Italien und Deutschland sind gemeinsam Weltmeister: Bei der Starboot-WM im Rahmen der Kieler Woche setzten sich Diegro Negri und sein Berliner Vorschoter Frithjof Kleen mit einer Demonstration der Stärke die Krone der ehemaligen Olympiaklasse auf. Nach der beeindruckenden Serie von drei Wettfahrtsiegen, einem zweiten und einem vierten Platz muss das Duo zum abschließenden Rennen am Samstag nicht mehr antreten. Die Konkurrenz von 82 Teams aus 18 Nationen kann nur gratulieren und kämpft morgen noch um Silber und Bronze sowie die weiteren Platzierungen.
Am Vorabend hatte sich das Duo im Hafen noch zurückhaltend präsentiert und trotz der überzeugenden Platzierungen und des herausragenden Speeds auf der Bahn keine Vorschusslorbeeren annehmen wollen. Am Freitag um 16:04 Uhr fiel die Anspannung dann ab: Mit dem Zieldurchgang des fünften Rennens, als Zweite hinter den WM-Titelverteidigern Mateusz Kusznierewicz/Bruno Prada (Polen/Brasilien), wussten die beiden, dass ihnen der Titel nicht mehr zu nehmen war. Einen Moment schien es zwar, als könnte Negri es noch nicht fassen. Dann atmete er tief durch, trommelte mit der flachen Hand auf den Rumpf seines Stars und fiel sich schließlich mit seinem Vorschoter in die Arme. Mit dem Daumen hoch nahmen sie die Glückwünsche der entthronten Titelverteidiger entgegen.
Zum Tagesauftakt dritter Sieg in Folge
Den Grundstein für diesen goldenen Freitag legten Negri/Kleen in der ersten Tageswettfahrt. Nach dem Start wählten sie die rechte Seite, lagen damit durch einen Winddreher goldrichtig. Als Erste kamen sie an der ersten Bahnmarke an und hatten mit dem weiter rechts drehenden Wind trotz der Verlegung der Bahn keine Probleme, den Sieg abzusichern.
Fast schien es wie ehemals in der Werbung: Kaiserwetter und guter Wind über der Kieler Förde – die Sieger: Negri/Kleen. Regen und flaue Brise auf Bahn Delta – die Sieger: Negri/Kleen. Egal, wie das Wetter war: Das italienisch-deutsche Duo Diego Negri/Frithjof Kleen hatte bei der Starboot-Weltmeisterschaft im Rahmen der Kieler Woche die Konkurrenz fest im Griff. Zum Abschluss konnten sie zwar nicht erneut als Erste die Ziellinie kreuzen. Aber das tat der Souveränität keinen Abbruch. Immer in der Nähe von Kusznierewicz/Prada und von Beginn an auf Rang zwei steuerten sie ihren Star über den Kurs, ließen sich auf der Zielkreuz auch vom sterbenden Wind nicht mehr bremsen. Mit viel Gewichtstrimm nach Lee und den letzten aus dem Boot herausgekitzelten Zehntelknoten schlichen sie durchs Ziel zum WM-Gold.
Vize-Fluch ist gebrochen
„Es ist ein Traum. Endlich habe ich den Titel“, sprudelte es aus Diego Negri im Hafen heraus. Nach drei Vizetiteln und einer WM-Bronze-Medaille ist das große Ziel erreicht. „Ich habe die WM immer nur um ein paar Punkte verloren, bin aber immer dran geblieben und habe probiert, was ich besser machen kann. Wir haben die Segel auf dem Gardasee weiterentwickelt und jetzt einen sehr guten Speed auf allen Kursen und unter allen Windbedingungen. Diesmal war ich bereit für alles. Es war die richtige Zeit.“ Ein dickes Lob des 50-jährigen Steuermanns ging an seinen zwölf Jahre jüngeren Vorschoter: „Frithjof war immer fokussiert, hat mich gepusht.“
Für Kleen ist der Titelgewinn nach 2014 mit Robert Stanjek das zweite WM-Gold. Vor sieben Jahren hatte er Negri mit einem Punkt Vorsprung die Star-Krone abgejagt, jetzt führte er ihn auf den Thron. „Diego sagt immer, ich bin nicht nett zu ihm auf dem Boot. Aber das musste so sein. In der Vergangenheit haben ihm in den entscheidenden Momenten die Nerven versagt. Heute wussten wir, dass es klappen kann. Nach dem Sieg in der ersten Wettfahrt brauchten wir noch ein Top-Vier-Ergebnis. Und das hat super funktioniert. Heute Abend wird groß gefeiert. Marc organisiert“, so Frithjof Kleen, der sich in der Sailing City auf seine Kieler Kumpel verlassen konnte. Während der WM wohnt er bei 49er-Olympia-Medaillengewinner Erik Heil, Ex-Starboot-Ass Marc Pickel und Ex-Drachenweltmeister Thomas Müller gaben Support. „Diese WM ist wirklich etwas Besonderes. Es war wie nach Hause zu kommen.“ Kleen ist nach Alexander Hagen erst der zweite Deutsche und der zwölfte Segler überhaupt, dem es in der 99-jährigen WM-Geschichte der Stare gelingt, einen zweiten Titel zu ersegeln.
Kampf um Silber und Bronze ist offen
Durch den vorzeitigen Sieg fehlte am Steg zwar der Champagner, aber mit einem guten Schluck Wein nahmen die neuen Weltmeister die Glückwünsche der Konkurrenz entgegen. „Ich freue mich für Frieda, aber ganz besonders für Diego. Nach drei Vizetiteln ist er endlich angekommen“, sagte der entthronte Weltmeister Mateusz Kusznierewicz. „Natürlich ist es schade für meinen Vorschoter Bruno. Der hätte hier gern seinen sechsten Titel gewonnen und damit den alleinigen WM-Rekord inne gehabt. Aber wir haben uns durch den gestern früh alle Chancen genommen.“ Am Donnerstagmorgen waren Kusznierewicz/Prada zu früh über der Startlinie und wurden disqualifiziert. Mit einem Sieg, zwei zweiten Rängen und einem siebten Platz sind sie vor dem Abschlussrennen am Samstag aber Zweite vor den Österreichern Johann Spitzauer/Hans-Christian Nehammer. Kusznierewicz: „Zwei Medaillen sind noch zu vergeben. Wir wollen eine!“ (hel/ra)
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