Foiler haben das Segeln längst maßgeblich verändert, aber den Normalo-Cruiser beeinflusst es nicht. Bei einer anderen Revolution könnte es schneller gehen.
Das französische Design-Büro VPLP, dessen Konstruktionen die wichtigsten Speed-Weltrekorde im Segeln halten, will eine Entwicklung für den Normalo-Segler voran treiben. Sie glauben, dass die Zeit reif ist für das Flügelsegel.
Die aerodynamische Überlegenheit eines starren Profils ist längst bewiesen. Und das haben die jüngsten America’s Cup Entwicklungen bestätigt. Problematisch war bisher nur das Handling dieser Art „Segel“. Wenige Yacht-Eigner haben immer schnell einen Kran zur Hand, wenn sie gerade mal ihr Segel bergen oder reffen wollen.
Rollen, reffen, bergen
Aber nun stellt die Firma von Marc Van Peteghem und Vincent Lauriot-Prévost das zweiteilige Profilsegel Oceanwing vor, das man rollen, reffen, bergen und automatisch bedienen kann.
Seit sieben Jahren beschäftigt sich VPLP mit starren Profilsegeln. 2010 bestand eine Partnerschaft mit BMW Oracle für den Bau des legendären 625 Quadratmeter großen „BOR 90“-Flügels, mit dem die Amerikaner den 33. America’s Cup gewannen. Für 2013 halfen die Franzosen dem Artemis Team und sammelten auf diese Weise jede Menge Know How über die Technologie.
Aber dabei ging es immer um die möglichst beste Profilierung und Trimmbarkeit. Schnelles Bergen stand nie im Fokus. VPLP musste also selber eine Lösung erarbeiten. Nun präsentieren sie das Ergebnis.
Chance beim Normalo-Segler?
Auf einem acht-Meter-Trimaran installierten sie den Vortrieb, der völlig automatisch zu bedienen sein soll. Der Trimmer stellt über ein Tablet die gewünschte Profilform ein. Das soll so effektiv sein, dass im Vergleich zu einer konventionellen Besegelung für gleichen Vortrieb die Hälfte der Fläche ausreicht.
Irgendwann wollten solche Daten eigentlich auch einmal den Normalo-Segler überzeugen. Bessere Bedienbarkeit, effektiverer Vortrieb sind schlagende Argumente für den Fahrtensegler. Aber dennoch dürfte es schwierig werden. Denn er Segler ist doch eher konservativ gestrickt. Unter „gefällige Formen“ versteht er etwas anderes, als ein drehbares Profil, auch wenn es nun als Tuch über einen beweglichen Karbon-Rahmen gesetzt und um 360 Grad gedreht werden kann.
Viel spricht zwar dafür, dass die Segelboote der Zukunft einmal von einem solchen Flügelsegel angetrieben werden. Aber wenn heutzutage jemand ein solches Rigg auf seinem Schiff installieren sollte, wird er im Hafen eher einer der Liegeradfahrer nahe stehenden Spezies zugerechnet: Ein solcher mag effektive Technik schätzen, ist aber irgendwie anders.
Berufschiffahrt als Zielgruppe
Vielleicht haben die Franzosen diese schwierige Zielgruppe auch deshalb nicht alleine im Blick. Wichtiger ist ein Einsatz der Technik in der Berufschiffahrt. Da geht es um Kostenersparnis und Effizienz. Und die Ingenieure von VPLP haben ausgerechnet, dass je nach Route und Schiff zwischen 18 und 42 Prozent Treibstoff-Ersparnis möglich ist. Dabei sei aber eben besonders die Automatisierung wichtig, da auch eine ungeschulte Besatzung mit der Bedienung zurecht kommen muss.
Marc Van Peteghem sagt, dass man an weiteren Profilen arbeite, die sich für die Schiffahrt eignen. Schon vor zwei Jahren erregte VPLP Aufsehen mit der Design-Studie Komorebi, die für die Luxusyacht-Szene gedacht ist.
Bei der Segeltechnik ist zurzeit viel in Bewegung. Aber es muss sich zeigen, ob sich solch bahnbrechende Entwicklungen wirklich einmal auf dem Markt etablieren.
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