Schon das Konzept ist ungewöhnlich: Das 20-Meter-Boot in High-end-Technologie ist hochseeregattatauglich mit enormem Speedpotential, wird aber nur von einer kleinen Crew mit sechs bis acht Mann gesegelt, der es auch auf dem Urlaubstörn an Bord an nichts mangelt.
Performance Racer-Cruiser nennen die Konstrukteure die neue Botin 65, die nach 14 Monaten Bauzeit bei KNIERIM Yachtbau auf den Namen „Caro“ getauft wurde und ihre überzeugende Jungfernfahrt auf der Kieler Förde absolvierte. Damit hat das Mitglied der Arbeitsgemeinschaft DEUTSCHE YACHTEN – Superyachts Germany nach zahlreichen namhaften Regattayachten, unter anderem dem ersten deutschen America’s Cupper „Germany I“ in 2006, erneut eine individuelle wie schnelle Schönheit der besonderen Art vom Stapel gelassen.
„Wir hatten für den in der Schweiz lebenden Eigner vor einigen Jahren schon einen 49-Füßer gebaut, mit dem er sehr zufrieden ist und den er auch behält“, sagt Knierim-Geschäftsführer Steffen Müller, „aber jetzt hat er sein Traumschiff realisiert.“ Für seine hohen Anforderungen fand der Eigner bei Botin Partners das schlüssigste Konzept zur Umsetzung. Das Konstruktionsbüro mit Hauptsitz im spanischen Santander stellte sich unter Führung von Marcelino Botins Partner Adolfo Carrau der Herausforderung über drei Monate mit einer Vielzahl von Designern und Ingenieuren.
Die besonders im Heck breite Rumpfform fällt sofort ins Auge, maximal sind es 5,20 Meter. Von 16,7 Tonnen Verdrängung hängen gut 45 Prozent als Ballast im Hubkiel, den sonst nur Fahrtenschiffe haben. So kann der Tiefgang von 4,80 Meter im Hafen auf drei Meter verkürzt werden. „Das aufrichtende Moment ist 15 Prozent höher, als bei der STP65-Rennyacht ‚Container‘, die wir 2009 fertiggestellt haben“, erklärt Steffen Müller. Deshalb muss auf der „Caro“ niemand zum Trimmen auf der hohen Kante sitzen.
Auch beim Setzen und Trimmen der schwarz-transparenten Karbon-Segel von Doyle fließt kein Tropfen Schweiß, nur auf Knopfdruck das Hydrauliköl in den Systemen. Sogenannte Grinder oder landläufig Kaffeemühlen, an denen Muskelmänner bei jeder Wende wie entfesselt kurbeln, gibt es im aufgeräumten Cockpit gar nicht. Egal ob Regattagroßbaum oder die Fahrtenvariante mit eindrehbarem Großsegel, alles funktioniert wie von allein. Deshalb gibt es eben auch nur acht Getränkehalter vor den beiden Steuerständen. Sonst würde so ein Boot gut gerne von 16 bis 20 Personen gesegelt werden.
Neben dem Hubkiel ist das Doppelruder unter Wasser eine Besonderheit, die auch unter hoher Geschwindigkeit beim Steuern für ein Höchstmaß an Kontrolle sorgen soll. Und der Top-Speed dürfte bei idealen Halbwindbedingungen so hoch sein, dass Carrau der Besatzung rät, ein Limit vorzugeben, das möglichst nicht überschritten werden sollte. Bei 566 Quadratmetern Segelfläche am gut 30 Meter übers Wasser aufragenden Karbon-Mast kein Wunder.
Apropos Karbon. Natürlich ist die „Caro“ aus harzvorgetränktem Kohlefaser-Prepreg, das klar layoutete Deck und die Strukturen mit Nomex-Waben als Sandwichkern, der Rumpf wegen der besseren Druckstabilität mit Schaumkern im Slamming-Bereich, wenn das Boot hart in die Wellen schlägt, aber auch bei unsanften Berührungen von Beibooten o. Ä.. Die Präzision der Formen, ob Rumpf, Deck oder Kielbombe garantiert bei KNIERIM fast schon selbstverständlich eine der gigantischen Fünf-Achs-Fräsen unter einem Zehntel Millimeter genau.
Wer maximal Gewicht sparen und trotzdem nicht auf Komfort verzichten will, stößt im Bootsbau schnell an Grenzen oder auf faule Kompromisse. Aber auf der Botin 65 hat die Mannschaft eine Pantry mit Herd statt eines Bunsenbrenners und der Eigner im Vorschiff seine eigene Kabine mit Nasszelle inklusive Dusche. Nur sind die Wasch- und WC-Becken halt rein aus Karbon. Genau wie die Sitzschale in der Navi-Ecke und eigentlich das gesamte Interieur, das jedoch mit einem hauchdünnen Cocobolo-Furnier als dezentes Chic überzogen wurde. Das harte Holz aus Mittelamerika hat einen dunkelorangen Ton und ist stark gefasert. Auch unter Deck haben die Bootsbauer von KNIERIM ganze Arbeit geleistet.
„Am Ende mussten wir lange überlegen, ob das Gesamtgewicht der Yacht noch ein sechs Millimeter dünnes Teakdeck verträgt“, verrät Müller und schaut es nun selbst gerne an, denn es gibt der „Caro“ das vielleicht entscheidende Stück Cruiser-Eleganz im Styling. Die Feuertaufe unter Wettkampfbedingungen folgt Mitte August beim Hochseeklassiker Rolex Fastnet Race. Dazu wird die Amateurcrew mit zwei hochdekorierten Profis verstärkt. Eine gute Figur macht der Neubau von KNIERIM dann sowieso.
Technische Daten der Botin 65 „Caro“:
Länge über alles: 20 Meter
Breite: 5,20 Meter
Tiefgang: 3 bis 4,80 Meter
Verdrängung: 16,7 Tonnen
Ballast: 7,6 Tonnen
Bauweise: Kohlefaser-Sandwich-Konstruktion
Masthöhe über Wasser: 30,30 Meter
Segelfläche am Wind: 226 Quadratmeter
davon Großsegel: 146 Quadratmeter
und Fock: 80 Quadratmeter
Segelfläche vor dem Wind: 566 Quadratmeter
Antriebsmaschine: 110 PS Volvo Penta D3
KNIERIM Yachtbau GmbH, Kiel und AG DEUTSCHE YACHTEN, Hamburg
Pressekontakt: Andreas Kling
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