Im Sommer meisterte Jazz Turner (26) die 2000 Meilen lange Einhand-Umrundung der britischen Inseln – trotz Handicaps. Nun berichtete sie genauer von der dramatischen Grundberührung mit ihrer Albin Vega 27. Die Rollstuhlfahrerin befreite sich mit zwei Ankern. Nun wollte sie um die Welt segeln. Warum der Traum platzt.

„Wir haben die sehr traurige Nachricht erhalten, dass Jazz Turner sich aufgrund ihres verschlechterten Gesundheitszustands aus dem World Star 2026 zurückziehen muss. Wir wissen, wie viel Jazz dieses Rennen bedeutet hat. Sie arbeitete unermüdlich daran, alles auf die Reihe zu bekommen, und hatte kürzlich den perfekten Sponsor sowie das perfekte Boot gefunden, um sich ihren Traum zu erfüllen.“
So berichtet es der Royal Western Yacht Club (RWYC) in Plymouth, der 2026 erstmals das WorldStar ausrichten will, eine Nonstop-Amateur-Regatta um die Welt für Yachten zwischen 35 und 60 Fuß. Die für die Auszeichnung Rolex World Sailor of the Year nominierte Turner wollte bei der Premiere dabei sein. Die Veranstalter hoffen auf 40 Yachten.
Wir kennen das: Vor großen Hoch- und Überseeregatten liest man solche Absagen von Teilnehmern häufiger. Erst recht, wenn es sich um finanziell und logistisch aufwendige Regatten wie eine Weltumsegelung handelt. Im größtmöglichen Mitleidsfall bedauert man dann die betroffenen Segler kurz … und geht zum nächsten Thema über. Pech gehabt, aus der Traum, neue Chance, neues Glück. Oder so.
Im Interview mit Coach Jon Emmett:
Doch bei Jazz Turner ist alles anders. Die 26-jährige Britin ist eine Para-Seglerin mit einem der härtesten Lebenswege, die der moderne Segelsport kennt. Dass nun ausgerechnet diese Frau von einem Rennen zurücktritt, das für sie erklärtermaßen „der Gral ihres Sports“ ist, kann nur eines bedeuten: Nicht der Mut hat sie verlassen, sondern ihr Gesundheitszustand hat sich nochmals dramatisch verschlechtert. Es ist ein Rückzug, der genauso viel über Jazz Turner erzählt wie ihre bisherigen Erfolge auf See: über Unbeugsamkeit, Verletzlichkeit und über das Ringen um Selbstbestimmung angesichts einer lebensbedrohlichen Erkrankung.
Die Beine tragen nicht das Gewicht des Körpers
In der Welt des Hochseesegelns ist es selten, dass jemand über Krankheit so ehrlich spricht wie Turner. Sie lebt mit dem hypermobilen Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS), einer genetischen Bindegewebserkrankung, die zu nicht enden wollenden Schmerzen, häufigen Gelenkausrenkungen und Ohnmachtsanfällen führt. Dabei tragen Turners Beine das Körpergewicht nur für Sekunden.
Turners Erkrankung wurde erst mit 18 Jahren diagnostiziert, obwohl die Veranlagung schon von Geburt an bestand. Die Symptome verstärkten sich mit den Jahren, heute ist sie dauerhaft auf einen Rollstuhl angewiesen. Hinzu kommen POTS-Symptome (autonome Funktionsstörung des Nervensystems), starke Erschöpfungszustände sowie erhebliche Probleme bei Nahrungsaufnahme und Flüssigkeitszufuhr.

In Interviews sagte sie wiederholt, dass sie nicht wisse, wie lange sie noch leben werde; Ärzte hatten ihr noch vor einem Jahr teils nur Monate prognostiziert. Für viele wäre dies ein ausreichender Grund, gewisse Träume aufzugeben, vor deren Realisierung selbst erfahrene Hochseesegler warnen. Nicht für sie. „Wie lebt man weiter, wenn man nicht weiß, wie lange? Man plant, als hätte man ewig Zeit, aber lebt, als sei heute alles, was zählt“, wiederholt sie gerne in Interviews, die sie im Laufe ihrer sportlichen Karriere gegeben hat.
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