Stephan Bodens Kolumne: Warum das AIS-System nicht sicher funktioniert

Streng genommen ein sinnloses System

Das automatische Identifikationssystem AIS macht es möglich, andere Schiffe rechtzeitig zu sehen und Kollisionen zu vermeiden. Die Sache hat allerdings einen Haken, die das ganze System unsicher macht. Wie könnte man das ändern?

Trotz AIS: nach Sicht fahren ist sinnvoller. © Stephan Boden

Irgend ein schöner Tag während der Hochsaison im Kattegat. Eben noch sehe ich viele Segel am Horizont. Plötzlich sind sie weg. Dichter Seenebel fällt über das Gebiet und innerhalb weniger Minuten ist die eben noch gute Sicht völlig weg. Hier, vor Grenå, herrscht stets dichter Schiffsverkehr. Schnellfähren fahren nach Schweden, Frachter und andere Berufsschifffahrt mischen sich mit all den Segelyachten auf Urlaubstörn.
Zum Glück habe ich AIS an Bord. Allerdings nur passives, das bedeutet, ich kann andere Schiffe, die AIS Signale senden, erkennen, sie mich aber nicht. Und genau da fängt der Haken am AIS-System an.
Während der etwa einstündigen Nebelphase kommen mir viele Schiffe entgegen. Manche erwarte ich bereits, weil ich sie auf dem Display sehen konnte, andere tauchen völlig unvermittelt dicht neben oder vor mir auf. Nach einer Weile bemerke ich, dass ich durch das ständige Starren aufs AIS viele Schiffe fast vergesse, Ausschau zu halten. Irgendwann wende ich den Blick vom AIS komplett ab und konzentriere mich auf die Angelkähne, Motorboote und andere Kleinboote, die hier in der grauen Suppe herumdümpeln. Hin und wieder auch mal Segelyachten ohne AIS.

Geisterschiff im Kanal

Szenenwechsel. Nachts, etwa 10 Seemeilen vor der belgischen Küste auf dem Weg nach England. In diesem Seegebiet ist nachts sehr viel Verkehr. Die Yacht, mit der ich unterwegs bin, hat aktives AIS.



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9 Antworten zu „Stephan Bodens Kolumne: Warum das AIS-System nicht sicher funktioniert“

  1. PL_christian-grothmann

    sagt:

    Hey Stephan,

    ich verstehe deinen Gedanken zur „Verlässlichkeit“ überhaupt nicht. Dein Wunsch, dass AIS dir doch bitte jegliche Abwägungsarbeit, Auseinandersetzung mit den Kollisionsgefahren und eigenverantwortliches Entscheidungspotenzial abnehmen mögen, ist unseemännisch. Das Grundprinzip der Seemannschaft ist Risikoabschätzung mit allen Mitteln und eine gut aufgeklärte Lage gehört zum Standard (KVR 7 & 8). AIS ist ein Bestandteil von vielen redundanten Systemen an Bord. Aber bei aller Technik und aller Präsenz…der Anwender entscheidet, ob das Lagebild zur Entscheidung ausreicht (KVR 19)! Nicht die Technik. Gibst du nun allein der AIS-Technik die Schuld, dir keine 100%ig aufgeklärte Lage anzubieten, hast du keine Entscheidungsgewalt mehr und hast die Eigenverantwortung, die wir doch gerade beim Segeln suchen, aufgegeben. Das wünscht du dir?

  2. Pogo850

    sagt:

    Hi Stephan,
    Ich glaube, dass Dir in dieser Passage hier ein Fehler unterlaufen ist: „ Auf hoher See ist man auf satellitengestütztes AIS angewiesen, das jedoch zeitverzögert und nicht flächendeckend arbeitet.“
    Das stimmt so nicht !!!
    Das AIS wird im Normalfall über die eigene UKW Antenne sowohl gesendet, als auch empfangen. Das bedeutet, dass die Schiffe und Yachten auch jeweils alles um sich herum empfangen und zwar mit sehr geringer Zeitverzögerung .
    Im Normalfall wird das dann auf dem eigenen Plotter/iPad live dargestellt. Das funktioniert bspw. mit Navionics oder NV-Charts wunderbar.

