Jeder Karibiksegler kennt sie: Die Jugendlichen und jungen Männer, die sich um die einlaufenden Yachten bemühen und gerne, gegen harte Dollars, zu Diensten sind, um die Achterleine um die Palme am Ufer zu knoten: die Boat-Boys.
Sie treten vor allem im mittleren und südlichen Teil des karibischen Inselbogens auf. Je südlicher man kommt, desto agressiver wird der Kampf um die begehrte Trophäe Achterleine ausgetragen.
Das funktioniert oft folgendermaßen: Eine Yacht läuft in eine Bucht ein. Karibik-üblich hängt das Dingi an einer langen Leine am Heck. Schon weit vor dem Ankerplatz kommt ein junger Mann in einem Ruderboot wie wild dahergerudert und versucht durch Reden und Gesten die Yacht zu stoppen. Gelingt dies nicht so steuert er seine Nußschale an die passierende Yacht heran und wirft sich in das Beiboot, ohne sein eigenes Bötchen zu verlieren. So bekommt er einen kräftesparenden Lift in die Bucht hinein und die Aussicht auf den Palmenjob. Doch Vorsicht! Es gab schon Fälle, bei denen sich der Boat-Boy bei diesem riskanten Manöver verletzt hat (vielleicht auch vorgetäuscht). In jedem Falle ist der Yachtskipper haftbar! Lassen Sie also solches Vorgehen erst gar nicht zu.
Bei weiterer Annäherung an den Ankerplatz gesellen sich noch eine ganze Reihe von anderen Boys auf teilweise skurrilen Untersätzen rund um die Yacht, sie hängen sich samt Ruderboot, Surfbrett etc. längsseits an die Bordwand und versuchen den Job zu ergattern.
Meist bleibt einem gar nichts anderes übrig, als einem der Jungen die Leinenaufgabe zuzusprechen, was schlagartig den Zorn der übrigen Jungs auf sich zieht. Je ärmer die Insel, desto heftiger Reaktionen und teilweise sogar wüste Beschimpfungen. Lassen Sie sich nicht davon beirren, das gehört mit zum Ritual, auch, wenn eine regelrechte Schlägerei, ein kleines Seegefecht entsteht. Den Job kann nur einer übernehmen, und die leer ausgegangenen wenden sich bald der nächsten Yacht zu. Allerdings möchte jeder noch ein Schwätzchen halten und seine Zusatzleistungen an den Mann bzw. die Crew bringen: Muscheln, Schnecken und kunsthandwerkliche Arbeiten feilbieten, die Yacht und/oder das Beiboot während des Landausfluges bewachen, Einkäufe erledigen, am nächsten Morgen frisches Brot besorgen, Früchte, Fische, Lobster oder ein Taxi organisieren …
Es geht eigentlich alles … für Geld, denn umsonst sind diese Dienstleistungen nicht. Skipper und Crew müssen einfach bedenken, daß der nunmehr „angestellte“ Boy die Semmeln auch nur beim Supermarkt um die Ecke holt und für seine Dienste schnell mal schlappe einhundert Prozent aufschlägt. Dafür hat man allerdings den exclusiven Service, daß alles Gewünschte direkt zum Schiff geliefert wird.
Manche Urlaubsyachties erschrecken sich von dem, zugegeben manchmal recht aufdringlichen Gehabe der Boat-Boys, aber bei gegenseitigem Respekt klappt das Miteinander ganz prima.
Wichtig ist, daß einer der Jungs vom Skipper eindeutig – auch für die anderen – zum Auftragsempfänger bestimmt wird. Und nur mit ihm wird verhandelt bzw. das Anlegemanöver durchgeführt. Er bekommt die Leine. Liegt die Yacht dann fest so bekommt er auch sein Geld. In der Regel sind das 5 bis 10 EC (East Caribean Dollars). Natürlich nöchte er am folgenden Morgen auch für das Lösen der Palmenleine engagiert werden, doch das kann der Skipper noch offenlassen.
Nachdem der Auserwählte und seine Kollegen Gelegenheit hatten ihre Waren und Dienstleistungen anzupreisen, kann der Skipper die Boat-Boys darauf hinweisen, daß er und seine Crew nun alleine gelassen werden und ihre Privatsphäre haben möchten. Meiner Erfahrung nach löst sich der Pulk dann auch langsam auf, um auf den nächsten Yachtkunden zu warten und die Crew kann ihren Urlaub genießen.
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