Satzungsänderungen, Wahlen, Ehrungen, Berichte und das Thema Nachwuchsförderung standen im Mittelpunkt des Landesseglertages Baden-Württemberg, der Ende April im Württembergischen Yacht-Club (WYC) in Friedrichshafen stattfand.
Bevor es jedoch an die Berichte und die umfangreichen Wahlen ging (sechs Vorstandmitglieder, zwei Kassenprüfer, zwei Ersatzkassenprüfer und sechs Beiratsmitglieder), wurde zunächst die Satzung geändert. Wichtigster Bestandteil: Der Landes-Segler-Verband Baden-Württemberg wurde umbenannt in Segelverband Baden-Württemberg, die Seglerjugend in Segeljugend. Damit ist Baden-Württemberg nach Hamburg der zweite Landessegelverband, der sich einen geschlechterneutralen Namen gibt.
Nach zwei Jahren analoger Pause konnte die Vorsitzende Gabriele Kromer Schaal 40 Delegierte und Gäste in Friedrichshafen begrüßen. Insgesamt sind 25.092 Mitglieder, davon 2838 Jugendliche, in 132 Mitgliedsvereinen organisiert. „Zum Glück hatten wir im zweiten Corona-Jahr nicht mehr mit so schwerwiegenden Hürden wie Hafensperrungen und Grenzschließungen zu kämpfen“, so Kromer-Schaal, die gekonnt durch die Sitzung führte, über die Herausforderungen der vergangenen zwei Jahre. Doch trotz aller Probleme habe Corona dazu geführt, dass mehr Menschen Wassersport betrieben. Und während sich die Vereine über viele neue Mitglieder gefreut haben, hätten die Trainer unglaubliche Flexibilität beweisen müssen.
Dank der 2021 digital beschlossenen Beitragserhöhung sei der Verband gesund und sicher aufgestellt. Die Mehreinahmen dienten der Optimierung des Verbandsangebotes rund um den Segelsport. „Die Personalstelle Koordination für Nachwuchsförderung wurde mit Trainer Jakob Janich besetzt. Ein neues Motorboot wurde angeschafft. Es gab Fördermittel und Zuschüsse für breitensportliche Vereinsangebote für die Segeljugend, Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung von Jugendleitern, Trainern und Wettfahrtoffiziellen sowie Förderungen im Bereich Freizeit- und Fahrtensegeln“, trug Kromer-Schaal vor. Eine Ausgabenersparnis im Bereich Talentförderung und Jugend sei in der Vergangenheit und auch für die Zukunft nicht geplant gewesen. Der Ausfall vieler Angebote sei der Pandemie geschuldet, lieber hätte man das Geld jedoch ausgegeben, war der Tenor.
Das Thema Wasserschutz in den Gebieten Pfaffental, Sipplinger Berg, Bodensee-Gebiet bei Bodman-Ludwigshafen und Markelfinger Winkel dürfte auch in den kommenden Jahren Gesprächsthema bleiben, berichtete die Landesvorsitzende. Und das Thema der unterschiedlichen Genehmigungen von Stegen und/oder Bojenplätzen auf dem Bodensee wurde mit dem Hinweis, man könne auf das Gleichbehandlungsprinzip bestehen, besprochen.
Finanziell ist der Verband gut aufgestellt. Trotz des leichten Rückgangs der Mitgliedsvereine (132 statt 139) ist die Mitgliederzahl in den Jahren von 2019 bis 2021 von 25.007 auf 25.092 gestiegen. Dank der höheren Beitragseinnahmen, der geringeren Reisekosten (Pandemie-bedingt) und konstanter Zuschüsse fiel der Abschluss des Jahres 2021 um 40.000 Euro günstiger aus als geplant und lag leicht über dem von 2020. Für 2022 wird mit einem nahezu normalen Sportbetrieb gerechnet, so dass Mehrausgaben (insgesamt 42.000 Euro) bei Reisekosten, Talentsuche und -förderung, Jugend und im Personalwesen das Ergebnis drücken. Dennoch plant Schatzmeister (neu: Vorstand Finanzen) Christian Munz (Studentische Seglergemeinschaft Stuttgart/StSG) dank des konservativ aufgestellten Finanzplans mit einem Plus von über 50.000 Euro.
