Die neue Kolumne von Stephan Boden: Kann man in nur drei Tagen Boots-Sachverständiger werden?

“Von Kaviarschnittchen rülpsen“

Mit recht hohem Anzeigendruck wirbt eine deutsche Firma auf Facebook mit einem dreitägigen Seminar für die Ausbildung zum Boots-Sachverständigen. Kann das sein? Die Antwort ist nicht so einfach, wie man denkt.

Kann man nach drei Tagen Ausbildung Gutachter werden? Foto: Stephan Boden

Wer oder was ist ein “Zetrum”? Wenn man sich das Logo eines Anbieters zur Ausbildung von Sachverständigen für Sportboote ansieht, fällt einem der Schreibfehler, das fehlende n, erst auf den zweiten Blick auf. Vielleicht ist das passend für die Betrachtung eines Angebotes, welches zwar rechtlich durchaus erlaubt ist, jedoch dennoch einige Fragen aufwirft. Und einen zweiten Blick erfordert.

Mir fiel der Anbieter auf, weil er auf Facebook sehr häufig Anzeigen schaltet und ich mit meinem Nutzerverhalten zur Interessensgruppe zähle. Da scheint recht hoher Werbedruck drin zu sein, angesichts der Häufigkeit, in der diese Werbeanzeigen aufpoppen.

Die dreitägigen Kurse, glaubt man der Webseite, sind immer gut gebucht bis ausgebucht. Vermutlich stimmt das sogar. Effektvoll zählt ein Countdown auf der Webseite die Tage bis zum nächsten Kurs herunter. Offenbar träumen viele Menschen davon, nach einem verlängerten Wochende in einem zu hell beleuchteten und stickigen Tagungsraum demnächst durch Cannes zu flanieren und Yachten von Oligarchen, Schönen und Reichen zu begutachten. Immerhin wird damit geworben, dass Sonntags nach 14 Uhr, wenn der Kurs abgeschlossen ist, die “Lizenz zur Gutachtenerstellung, Wertermittlung und Kaufberatung” erteilt wird. Diese Basis-Ausbildung gilt nur “für Sportboote bis 72 Fuß”.  Ach so ja, und vorher muss man 1.900,00 Euro berappen, inklusive 195,00 Euro Prüfungsgebühr. Dafür wird aber versprochen, dass “attraktive Gehalts- und Einstiegschancen in der Branche” warten. Besonders verlockend wird auf der Website häufig mit Begriffen wie “lizensiert” und “zertifiziert” herumgeworfen. 

Sogar eine Anwaltskanzlei, die rechtliche Inhalte in den Kursen lehrt, gibt es bei dem Kurs. Will man sich weiterbilden, gibt es entsprechende Vertiefungskurse. Es gibt zum Beispiel dreitägige Kurse, um “Motorenkunde-Praxis” und “Schiffselektrik” zu lernen. Kostet schlappe 2.400 Euro. Ein Klacks, wenn man erst mal auf Luxusyachten (bis 72 Fuß) zu Gast ist und nach getaner Arbeit abends in Monaco im Hotel von zu vielen Kaviarschnittchen und Moet dauernd rülpsen muss.  Denn auf Facebook steht: “Bist Du bereit für eine aufregende Karriere mit attraktiven Gehältern?” und “danach winken hohe Vergütungen!” 

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4 Antworten zu „Die neue Kolumne von Stephan Boden: Kann man in nur drei Tagen Boots-Sachverständiger werden?“

  1. Thomas Jung

    sagt:

    Stephan Boden warnt zu Recht vor „Sachverständigen“ bzw. „Gutachtern“ ohne ausreichende Qualifikation.
    Aus Kundensicht (=Auftraggeber) sollte bei nicht belegbar beruflich vorqualifizierten Personen unbedingt der Nachweis einer aktuellen, mit ausreichend hoher Versicherungssumme abgeschlossenen Vermögensschadenhaftpflichtversicherung verlangt werden. Vor einem solchen Nachweis sollte kein Auftrag erteilt werden. Liegt ein solcher Nachweis nicht vor: Hände weg von einem Auftrag an diese Person!

    Die Zwischenüberschrift in dem Beitrag „Halbwissen wird immer auffliegen“ hilft nicht, wenn das Auffliegen von Inkompetenz zu spät auffällt.

    Macht der fragliche Sachverständige im Rahmen seiner Tätigkeit aus einfacher Fahrlässigkeit (beispielsweise weil zu wenig Fachkunde zu dem jeweiligen Thema) Fehler, kann der geschädigte Auftraggeber zumindest versuchen, den Sachverständigen bzw. die hinter diesem stehende Versicherung in Regreß zu nehmen. Das wird dann zwar ein langer Weg und macht keinen Spaß, ist aber immer noch besser, als jemanden in Anspruch nehmen zu müssen, der womöglich selbst kein Vermögen zur Begleichung des durch ein fehlerhaftes Gutachten angerichteten Schadens hat.
    Da es leider keinen Direktanspruch gegen die Versicherung gibt, muss immer gegen den Sachverständigen persönlich vorgegangen werden. Der dann die Versicherung einschaltet, wenn sie besteht.

    1. Danke für die interessanten Aspekte. Ich werde das weiterhin verfolgen.

  2. Winfried Matuschek

    sagt:

    Sorry, aber Schreibfehler findet man in den Beiträgen der Segelreporter auch etliche.

    1. Aber nicht im Logo, oder?

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