Die geplante Neuregelung des Bundesministeriums für Verkehr, die als „Sportschifffahrtsverordnung“ den Markt für Sportbootführerscheine öffnen und vereinfachen soll, sorgt überall für Diskussionen, für Pro und für Contra. Nun hat der Deutsche Seglerverband in einer Stellungnahme reagiert und seine Sichtweise dargelegt.

Die Stellungnahme des DSV im Wortlaut:
Positionierung des Deutschen Segler-Verbands zur geplanten Sportschifffahrtsverordnung
Der Deutsche Segler-Verband (DSV) begrüßt grundsätzlich jede Bestrebung, die Regelungen für die Sportschifffahrt zu vereinfachen und bürokratische Hürden für die Bürgerinnen und Bürger abzubauen. Einige der geplanten Änderungen im Prüfungswesen gehen sogar auf langjährige Forderungen des DSV zurück. Der DSV sträubt sich auch nicht gegen eine „Marktöffnung“ im Rahmen einer Ausschreibung der Beleihung.
Aber den aktuellen Entwurf des Bundesministeriums für Verkehr (BMV) zur geplanten Sportschifffahrtsverordnung lehnt der DSV entschieden ab. Die geplanten Regelungen zum Befähigungswesen sind rechtlich fragwürdig, unnötig bürokratisch und verschlechtern die
Qualität der Prüfung und damit auch der Ausbildung.
1. Warum der Entwurf problematisch ist
Der Staat zieht sich aus seiner Verantwortung zurück
Bislang führen die beliehenen Verbände unter der Fachaufsicht des BMV die Führerscheinprüfungen durch. Der Entwurf sieht vor, diese hoheitliche Aufgabe auf „anerkannte Verbände“ zu übertragen, ohne klare Kontrolle oder Aufsicht durch den Staat. Das heißt: Prüfungen würden künftig privat organisiert und durchgeführt werden – ein einmaliger Schritt in der Verkehrspolitik. Damit gibt der Staat seine Verantwortung für die Sicherheit auf dem Wasser ab.
Sicherheitsrisiko statt Qualitätsgewinn
Das Ministerium behauptet, das Sicherheitsniveau bleibe gleich – Belege dafür fehlen. Ein Gutachten des Ministeriums selbst zeigt das Gegenteil: Wo bereits heute Fahrerlaubnispflichten durch private Zertifikate ersetzt wurden, steigt die Unfallhäufigkeit deutlich.
Zudem sollen die Prüfungskosten künftig vom Markt geregelt werden. Marktbasierte Preise stehen aber im Widerspruch zu einer qualitätsgesicherten objektiven Prüfung. Sie führen unweigerlich zu Preisdumping und Qualitätsverlust. Und der Verlust an Qualität im Prüfungswesen gefährdet nicht nur das sichere Miteinander von Berufs- und Freizeitschifffahrt auf den hochfrequentierten Bundeswasserstraßen, sondern die Grundlage allen
verantwortungsvollen Wassersports in Deutschland.
Mehr Bürokratie, weniger Bürgernähe
Die geplanten Regelungen schaffen neue Hürden, statt Abläufe zu vereinfachen:
• Viele Menschen müssen künftig weite Wege zurücklegen, da ein Großteil der
praktischen Prüfungen nur an der Küste möglich ist.
• An zahlreichen Flüssen und Seen entfallen beliebte Prüfungsorte wie beispielsweise
der Bodensee oder der Chiemsee.
• Wiederholungsprüfungen sind erst nach vier Wochen möglich, nicht wie aktuell am
nächsten Tag.
• Wer bereits eine Fahrerlaubnis besitzt, muss künftig bei einer Umschreibung neue
medizinische Nachweise vorlegen.
• Die geforderten Tauglichkeitskriterien sind nach wie vor höher als beim KfzFührerschein.
Damit werden Bürgerinnen und Bürger belastet, statt entlastet.
Unsicherheit für Wassersportlerinnen und Wassersportler
Der bisherige amtliche Sportbootführerschein ist national und international anerkannt. Dieser soll nun durch private Verbandsscheine ersetzt werden, deren Anerkennung zeitlich auf fünf Jahre befristet ist und jederzeit entzogen werden kann. Das bedeutet: Niemand kann sich mehr sicher sein, ob ein bereits bestandener Prüfungsteil erhalten bleibt oder der Schein die Gültigkeit behält – ein unhaltbarer Zustand für die Bürgerinnen und Bürger.
2. Was stattdessen nötig wäre
Der DSV ist überzeugt: Das bestehende System funktioniert – es muss nur sinnvoll weiterentwickelt werden. Auch der Bundesrechnungshof hat bestätigt, dass das System der Beleihung geeignet ist – er empfiehlt lediglich Verbesserungen der Fachaufsicht durch das Ministerium.
Eine Ausschreibung der Beleihung könnte den Markt öffnen, ohne Qualität und Sicherheit zu gefährden.
Auch Digitalisierung und Bürokratieabbau sind innerhalb des bewährten Systems der Beleihung möglich. Dazu hat der DSV dem BMV bereits mehrfach konkrete Möglichkeiten (z. B. alle Befähigungsnachweise auf einer Checkkarte und auch eine Wallet-Lösung) vorgeschlagen.
3. Fazit
Der vorliegende Entwurf bedeutet mehr Unsicherheit und mehr Aufwand, vor allem aber bedeutet er deutlich weniger Sicherheit für alle, die auf dem Wasser unterwegs sind. Statt ein bewährtes System abzuschaffen, sollte das Ministerium dieses System – wie von
den beliehenen Verbänden seit Jahren vorgeschlagen – endlich entbürokratisieren und modernisieren. Im Sinne der Bürgerinnen und Bürger und im Sinne der Sicherheit auf unseren Wasserstraßen.
Quelle: DSV
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