Der Name Knierim hat weit über das Heimatrevier der Kieler Förde hinaus unter Yachteignern einen ausgezeichneten Klang. Er steht für allerfeinste Bootsbaukunst eines Werftbetriebs, der seit exakt 50 Jahren nicht nur eigene Geschichte geschrieben hat.
Als Familienunternehmen am 6. Januar 1965 von Günter Knierim gegründet, gaben sich Regattaszene und Fahrtensegler bei ihm wenig später in Laboe die Klinke in die Hand. Nach dem Umzug an den Nordostseekanal 2002 baut die Werft in zweiter Generation unter Führung von Gunnar Knierim individuelle High-Tech-Yachten von Weltformat, darunter den ersten und bisher einzigen deutschen America’s Cupper Germany I (2006) und den nur von Sonnenenergie angetriebenen 31-Meter-Katamaran TÛRANOR Planet Solar (2010).
Als Günter Knierim 1964 bei der Firma Stielau in Kiel-Ellerbek seinen Meister machte, hatte der leidenschaftliche Bootsbauer bereits die Selbstständigkeit im Visier. Ein Bürojob kam für den heute 81-jährigen ohnehin nicht in Frage; und das Gelände beim ehemaligen Rettungsschuppen am Laboer Hafen schien prädestiniert für die Gründung der Yacht- und Bootswerft Günter Knierim. Fischer vom Ostufer trieben ihn, dort eine Slipanlage zur Wartung und Reparatur ihrer Kutter zu bauen. „Mindestens 25 kamen dann jede Saison, auch um Planken oder schon mal einen Steven in Massivholz auszutauschen“, erinnert sich der Inhaber, der mit einem Gesellen anfing und bald auf vier Mitarbeiter aufstockte.
Doch die Berufsfischerei hatte wenig Zukunft. Während die Fangflotte ausdünnte, konzentrierte sich der Regattasegler Knierim bereits auf Sportboote. Sperrholzkaskos (oft von Fa. Sommerfeldt) wurden ausgebaut und auch eigene Yachten auf Kiel gelegt. Der Vierteltonner „Vagabund“, ein Knickspanter aus Sperrholz, war Mitte der 70er-Jahre Vorbild für drei Nachbauten. Es folgte der erste Vierteltonner aus formverleimtem Sperrholz, die „Attacke“, und die „Kninispri“, mit der Günter Knierim, Konstrukteur Georg Nissen und Segelmacher Niels Springer 1983 in Südfrankreich Minitonner-Weltmeister wurden.
Obwohl bekannte Regattayachten das Image der Bootsbauer maßgeblich bestimmten, gab es auch immer wieder viel beachtete Tourenschiffe made by Knierim. Das größte seinerzeit war 1984/85 die 14 Meter lange Olav Trygvason, Nachbau eines englischen Lotsenkutters für den Seekartenverleger Hasko Scheidt aus Arnis. „Das Boot passte gar nicht in unsere Halle“, so Günter Knierim, „dafür mussten wir sie durch zwei Schiebetüren hindurch verlängern.“ Damals hatte die Werft durch den Zukauf einer benachbarten Rammfirma schon 2000 Quadratmeter Gelände, und war „immer noch viel zu klein.“
Zu den vielen Lehrlingen, in jedem Jahrgang mindestens einer, gehörte 1986 auch Gunnar Knierim. Der Hochseesegler gewann unter anderen als Vorschiffsmann auf der Pinta von Willi Illbruck 1993 den Admiral’s Cup für Deutschland, die inoffizielle Mannschaftsweltmeisterschaft. Über Illbrucks Yachten und die Cup-Szene blickte er auch in die neuseeländische Bootsbauzunft und lernte ausgefeilte Composite-Technologien kennen. Als „Außendienstler“ an Bord brachte der Junior zahlreiche Aufträge nach Laboe, in den 90er-Jahren erste Adresse vieler Rennziegen. Schon damals waren die Meisterprüfung und konsequenterweise die spätere Übernahme des väterlichen Betriebs der vorgezeichnete Werdegang.
1999 übernahm Gunnar Knierim das Ruder und peilte zwei Jahre später den Umzug auf ein wesentlich größeres Areal einer ehemaligen Papierlagerhalle am Nordostseekanal unweit der Holtenauer Schleuse an. Ein mutiger Schritt, der zunächst seiner Mutter schlaflose Nächte bereitete, aber bis heute rund 30 Neubauten vom komfortablen Reiseschiff für die Weltumseglung bis zum Hightechracer hervorbrachte.
