Vendée Globe: Boris Herrmann erklärt, warum ihn die Erfahrung stärker machen wird

„Ich bin sehr zufrieden“

Boris Herrmann erklärt seine Vendee Globe, die nicht so verlief, wie er sich erhofft hatte. Im Interview erklärt er, warum er dennoch glaubt, dass ihm diese Erfahrung für die erfolgreich Fortsetzung seiner IMOCA-Karriere sehr geholfen hat.

Boris Herrmann
Boris Herrmann freut sich auf ein nächstes Abenteuer. © Lloyd Images / Alea

Vendee Globe: Wie fühlen Sie sich nach mehr als 80 Tagen Regatta?

Ich bin wirklich einfach nur froh, hier zu sein, und ziemlich erleichtert. Es war ein ziemliches Abenteuer! Ich habe das Gefühl, dass ich seit Kap Hoorn nur noch gegen den Wind gesegelt bin und mich mit technischen Problemen herumgeschlagen habe. Ab diesem Zeitpunkt wurde es dann eher zu einem Abenteuer. In den letzten Tagen hatte ich 60 Knoten Wind, 10 Meter hohe Wellen am Kap Finisterre, ein paar Brecher, die das Boot umwarfen, ein zerrissenes Großsegel, und das alles mit einem beschädigten Foil. Am Ende war es wirklich sehr intensiv.

Boris Herrmann mit James Spithill (l.) und Pierre Casiraghi kurz nach dem Ziel. © Team Malizia

VG: Wie ist ihre Bilanz nach ihrer zweiten Vendée Globe hintereinander?

Ich bin mit meiner gesamten Regatta sehr zufrieden, selbst mit den schwierigen Momenten, die ich hatte. Vor allem ist die Vendée Globe ein Rennen gegen uns selbst. Es ist eine mentale Herausforderung, bei der man immer wieder Probleme überwinden muss. Und aus dieser Sicht ist es für mich sehr gut gelaufen. Ich war nicht allzu gestresst und selbst in den schwierigen Zeiten habe ich es genossen. Ich bin überzeugt, dass mir diese Erfahrung in Zukunft helfen wird.

VG: War es nicht frustrierend zurückzufallen, nachdem sie in der Nähe von Platz vier gesegelt sind?

Nein, ich bin mit meiner Leistung immer noch sehr zufrieden. Diese Erfahrung wird mich für die nächsten Wettkämpfe stärker machen. Ich habe gerade drei Tage in einem gigantischen Sturm verbracht. Davor habe ich es geschafft, die Ressourcen zu finden, auf den Mast zu klettern … Das sind viele Lektionen, die mir beim nächsten Mal mit etwas mehr Glück in der Praxis helfen können.

Herrmann mit seiner Tochter Malou. © Lloyd Images / Alea

VG: Wie war diese Vendée Globe für sie, wie haben sie sie erlebt?

Ich habe viele harte Schläge einstecken müssen, aber das hat mir letztlich Selbstvertrauen gegeben, weil ich immer Lösungen gefunden habe und sie umzusetzen konnte. Jeder Tag während der Vendée Globe ist anders, jeder Tag ist eine Überraschung, im Guten wie im Schlechten. Es liegt in der Natur des Abenteuers, dass man nie weiß, was als Nächstes passieren wird.

Herrmann und Davies. Sie haben zuletzt im Sturm aufeinander aufgepasst. © Oliver Blanchet / Alea

VG: Wie sind Sie mental mit dem Schaden an Ihrem Foil im Nordatlantik umgegangen?

Ich war wach, als ich den Aufprall hörte. Zuerst dachte ich, es sei nicht so schlimm. Ich war überrascht, als ich die mechanischen Folgen an dem Foil sah, das völlig ‚explodiert‘ war. Ich versuchte, die Situation zu bewältigen, indem ich so ruhig wie möglich blieb. Das Schwierigste ist es, mit dem ständigen Druck des Rennens umzugehen. Aber nach dem Schaden war meine einzige Sorge, das Boot sicher ins Ziel zu bringen. Reparieren, ein bisschen Handwerker sein, Lösungen finden, das alles hat mir Spaß gemacht. Sobald der Schaden aufgetreten war, änderte ich meine Einstellung und begann einen neuen Kampf.

VG: Was halten Sie von den heutigen IMOCAs? Sind sie zu extrem geworden?

Ich denke, wir gewöhnen uns an viele Dinge. Ich glaube nicht, dass die Maschine den Menschen übertrifft. Die Frage ist, wie wir es erleben. Ist das Leben an Bord noch akzeptabel und auszuhalten? Ich erinnere mich, dass ich an Bord langsamerer Boote mein Logbuch mit der Hand schreiben konnte. Heute ist das unmöglich: Selbst das Tippen auf einer Tastatur oder einem Telefon wird zu kompliziert, also machen wir Sprachnachrichten.

Boris Herrmann
Die Hände nach 80 Tagen auf See. © Oliver Blanchet / Alea

Ich habe schon immer gerne geträumt und einfach nur das Meer betrachtet. Dazu kommt man allerdings immer seltener. Und ja, wir kämpfen ein wenig mit der Maschine, aber das ist unsere Entscheidung. Das ist es, was uns reizt: das volle Potenzial des Bootes zu entdecken. Es ist auch inspirierend, die Leistung desjenigen zu sehen, der als Erster ins Ziel kommt. Charlie hat nach 64 Tagen auf See 16 Tage weniger Zeit damit verbracht, herumgeworfen zu werden! Ist das besser? Ich weiß es nicht. Aber mit diesen Geschwindigkeiten können wir Stürme leichter vermeiden. Ich denke, wir sollten die Entwicklung nicht verlangsamen, wir müssen vorankommen, Innovationen fördern und diese Boote noch aggressiver machen.

Quelle: Vendée Globe

2 Antworten zu „Vendée Globe: Boris Herrmann erklärt, warum ihn die Erfahrung stärker machen wird“

  1. PL_kaltheinrich

    sagt:

    B. Herrmann wird dieses Rennen nie gewinnen. Er ist einfach nicht competetiv genug. Verglichen mit der französischen Elite (und eigen herausragenden nicht französischen Segeln) fällt er ab, vor allem mental und kommunikativ.

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  2. Daumendrücker

    sagt:

    Boris‘ „Seit Kap Horn nur noch gegen den Wind gesegelt“ … das ist mir auch aufgefallen. Das haben andere Segler aus der gleichen Gruppe grösstenteils deutlich besser gelöst. Klingt im Interview so ein bisschen wie Schicksal.

    Nach dem Foil-Crash, bestätigt Boris im Interview“ , mit dem Regatta-Segeln aufgegeben zu haben. Für einen Profi-Regatta-Segler ist m.E. nicht adäquat. Die Hauptkonkurrenten aus dem vorderen Feld waren da deutlich kämpferischer.

    Für mich als Fan war der Abschluss in der entscheidenden Phase der Kampagne enttäuschend.

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