    Lediglich Systeme wie das vor kurzem hier vorgestellte „Orca“ nutzen die über das Internet verfügbaren Daten. Wenn dann keine Internetverbindung besteht, hat man auch keine AIS Daten. Das macht natürlich überhaupt keinen Sinn.

    Ich persönlich finde AIS extrem hilfreich und nutze es ständig (und habe auch ein aktives AIS an Bord). Und wie meine Vorredner schon gesagt haben, fühle ich mich deutlich sicherer, wenn die Großen auch klar meinen Kurs, Geschwindigkeit und CPA sehen.

    Beste Grüße
    Christian

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    1. Moin und danke für den Kommentar.
      Vielleicht habe ich mich falsch ausgedrückt. AIS ist ein tolles System. Aber ich empfinde das auch als sehr verführerisch. und zwar, wenn man sich drauf verlässt.
      Nur mal ein Gedanke: Wäre Boris Herrmann in den Fischer gesammelt, wenn der AIS gesendet hätte? Hätten wir das Problem mit der russischen Schattenflotte, wenn die zwingend senden würden? Wie gesagt, ist nur ein Wunsch.
      Was ich eigentlich ausdrücken wollte: Ich würde mir wünschen, dass jedes Wasserfahrzeug AIS sendet. Aber das ist nur ein Wunsch. Wünsche darf jeder haben.
      Danke sowieso an die Kommentare. Ist doch toll – vielleicht muss ich umdenken.
      Diese Kolumne spiegelt nur meine Meinung, soll zu Diskussionen anregen. Wenn dabei heraus kommt, dass ich falsch liege – so what? Ich habe da kein Problem mit.

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  3. Bernd

    sagt:

    was mich etwas stört ist diese immer wieder kehrende leicht besserwisserische und belehrende Schreibweise in diesen „Kolumnen“, das ist auf Dauer nicht gesund und nicht wirklich glaubwürdig…zumal oft nur Halbwissen. Diese AIS „Kolumne“ hier setzt dem Ganzen die Krone auf.

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  4. Sven 14Footer

    sagt:

    Lieber Stephan, Du beschreibst hauptsächlich Unzulänglichkeiten, die wir Sportbootfahrer haben. Die Berufsschifffahrt aber nicht.
    1. Nur eine Person am Ruder, Ausguck und für dem AIS Plotter. Das ist bei schlechter Sicht zu wenig.
    2. unzuverlässige Technik: Gewerbliche Schiffe unterliegen mehr Aufsichten, Auflagen und haben mehr finanzielle Mittel um stabile, zuverlässige Technik an Bord zu haben
    Darum hilft eine Ausrüstungspflicht nur wenig weiter.
    Für uns Sportbootfahrer ist das eine tolle zusätzliche Sicherheitsschicht: Auge und Ohr plus AIS. Was ich übersehe entdecke ich dann hoffentlich auf dem AIS Plotter. So meine Sichtweise.
    Wir Sportboote bewegen uns meistens mit max. 7 kn sind klein und wendig. Auch wenn unser Puls wohl etwas schneller geht schaffen wir es auch bei schlechter Sicht dem anderen Sportboot noch schnell vorher auszuweichen. Bei einem Frachter oder Schnellfähre sieht das ganz anders aus. Grenzwertig finde ich Fischkutter ohne AIS und inakzeptabel die Schattenflotte usw ohne AIS.

