen unter großem Zeitdruck zu fällen.“ Das sei durch den Rückstand von einem halben Jahr zu den starken Syndikaten und mit dem neu formierten Mannschaft nicht so gut gelungen.
„Wir haben uns dafür nicht genug Zeit genommen.“ Aber Ainslie merkt auch an, dass er selber extrem viel zu lernen hatte. „Noch nie war der America’s Cup für die Segler eine so große Herausforderung.“
Schwierige Aufgabe als Team-Leader und Steuermann
Auch die Führungsposition war neu für ihn. Der Brite ist das Aushängeschild des Land Rover Teams. Kein anderes Syndikat führt die Initialen seines Skippers im Namen. Es macht Sinn, um das Team zu präsentieren. Ainslie ist das Produkt, das verkauft wird. Dabei liegt ihm die Selbstdarstellerei überhaupt nicht.
Es war nicht einfach für den Einhandsegler, plötzlich einem riesigen Team vorzustehen. Schließlich will er besonders als Sportler hinter dem Lenkrad seine Leistung bringen. Und die geht ganz schnell den Bach runter, wenn man den sportlichen Fokus verlorier. Andere, die es versucht haben, sind gescheitert.
Chris Dickson zum Beispiel als Steuermann und CEO bei BMW Oracle BMW 2007. Er konnte nicht genug Aufgaben delegieren, verbreitete schlechte Stimmung, der Druck stieg, und schließlich schien er das Segeln verlernt zu haben. Genauso verlief die Entwicklung für den Dänen Jesper Bank als Chef und Lenker beim deutschen Team in Valencia.
Ainslie dagegen konnte seine Stärken als Match Race Weltmeister abrufen, war der erwartet beste Starter in der Box und die hörbare Kommunikation mit Taktiker Giles Scott schien auch angesichts von Niederlagen bestens zu funktionieren. Der Brite ließ sich zwar schon mal laut hörbar zu Grunz-Geräuschen hinreißen, wenn wieder einmal unerwartet ein Rumpf ins Wasser klatschte und die Technik Probleme bereitete, aber niemand konnte ihm das übel nehmen.
Unfinished business
Nun geht es weiter. Das Projekt „bring the Cup home“ ist unfinished business. Und Ainslie darf weiter machen. Land Rover bleibt ebenso an seiner Seite wie die 11th Hour Foundation. Das Ziel ist nicht aus den Augen verloren. Und es war kein PR-Gerede, als der Brite von den aufregendsten Segelerlebnissen seines Lebens berichtete.
Ben Ainslie blickt mit seiner TV-erfahrenen Frau Georgie auf das Ausscheiden beim Cup gegen Neuseeland zurück:
Er ist nicht mit dem Schnellsegeln aufgewachsen wie die 49er-Skipper Peter Burling oder Nathan Outteridge. Aber das war sicher nicht das Manko der Kampagne. Auch deshalb hat Ainslie für sich entschieden, dass er weiter am Steuer stehen möchte. Diese Art des Segelns hat ihn begeistert. Eine reine Management-Aufgabe ist nichts für ihn.
Man kann glauben, dass er seine Lektionen gelernt hat. Und die Stimmung im Team ist trotz der Niederlage so gut, dass der nächste Anlauf nicht in Frage steht. Das Land Rover BAR Team ist für den nächsten Anlauf bestens gerüstet. Und man kann Ainslie glauben wenn er sagt: „Ich bin hundertprozentig davon überzeugt, dass wir durch diese Erfahrung für das nächste Mal besser vorbereitet und viel stärker sein werden.“
Schließlich hat es bisher nur Alinghi geschafft, den America’s Cup beim ersten Anlauf zu gewinnen. Und das mit der einfachen Strategie, dem Verteidiger die besten Segler auszuspannen. Ainslie muss das nicht tun. Es macht den Eindruck, dass er nun ein Team zusammen hat, das sich durch die Niederlage nicht entzweit sondern gestählt wurde.
Schreibe einen Kommentar