Die Starboote stehen in den Startblöcken. Mit der offiziellen Eröffnung der Starboot-Weltmeisterschaft am Sonntagabend auf der Bühne der Kieler Woche im Olympiazentrum Schilksee ist der Kampf um den goldenen Stern, den jeder Starboot-Weltmeister im Segel tragen darf, entfacht. 83 Teams aus 18 Nationen werfen am morgigen Montag ab 13 Uhr ihren Hut in den Ring. Bis zum 11. September sind sechs Rennen auf der Kieler Außenförde geplant, dann wird der 99. Weltmeister dieser Traditionsklasse gekürt. Der Weltpräsident der Starboot-Klasse, Hubert Merkelbach, die Staatssekretärin des SH-Innenministeriums Kristina Herbst und Kieler-Woche-Regatta-Chef Dirk Ramhorst erklärten die WM um 18.50 Uhr für eröffnet.
Wenn die Stare zu einer internationalen Meisterschaft auflaufen, dann ist das immer ein besonderes Ereignis. Denn die 1910 entworfene Klasse war nicht nur bis 2012 bei 18 Olympischen Spielen vertreten, sie nimmt auch heute noch die weltbesten Segler für sich ein. Und der Reiz, Starboot zu segeln, überträgt sich auch auf den Nachwuchs. Eleganz paart sich mit purer Kraft bei diesem übertakelten Kielboot, das auch ohne Foils und Gennaker für berauschende Wellenritte sorgt. Dem kann sich auch Wettfahrtleiter Mandus Freese nicht entziehen: „Über 80 Stare an der Startlinie, dazu diese Prominenz im Feld – das ist schon cool. Natürlich kribbelt es auch bei mir. Aber wir haben ein erfahrenes Team in der Wettfahrtleitung, und auch die Vermessung in den beiden vergangenen Tagen ist problemlos gelaufen.“ Um das Mammutfeld, das lange Wettfahrten mit mindestens zwei Stunden Dauer segeln will, zu bewältigen, darf sich Mandus Freese auf den drei Kieler-Woche-Bahnen Charlie, Delta und Echo westlich vom Kieler Leuchtturm ausbreiten. „Wir brauchen den Platz, denn allein die Startkreuz muss bei den Staren nach den Klassenregeln zwei Seemeilen lang sein. Da muss ich je nach Windrichtung variieren können“, so Freese.
Vermessung in perfekter Abstimmung
Für eine perfekte Vorarbeit, dass alles regelkonform laufen kann, hat die Crew um Peter Möckl gesorgt. Der Münchner ist der Vermessungschef der internationalen Starboot-Klasse, selbst seit einem halben Jahrhundert in der Klasse aktiv, und hat mit seiner Kompetenz aus den vergangenen 15 Weltmeisterschaften und einem achtköpfigen Team Rümpfe, Riggs und Segel überprüft. „Solch eine WM-Vermessung beginnt bereits ein Jahr vorher. Nur dann kann man die Vermessung von über 80 Booten in zwei Tagen bewerkstelligen. Die Örtlichkeiten müssen vorbereitet sein, die Vermessungszeiten feststehen, das Helferteam muss engagiert arbeiten“, erklärt Möckl. In Kiel hat man ihm eine zwar junge und in Sachen Starboot noch unerfahrene Mannschaft an die Seite gestellt, aber „es hat super geklappt“, so Möckl. „Alle waren mit riesiger Freude und Engagement dabei. Nach kurzer Anlernzeit haben sie eigenständig gearbeitet.“
Durch die vorher durch die Crews online buchbaren Vermessungszeiten wurde an den beiden Tagen wie am Fließband gearbeitet. Mit ausreichend Platz im Eventzelt, der Heineken Star Class Lounge, waren die Segel bereits ausgerollt, als sie über die Schablonen auf dem Vermessungstisch geschoben wurden. „So konnten wir vier Segel in siebeneinhalb Minuten vermessen“, so Möckl. Masten und Bäumen wurden auf ihre korrekte Länge überprüft – nur bei einer Handvoll Masten mussten ein paar Millimeter abgeraspelt werden. Die Segel passten dagegen allesamt in die Vorgaben. „Das war nicht immer so. Zu einer WM lag für die Segel aus einer englischen Produktion schon die Schere bereit. Da mussten am Unterliek jeweils ein paar Zentimeter abgeschnitten werden. Die Streifen hingen schließlich wie Skalps an der Leine.“
