Stephan Bodens Kolumne: Meeres- und Umweltschutz. Wie grün sind wir Segler?

„Jeden Tag ein bisschen besser werden“

Wir Segler erzählen uns ja gern, dass unser Sport besonders umweltfreundlich sei. Kein Lärm, keine Abgase, keine Umweltbelastung – nur Wind, Wasser, Segel. Segeln – das klingt nach Nachhaltigkeit, nach Umweltfreundlichkeit, nach Meeresschutz. Ist es das?

Wenn wir uns benehmen, dürfen wir draußen bleiben. © Stephan Boden

 

Wenn ich darüber nachdenke, ob Segeln umweltfreundlich ist, sehe ich mich an einem Sonntagmittag im Cockpit stehen, mit drei leeren Wasserflaschen aus PET, einer Verpackung von Fusilli-Nudeln und einer Rolle Einweg-Küchenpapier unter dem Arm. In der Bilge glitzert ein Tropfen Öl, auf dem Laufdeck trocknet ein Spezialreiniger, der „Algen entfernt – biologisch abbaubar nach 60 Tagen“. Ich habe aufgehört zu zählen, wie viele Reiniger angeblich irgendetwas abbauen.

Die Wahrheit ist: Wir „grünen“ Segler hinterlassen Spuren. Manche sind sichtbar – ein verlorener Fender, eine überladene Mülltonne in der Marina, PET Flaschen –, andere weniger: Lärm unter Wasser, Ankern im Seegras, Chemie im Putzwasser, Biozide im Antifouling, Fäkalien. Und am Ende ist es doch sehr bequem, die Kühlbox mit Strom aus der Steckdose auf gefrierpunktnahe 2 Grad Celsius zu stellen, weil ein eiskaltes Flens einfach unschlagbar ist. Ich meine das nicht zynisch. Ich meine auch mich selbst damit.. Wir machen es uns manchmal zu einfach und ich schließe mich dabei ausdrücklich ein. Gerade weil Segeln so naturverbunden aussieht, glauben wir, wir hätten automatisch eine weiße Weste. Haben wir nicht. Aber Segel im Wind geben uns oft ein Alibi.
Wer jemals gesehen hat, was 20 Boote in einer kleinen Bucht über Nacht anrichten – Lärm, Licht, Plastikreste, herausgerissenes Seegras –, der weiß: Die Natur nimmt uns nicht als Teil von ihr wahr. Für die Möwe sind wir nur Kulisse und bieten manchmal ein Nahrungsangebot. Für das Seegras sind wir ein Problem.

Wenn du 100 Jahre nach deinem Tod noch Schäden verursachst

 

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3 Antworten zu „Stephan Bodens Kolumne: Meeres- und Umweltschutz. Wie grün sind wir Segler?“

  1. Umweltsau

    sagt:

    Sehr richtig! Deswegen verbieten sich meiner Meinung nach auch diese ganzen „Greenwashing“ Kampagnen im Zusammenhang vom Highend Bereich unseres schönen Sports.
    Grundsätzlich gilt es soziologisch als hinreichend bewiesen, dass grösserer Wohlstand überwiegend mit höheren Resourcenverbrauch einhergeht. Somit ist es „ein Schlag in Gesicht“ sich sozial benachteiligen, oder auch nur „Ottonormal“ Bürgern gegenüber für die so höchstgerüstete Kampagnen als „Umweltschutz-Ikone“ grossartig feiern zu lassen. Einfach mal drüber Nachdenken ob so etwas nicht auch zur vielfach beklagten Spaltung der Gesellschaft beiträgt!?
    Die Einen werden mit immer neuen Auflagen und Vorschriften, sowie Abgaben belastet – während einige wenige Promis von einem Event zum Nächsten jetten um sich mit Ihren angeblich „umweltfreundlichen“ , ständig neuen Hypersportgeräten als Grundlage für ihren medialen Erfolg feiern zu lassen.
    Da sollte man sich einfach mal grundsätzlich ehrlich machen…..

  2. PL_m.walther

    sagt:

    Danke dir für diesen sehr schönen und sinnvollen Artikel, Stephan. Wir sollten wohl auch immer im. Kopf behalten, dass es bei uns „nur“ unser Hobby betrifft. Alle Belastungen die vor, für und während dessen Ausübung für die Natur ausgehen, sollten wir m.E. noch stärker auf die Goldwaage legen, als bei „notwendigen“ Belastungen.

    Wir brauchen den Transport von Gütern mit Frachtschiffen, die Fischer verdienen auf dem Meer ihr Geld und auch die eingeleiteten (zu vielen) Nährstoffe, die die Landwirte verursachen sind auch zu vermeiden und auch hier sollten wir unbedingt ansetzen. Hier verdienen Menschen aber ihren Lebensunterhalt. Wir hingegen könnten alle unsere Emissionen direkt vermeiden, wenn wir einfach mal ein Jahr nicht segeln gehen. Wir würden dabei sogar noch Geld sparen…

  3. Pogo850

    sagt:

    Absolut guter und richtiger Artikel, wir versuchen unseren „Fußabdruck“ klein zu lassen, aber Luft nach oben gibt es immer. Hier mal ein paar Ideen, vielleicht inspiriert das ja einige von euch:
    – Mal mit der Bahn zu Hafen fahren. Gefühlt kommen praktisch alle mit dem Auto
    – Bio Spülmittel für den Abwasch (geht schließlich direkt ins Hafenbecken)
    – Bio Yacht- oder Decksreiniger (gerade da ist es schon krass, was auf den Etiketten
    der meisten Produkte so draufsteht. Für sehr viele Wasserorganismen tödlich.)
    – Festmacher/Fallen aus Recyclingmaterial. Meine „Eco Dock“ Festmacher sind der
    Hammer und haben deutlich bessere Bruch und Dehnungswerte, als viele
    Standartprodukte.
    – Den Landstrom abmachen, wenn das Schiff verlassen wird.
    – Wir haben unser Bordklo direkt ausbauen lassen und verwenden ein Porta Potti,
    dass dann nach einigen Tagen im Hafen ausgeleert wird.
    – Die Segelklamotten ein oder zwei Jahre länger tragen und dann
    – …beim nächsten Mal welche mit Recyclinganteil kaufen. Das bieten mittlerweile
    praktisch alle bekannten Marken an.
    – wieder mehr segeln und nicht soviel dieseln. Es begegnen uns allen doch
    regelmäßig Segelboote, die bei besten Wind und Wetterverhältnissen nicht segeln,
    sondern motoren.
    – alte Segel zum Recycling geben (dafür bekommt man sogar noch Geld)
    – nicht so viel Tinnef und Schnickschnack aus Plastik kaufen, den man 1 Jahr später
    sowieso wieder wegschmeißt

    Das soll keine Belehrung, sondern eine Anregung sein. Wenn ihr noch mehr Ideen habt, her damit.

    Beste Grüße
    C.

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