  5. PL_thomas.mueller.66

    sagt:

    Hallo Stefan,

    im allgemeinen bin ich ein echter Fan eures Podcasts und auch deiner Kolumne, aber deine Kritik hier lässt sich kaum nachvollziehen.
    Vieles wurde schon gesagt, deine Kritik könntest du auch auf Radar und Funk anwenden, würde ebenso funktionieren.
    Nur 2 weitere Aspekte, die hier noch fehlen.
    – Keines der Systeme soll gute Seemanschaft ersetzen und dazu gehört z.B. der ordentliche Ausguck und ein vernünftiges Passage-Planning. Bei letzterem wird bei Wahrscheinlichkeit für Nebel ohne entsprechende unterstützende Systeme (AIS, RADAR) einfach nicht ausgelaufen.
    – AIS ist ja noch nicht mal deshalb so wichtig, dass ich den anderen sehe, sondern vor allem das der andere mich sieht. Grossschiffahrt ist ausrüstungspflichtig und wird mich in den allermeisten Fällen auch sehen. Ich bin bei meinem letzten Törn 3 mal angefunkt worden (MMSI ist ja bekannt) mit 2 mal der Info dass der Grosse hinter mir durchgeht, als auch einmal mit der Bitte den Kurs zu ändern, obwohl ich Kurshalter gewesen wäre. Ebenso erkennt die Grossschiffahrt gut, ob ich stabil meinen Kurs halte, oder eher unstet manövriere und ist in der Lage ihre eigene Navigation anzupassen.

    Nein, ich halte AIS als ein fabelhaftes System zur Ergänzung und Verbesserung der Navigation. Wer sich allerdings gänzlich auf eines der Systeme verlässte (GPS einschlieslich) hat den Begriff „Gute Seemannschaft“ nicht verstanden.

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  6. Uli Daum

    sagt:

    Ich bin froh über unser AIS. Die Skandivienfähre die im Frühjahr in der Lübecker Bucht auf uns zu kam und mit 18 Knoten im Nebel an uns vorbeigerauscht ist, hätte ich bei den vorhandenen 200m Sicht viel zu spät gesehen. Genau genommen, hab ich sie praktisch gar nicht gesehen, sondern nur gehört. Theoretische Reaktionszeit wären bei eigenen 5 Knoten ziemlich genau 15 Sekunden gewesen, sobald der Dampfer in Sicht gekommen wäre. Nebenbei: Wer mir da entgegenkommt, wie schnell er ist, welchen Kurs er steuert und was der Punkt der größten Annäherung ist, das sagt mir alles AIS! Man darf halt nicht nur auf die Dreiecke im Plotter starren, sondern muß die Info auch nutzen und interpretieren !!!

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  7. Friedrich

    sagt:

    Stephan, ich bitte um Nachsicht, aber der Artikel ist Quatsch. Kein vernünftiger Mensch auf See, ob professionell oder zum Spaß, verlässt sich allein auf’s AIS. Aber es hilft, man sieht eben mehr, als nur mit bloßem Auge. Und mit aktivem AIS wird man auch besser wahrgenommen. Und es hilft viel, nicht nur bei der Kollisionsverhütung. Man kann z.B. sehen, ob irgendwo in der Nähe mehr oder weniger Wind ist, indem man sehen kann, wie schnell andere Segler in Reichweite unterwegs sind. Und jetzt bloß nicht wieder nach dem Gesetzgeber rufen!!! Behördenquatsch haben wir schon genug. Und mal ehrlich: wie oft hast Du schon jemanden übergemangelt oder wie oft ragte vor Dir urplötzlich eine riesige schwarze Bordwand auf???

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  8. Ralf

    sagt:

    Also, über die in dem Artikel bemühte Argumentationskette gegen AIS kann ich nur den Kopf schütteln…
    Klar gibt es Lücken im Informationsgehalt der AIS Technik.
    Das gilt übrigens für ALLE technischen Navigationssysteme oder Hilfsmittel.
    Mit dem hier gewählten Ansatz kann man auch gleich Radar auf Schiffen für sinnlos erklären, weil a) nicht jedes Boot mit Radar ausgestattet ist, kann natürlich auch nicht jeder Radardaten auswerten und b) ist auch lange nicht jedes Boot bei Regen und/oder Seegang im Radar sichtbar. Aber ist es deswegen gleich sinnlos?
    Wohl kaum.
    Oder nehmen wir den VHF Seefunk.
    Ist der auch gleich sinnlos, weil es Boote ohne Funkausrüstung gibt oder falls doch, diese leider oft nicht eingeschaltet haben oder nicht abhören?

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