Sehr umfangreich waren die Satzungsänderungen. Neben zahlreichen sprachlichen Vereinfachungen, detaillierteren Bezeichnungen, der Klärung der Art der Mitgliedschaft und der Beschreibung der Haftung der Verbandsmitglieder wurde festgelegt, dass künftig alle Funktionsbeschreibungen geschlechtsneutral sind (neutrale Gender-Sprache). Die Mitgliedschaft im DSV und im LSB sind für die Mitgliedsvereine verpflichtend. Aufgrund der Corona-Erfahrungen wurden die Regelungen für Mitgliederversammlungen bei außergewöhnlichen Situationen angepasst. So ist ab sofort auch eine digitale Teilnahme an Versammlungen möglich. Stimmen können vor der Versammlung schriftlich eingereicht werden. Die Mitgliederversammlung ist unabhängig von der Teilnehmerzahl beschlussfähig. Beschlüsse bedürfen der einfachen Mehrheit, Satzungsänderungen einer Zwei-Drittel-Mehrheit.
Der Vorstand wurde neu benannt und um eine Person erweitert. Anstelle des Vorstandmitgliedes mit den Funktionen Wettsegeln und Führerscheinwesen gibt es künftig ein Vorstandsmitglied für das Wettsegeln und ein Vorstandmitglied für das Freizeit- und Fahrtensegeln. Alle Amtsperioden wurden von zwei auf drei Jahre verlängert.
Weiter wurden „dopingfreier Sport“ und die „Prävention und Intervention gegen sexuelle Gewalt“ im Leitbild des Verbandes festgeschrieben. Was sehr formell klingt, bedeutet eine solide Ausrichtung für die kommenden Aufgaben und Jahre.
Als anspruchsvolle Herausforderung bezeichnete Hartmut Desiderato die Zukunft der Förderung und Entwicklung im olympischen Segelsport. Der Obmann für Talentförderung und Leistungssport (der Begriff Talentförderung kommt bei den Vorstandsämtern in den Landesverbänden selten vor) blickte zurück auf ein erfolgreiches Jahr 2021. Regelmäßige Stützpunkt-Trainingsmaßnahmen im Landesleistungsstützpunkt/Bundesstützpunkt Friedrichshafen, 49 zentrale Maßnahmen im Bereich Trainings- und Wettkampfbetreuung (erstmals auch für iQ-Foils) und 15 Talentförderungsmaßnahmen für Optis stehen zu Buche.
Auch der Blick in die Zukunft bis 2024 macht Mut. Der Strukturplan mit der Basisförderung des Landes wurde angepasst abgesichert. Zudem wurde die Klassen-Politik angepasst. Vier der zehn olympischen Segeldisziplinen entfallen auf Surfen und Kiten. Und so wurden die olympischen iQ-Foils und die Nachwuchsklassen Techno Windfoil 130 und Techno 293 OD zusätzlich zu der neuen olympischen Klasse 470ern Mixed in den Strukturplan aufgenommen. Kiten werde sukzessive intergiert, so Desiderato, der die Segelvereine zur Unterstützung aufforderte. „Für die nachhaltige Absicherung unseres Fördersystems ist die grundlegende Nachwuchsarbeit in unseren Vereinen eine unverzichtbare Voraussetzung“.
25 Top-Platzierungen stehen in der Erfolgsbilanz der Aktiven aus Baden-Württemberg bei WM, EM, DM und Jugendmeisterschaften. Für 2022 sind neun Aktive in die Bundeskader berufen worden, 32 in den Landes- oder Talentkader.
Aus dem einstigen Bereich „Spezielle Segeldisziplinen“ mit integriertem Windsurfen ist inzwischen eine ganz besondere Disziplin geworden. Das Foilen trifft den Zeitgeist der Jugend, das spektakuläre „Fliegen“ wurde mit vier Disziplinen (mit Nacra 17 sogar fünf) ins olympische Programm aufgenommen, da neben dem Sport auch die Außenwirkung zählt. Hinter Aushängeschild Sebastian Kördel (NRV) aus Aach wachsen mit Jonne Heimann und Alisa Engelmann (beide WYC) zwei bereits erfolgreiche Talente in der iQ-Foil-Klasse nach. Auch Nikolas Götzke (WYC) in der Formula Foil Klasse und Jan Voster (WYC) beim Formula Kite Surfing (7. bei der Youth Sailing WM) machten schon auf sich aufmerksam. Die Nachwuchsklasse Techno 293 und die Racebord-Klasse finden allerdings bisher keinen Zuspruch.