Nur wenige Korrekturen nötig
Bei den Rümpfen mussten in Kiel lediglich die 20 Boote an die Waage, die noch bei keiner WM zuvor von Peter Möckl gewogen worden waren. Das Resultat: drei Stare bekamen Zusatzgewichte zwischen ein und vier Kilogramm verpasst. „Ein Nachteil ist das für die Crews auf keinen Fall. Jetzt sind sie am untersten Limit. Andere fahren sogar mit 20 Kilogramm Übergewicht über die Bahn. Zur letzten WM hat Mateusz Kusznierewicz sechseinhalb Kilo Blei an Bord nehmen müssen und ist Weltmeister geworden.“
Die grundsätzliche Vermessung der Stare erfolgt bereits in den Werften. Dafür reist Möckl nach Italien und Schweden und nimmt die Neubauten drei Tage unter die Lupe. Die Messbriefe mit allen Daten hat er dann bei sich auf dem Computer. „In diesem Jahr hatten wir 15 neue Stare aus drei Werften – zwei in Italien und eine in Schweden. In Stockholm wird der C-Star gebaut. Das ist übrigens die Form vom ehemaligen P-Star, den der Kieler Marc Pickel entwickelt hat.“
Nach den beiden intensiven Vermessungstagen ist der Job von Möckl zwar noch nicht beendet, denn er steht nun der Jury zur Seite, aber etwas entspannter kann er nun sein. Die Eröffnungszeremonie genoss der Vermessungschef im hellblauen Blazer – dem originalen Olympia-Dress von 1972.
Eröffnung im Trio
Auf der Bühne der Star-WM – in Sichtweite zum Olympiafeuer von 1972 – durfte der Starboot-Weltpräsident Hubert Merkelbach das Zeichen für den offiziellen Start geben. Er holte sich dafür Kristina Herbst, Staatssekretärin im Innenministerium von Schleswig-Holstein, und KiWo-Regattachef Dirk Ramhorst an seine Seite. Ramhorst und Herbst hatten zuvor die Bedeutung der Star-WM für Kiel und Schleswig-Holstein erklärt. Dirk Ramhorst erinnerte dabei mit einem leichten Zittern in der Stimme an seinen vor elf Monaten verstorbenen Mentor Dierk Thomsen, den ehemaligen Starboot-Weltpräsidenten und DSV-Präsidenten. „Ohne seine Vision von dieser fünften Starboot-WM in Kiel, ohne sein Standing in der Klasse ware diese Weltmeisterschaft in Kiel wohl nicht möglich gewesen“, so Ramhorst. Der Regattachef freut sich auf die Wettfahrten der Flotte mit vielen Medaillengewinnern und großen Namen.
Für Kristina Herbst war die WM-Eröffnung der Höhepunkt in einem ereignisreichen Sporttag. Zunächst hatte sie den Tag des Sports in Schleswig-Holstein mit über 300 Events im ganzen Land eröffnet, dann war sie nach Timmendorfer Strand gereist, um das Finale der Deutschen Beachvolleyball-Meisterschaft zu sehen und die Siegerinnen zu ehren. Und schließlich genoss sie den Eröffnungsmoment im Kreise internationaler Segelstars. Viele davon könnten im nächsten Jahr wiederkommen, wenn Kiel das 50-jährige Jubiläum der Olympischen Spiele von 1972 feiert. Damals waren auch die Starboote dabei – mit einem erfolgreichen Bronze-Auftritt von Willy Kuhweide und Karsten Meyer.
Einen großen Dank für die Organisation und Gastfreundschaft sandte Hubert Merkelbach an das Kieler Orga-Team. Insbesondere hob er Helge Spehr, den Kieler Flottenchef der Starboote, hervor. „Helge hat in den vergangenen zwei Jahren im Höchsttempo für diese WM gearbeitet.“ Wichtig war es Merkelbach aber auch, die Unterstützer der WM hervorzuheben. Denn ohne die Unternehmen Helly Hansen und Heineken sowie die Stadt Kiel und das Land Schleswig-Holstein wäre die Ausrichtung nicht möglich – der fünften Starboot-WM in Kiel nach 1939, 1966, 1977 und 1993.
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