Die Zahl der Angestellten stieg von zwölf bis 16 auf rund 45 und in Spitzenzeiten mehr als 70 zu den Großprojekten. Vor allem diese brachten der KNIERIM Yachtbau GmbH höchstes Lob und Anerkennung ein – ob von den Stadtvätern Kiels als mittelständischer Vorzeigebetrieb mit hochqualifizierter Belegschaft oder von Partnerunternehmen in der Arbeitsgruppe DEUTSCHE YACHTEN.
Mit dem 26 Meter langen Maxi UCA stieß die von Gunnar Knierim und Kaufmann Steffen Müller inzwischen gemeinsam geführte Werft 2002 in neue Dimensionen vor. Der Ende vorigen Jahres verstorbene Kieler Industrieunternehmer und ehemalige Arbeitgeberpräsident Klaus Murmann, der sich auch bei KNIERIM engagierte, ließ die Yacht für die Transatlantikregatta DaimlerChrysler North Atlantic Challenge 2003 bauen. Sie wurde schnellstes von 63 gestarteten Schiffen.
Obwohl ihr dieser Triumph versagt blieb, so war die Germany I der ersten deutschen America’s Cup-Kampagne in der mehr als 150-jährigen Geschichte der berühmtesten Segelregatta überhaupt ein technologischer Prestigebau par excellence. 2006 wurde der Cupper von der Gattin des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler vor dem Kieler Yacht-Club getauft.
Prominenz mit Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen an der Spitze verfolgte 2010 den Stapellauf des von KNIERIM maßgeblich mit konzipierten Solarkatamarans TÛRANOR Planet Solar. Mit 31 Metern Länge und 15 Metern Breite ist es bis heute das größte nur von Sonnenenergie angetriebene Wasserfahrzeug der Welt, die es seitdem vollkommen CO2-neutral umrundet hat.
Zur stolzen Reihe der KNIERIM-Bauten gehören so klangvolle Namen wie „Bank von Bremen“ (2006), „Container“ (2009), „Varuna“ (2012) und andere mehr. Zwischendurch wartete die Werft mit eigenen Modellen wie in 2010 der zehn Meter langen Knierim P33 unter Segeln oder 2013 dem schnellem Motorboot Knierim Runabout 36 auf. Voriges Jahr lief mit der 18,30 Meter langen Knierim 60 eine wirklich schnelle Reisesegelyacht am Kanal vom Stapel.
Derzeit ist ein außergewöhnliches 53-Fuß-Boot in Bau, das in Kürze vorgestellt werden soll. Außerdem steht die Kiellegung einer 57 Fuß langen Hightech-Regattayacht bevor. Auftraggeber sind Eigner mit ganz eigenen Vorstellungen vom Leistungspotential bis zum Interieur. Denn wer bei KNIERIM seine Traumyacht verwirklichen lässt, will kein Serienboot von der Stange.
Stattdessen bekommt er eine Qualitätsstufe, die ihresgleichen sucht: höchste Belastbarkeit bei geringem Gewicht, millimetergenaue Designtreue und ein außergewöhnliches Finish. Denn die Urformen für Rumpf und Deck wie auch Ruder, Kiel, Schotten und andere Strukturteile werden seit 2005 im eigenen Unternehmenszweig KNIERIM Tooling von hochmodernen 5-Achs-Maschinen selbst gefräst.
Zwei der drei CMS-Poseidon-Fräsen sind mehr als 30 Meter lang, 8,50 Meter breit und vier Meter hoch. Sie leisten außerordentlich präzisen Formbau für Rotorblätter von Windkraftanlagen, in der Luft- und Schifffahrt sowie großer Industrieteile und Decksausrüstung von Megayachten. Längst gibt es nicht nur positive Urformen, sondern auch direkte Negativformen der so genannten DFT-Technologie (Direct Female Tooling).
Außerdem befindet sich auf dem mehr als 20.000 Quadratmeter großen Betriebsgelände ein Winterlager, das ab März allmählich zu Ende geht. Manche Yachten bekommen vorher noch ein Refit, Reparaturen, Umbauten oder eine neue Lackierung in der Werft. Für den gesamten Bereich der Yachtausrüstung wurde unter dem Dach der Kieler Uferstraße 100 zudem die KNIERIM Yachts n’ Technics unter Geschäftsführer Edward Reinholdt gegründet.
Darüber hinaus profitieren durch eng verzahnte Zusammenarbeit mit namhaften Zulieferern und ausgewählten Subunternehmen auch andere Firmen aus der Region vom Erfolg eines halben Jahrhunderts, das im Sommer vor der Kieler Woche unter anderem mit offenen Werfttoren gebührend gefeiert werden soll. Ansonsten „wollen wir nichts weiter, als gute Boote bauen“, so das KNIERIM-Credo. Der eigene Anspruch als prägnante Philosophie für die nächsten 50 Jahre.
Quelle: Andreas Kling
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