Eine deutliche Umstellung von analog auf digital erlebte der Bereich Aus- und Weiterbildung in den Jahren 2020/2021, wobei die Umstellung auf Angebote im Netz schnell vorangetrieben wurde. 47 Seminare und Fortbildungsmodule fanden 2021 mit 422 Teilnehmern (46 Prozent aus Baden-Württemberg) statt. Insgesamt wurden von regional über national bis international (1x Wettfahrtleiter, 1x Umpire und 4x Schiedsrichter) 116 Lizenzen ausgestellt. Bei den Ranglisten-Regatten sank die Zahl von 278 (2019) auf 140 (2021), die Zahl der Aktiven von 1008 auf 642, berichtete Jürgen Graf, stellvertretender Vorsitzender für den Fachbereich Wettsegeln und Führerscheinwesen.
Daniel Wacker ergänzte aus dem Bereich Lehrwesen, dass für 2022 die Lehrgänge „Trainer-C Breitensport“ terminiert seien: Der Grundlehrgang findet vom 23. bis 27. Mai in Steinbach statt, der Aufbaulehrgang vom 26. August bis 2. September in Überlingen.
Auf ein sehr intensives erstes Amtsjahr blickte Erik Sander zurück, der Ende 2020 zum Beisitzer des Bereichs Freizeit- und Fahrtensegeln berufen und jetzt zum Vorstandsmitglied gewählt wurde. Unter dem regional geprägten Sammelbegriff „Kompetenzbänkle“ wurden zahlreiche vereinsrelevante Themen digital abgearbeitet. Vereinsboote, virtuelle Veranstaltungen, Aufgabenverteilung in Vorständen, Vereinskooperationen bei der Jugendarbeit, Ausbildungskonzepte, die „Robinson-Jolle“ für Grundschüler und das Thema „Corona kreativ“ wurden thematisiert.
Der Förderpreis „Segeln im Ländle“ für gelungene Vereinsarbeit mit Leuchtturmfunktion wurde während der Interboot 2021 erstmals vergeben (die Segler-Zeitung berichtete). Die Preise gingen an den Segelverein Schluchsee („Robinson-Projekt“), den Segel-Motorboot-Club Friedrichshafen („Segeln für alle“ – Aufbau einer neuen Clubflotte) und den Württembergischen Yacht-Club („Zukunft WYC“). Ein besonderes Anliegen Sanders ist die Reihe Revier-Vorstellung in der Segler-Zeitung und auf der Homepage. „Baden-Württemberg wird automatisch mit dem Bodensee gleichgesetzt“, so Sander, der betonte, dass sich hinter dem Begriff „sonstige Gewässer“ deutlich mehr verstecke. In zwölf Folgen werden die einzelnen Bereiche nun vorgestellt.
Bei der bereits am Vormittag stattgefundenen Tagung der Segeljugend zeigte sich, dass virtuelle Angebote extrem gut angenommen werden. Wegen des großen Bedarfs an virtuellen Angeboten und deren großer Beliebtheit bei der Jugend wurden 2021 insgesamt 20 Module im Trainer- und Jugendleiterbereich durchgeführt. Mit diesem virtuellen Aus- und Fortbildungsangebot in den Bereichen Trainer/Jugendleiter und Wettsegeln hätten sich der Segelverband Baden-Württemberg und dessen Segeljugend ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland gesichert, so Landesjugendobmann Fabian Bach, der nach zwölf erfolgreichen Amtsjahren nicht mehr zur Wiederwahl stand.
Nahezu alle 25 eingereichten Trainingsmaßnamen von zwölf Vereinen konnten gefördert werden. Der „Youth-Sailing-Award“ 2021 ging an die Jugendgruppe der Jollensegler Reichenau.
