Krisengebiete: Französischer Segler im Jemen festgehalten – „wollte nur Wasser bunkern!“

Ein Monat ohne Lebenszeichen

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Letztes Foto von Alain Goma (rechts), kurz nach seiner Ankunft im Jemen © jehol2

Der Einhandsegler Alain Goma hatte sich mit der Trinkwasserration verrechnet, musste auf dem Weg nach Dschibouti vorzeitig gen Jemen abdrehen. Dort geriet er in einen militärischen Konflikt.

Eigentlich wollte der Franzose Alain Goma auf seiner Yacht nach Indien segeln. Im August 2017 war er in Südfrankreich zu einem Törn der etwas anderen Art gestartet. Nicht die klassischen Barfußrouten über den Atlantik und in die Karibik interessierten den erfahrenen Einhandsegler, sondern seglerische Exotik: Routen, die eher selten von der Blauwassergemeinde befahren werden. 

Gomas erstes „großes“ Ziel sollte Kalkutta sein – Anreise durchs Rote Meer. Dass er dabei unweigerlich auch an Küsten entlang segeln wird, die zu den unsichersten der Welt zählen, mag aus heutiger Sicht etwas „unvorsichtig“ erscheinen.

Anfang Juni 2018 segelte Gomas mitten im Roten Meer auf die Bab Al Mandaib-Meerenge zu. Sein nächstes Etappenziel war Djibouti, von wo aus er den „großen Schlag“ hinüber nach Indien machen wollte. Doch die Winde wehten nicht wie erhofft. Und der Franzose stellte bald fest, dass sein Süßwasservorrat nicht bis zum Horn von Afrika reichen würde. 

Also steuerte er die jemenitische Hafenstadt al Hudaida an – ein 650.000-Einwohner-Moloch, der bereits seit Wochen im Zentrum des Bürgerkrieg in Jemen stand. 

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Alain Goma, Einhandsegler auf dem Weg nach Indien © jehol 2

Worüber Gomas offensichtlich nicht informiert war. Jedenfalls segelte er am 3. Juni bei Dunkelheit in den Hafen, legte an… und bekam sofort „Besuch“. Eine Delegation aus Militärs, Zollbeamten, Polizisten und schwer bewaffneten „Sicherheitsleuten“ nahmen den Segler verbal in die Mangel. 

In dieser Nacht schickte Gomas seine vorerst letzte SMS an seine Familie: „Man hat mir reichlich Wasser gegeben. Hier herrscht Krieg!“ 

Denkbar ungünstigster Zeitpunkt

Als eine Woche später immer noch kein Lebenszeichen von Gomas gesendet wurde, begannen Familie und Freunde eine groß angelegte Suche im Internet. Auch die französischen Medien interessierten sich für den „Fall Gomas“. Tageszeitungen und TV-Sender brachten kurze Berichte und stellten immer wieder die gleiche Frage: Wo ist Alain? 

Das konnte auch das französische Auswärtige Amt – zuständig für solche Problemfälle rund um französische Staatsbürger im Ausland – nicht eindeutig beantworten. Zwar führte man Gespräche mit den Behörden in al Hudaida, konnte aber offensichtlich keinen Kontakt zu dem Segler herstellen. 

Bis heute weiß man nicht, wo Alain Gomas abgeblieben ist. Auch ob sein Boot noch im Hafen liegt, lässt sich nicht klären. Kenner der Region sagen, dass Goma zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt den Jemen ansteuerte. Es sei schon ein Wunder gewesen, dass er nicht gleich in der Hafeneinfahrt unter Beschuss genommen wurde. 

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Bei der Abfahrt in Südfrankreich, August 2017 © jehol 2

Die Stadt Al Hudaida ist ein wichtiger Handelsplatz für das hoffnungslos verarmte Jemen und somit auch ein wichtiger Schauplatz im seit 2015 schwelenden Konflikt zwischen regierungsfreundlichen Kräften (u.a. unterstützt von Saudi Arabien) und Houthis-Rebellen, die wiederum vom Iran unterstützt werden. Bis heute ist nicht eindeutig klar, welche Bereiche der Stadt von welchen Truppen bzw. Gruppierungen kontrolliert werden. 

Schlimmste humanitäre Krise

Das macht auch eine Intervention des französischen Staates höchst kompliziert. Denn Frankreich ist ebenfalls militärisch involviert – lokale jemenitische Medien haben jedenfalls schon im Internet vermutet, dass der Segler Goma auch ein französischer Spion sein könne. 

In dem Konflikt starben bislang mehr als 10.000 Menschen und Hunderttausende wurden obdachlos bzw. sind auf der Flucht. Die UNO bezeichnet die Situation im Jemen als „schlimmste humanitäre Krise“. 

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Hier legte der französische Segler zuletzt an. © jehol2

Nach Aussagen der französischen Botschaft von 20.Juni werde Alain Goma vom jemenitischen Zoll festgehalten. Dass er über einen Monat lang keinen Kontakt mit seiner Familie aufnehmen durfte, besorgt einerseits und verständlicherweise Gomas Familie und Freundeskreise, lässt andrerseits aber auch vermuten, dass hinter den Kulissen bereits „Fäden“ für seine baldige Freilassung gezogen werden. 

Klar ist: Selbst wenn in den letzten Monaten häufig von deutlich reduzierten Piratenüberfällen am Horn von Afrika berichtet wurde, ist die Region für Segler alles andere als sicher! 

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