Die Berichte der regionalen Beisitzer Uwe Hempelmann (Sportbund Nordbaden), Wieland Schelkes (Sportbund Süd) und Michael Ort (Württembergischer LSB), die wie sämtliche Berichte des Vorstandes den Delegierten schriftlich zugesandt worden waren, rundeten den Seglertag ab. – Hermann Hell
Wahlen (alle einstimmig):
Vorsitzende: Gabriele Kromer-Schaal, Überlingen (SMCÜ)
Vorstand für das Wettsegeln und Stellvertretender Vorsitzender: Jürgen Graf, Kressbronn (StSG)
Vorstand für das Finanzwesen: Christian Munz, Stuttgart (StSG) – alle Wiederwahl
Vorstand für die Talentförderung und den Leistungssport: Bernd Hummernbrum, Immenstaad (Yachtclub Immenstaad)
Vorstand für das Freizeit- und Fahrtensegeln: Erik Sander, Kehl (Wassersport-Club Kehl-Goldscheuer/WCG) – alle Wiederwahl
Vorstand für die Segeljugend: Noch unbesetzt
Kassenprüfer
Konrad Huther (SMCÜ), Kuno Storz (Segelclub Bodman/SCBO)
Ersatzprüfer: Oswald Freivogel (WYC), Matthias Koch (BYCÜ)
Beisitzer und Beauftragte:
Beisitzer BSB Nord: Uwe Hempelmann, Beisitzer BSB Süd: Wieland Schelkes, Beisitzer Württembergischer Landessportverband: Michael Orth, Beisitzer für Lehrwesen: Daniel Wacker, Beisitzer für Segelsurfen: Michael Götzke, Beauftragter für Umwelt- und Naturschutz: Ehrenvorsitzender Reinhard Heinl – alle Wiederwahl
Landesseglertag 2023: am 18. März in Stuttgart oder am 25. März in Radolfzell
Ehrungen:
Zwölf Jahre Obmann für Talente und Leistungssport
Hartmut Desiderato (WYC) war zwölf Jahre Obmann für Talentförderung und Leistungssport. Dabei handelt es sich um seine insgesamt zweite Amtsperiode, denn mit einer Unterbrechung aus beruflichen Gründen gehört er seit 1981 zum Stab des Landesleistungszentrums in Friedrichshafen-Seemoos.
Desiderato hat sich mit großem Einsatz, Engagement und Nachdruck über vier Jahrzehnte für die ständige Verbesserung der finanziellen, strukturellen und personellen Voraussetzungen im Leistungssport eingesetzt. Durch Desideratos Einsatz wurde der Nachwuchsstützpunkt des Deutschen Segler-Verbands in Friedrichshafen eingerichtet. Als Anerkennung für seine herausragenden Verdienste um die Förderung des Sports innerhalb des Badischen Sportbundes Freiburg wurde Desiderato im Oktober 2021 vom Präsidenten Gundolf Fleischer mit der Ehrenmedaille in Gold des Badischen Sportbundes ausgezeichnet. Der Ehrenvorsitzende des Seglerverbandes Reinhard Heinl hielt eine emotionale Laudatio über seinen langjährigen Mitstreiter. „Du bist ein Urgestein der aktiven Verbandsarbeit, und Du übergibst ein bestelltes Feld“, so Heinl.
Zwölf Jahren Fullpower für die Jugend
Nach zwölf Jahren als Jugendobmann konnte Fabian Bach (Yachtclub Immenstaad und Kieler Yacht-Club) satzungsgemäß nicht mehr zu Wiederwahl antreten, bleibt dem Landesverband aber in der Geschäftsstelle erhalten.
Als Wettfahrtleiter, Schiedsrichter, Ausbilder und Landesjugendobmann war Bach nahezu omnipräsent. 2008 begann die Funktionärslaufbahn als nationaler Wettfahrtleiter, 2010 wurde der Immenstaader nationaler Schiedsrichter, seit 2012 ist Bach internationaler Wettfahrtleiter bei World Sailing.
2010 wurde Bach als Landesjugendobmann des Landes-Segler-Verbandes Baden-Württemberg Mitglied im Jugendsegelausschuss des DSV sowie Ausbilder für regionale Lizenzen im Landes-Segler-Verband und stieg im selben Jahr als stellvertretender Wettfahrtleiter bei Peter Ramcke ins Kieler-Woche-Boot.
Im Bereich Ausbildung folgten die Mitgliedschaft im Ausschuss für Ausbildung des DSV (2014 bis 2021) sowie der Aufstieg zum nationalen Ausbilder für Wettfahrtleiter im DSV (seit 2013), und seit 2016 ist Bach World Sailing Ausbilder für internationale Wettfahrtleiter.
Bei der Kieler Woche, der größten Regattaveranstaltung der Welt, ist Bach seit 2017 „Local PRO“. Dazu kommen zahlreiche Regatta-Einsätze als Wettfahrtleiter im In- und Ausland, bei internationalen Meisterschaften, Deutschen-, Europa- und Weltmeisterschaften.
2016 war Bach Mitglied im Wettfahrtkomitee der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro, 2018 Bahn-Wettfahrtleiter Olympische Jugendspiele in Buenos Aires, 2019 Bahn-Wettfahrtleiter bei den Youth Worlds Gdynia und Mitglied im Wettfahrtkomitee des olympischen Test-Events in Tokio.
Seit 2021 ist der Baden-Württemberger Mitglied im Race Management Sub-Committee bei World Sailing als Leiter der Arbeitsgruppe Ausbildung. „Mir wird sicherlich nicht langweilig“, so der 36-Jährige, dessen Stelle als Jugendobmann noch nicht wieder besetzt worden ist.
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