Stephan Bodens Kolumne: Wo bleiben die altersgerechten Boote?

Es fehlen SUV auf dem Wasser

In den kommenden 16 Jahren gehen mehr Menschen in Rente, als Menschen volljährig werden. Der Anteil der über 67-jährigen hat sich zwischen 1970 und 2020 nahezu verdoppelt. Neue Segelboote und -yachten nehmen aber offenbar den umgekehrten Weg. 

Foto: Stephan Boden

„Ich bin heute das letzte Mal hier an Bord, das Boot geben wir ab. Ich mag es kaum sagen, aber ich habe ein neues Boot bestellt, ein Motorboot mit viel Platz.“ Dem Eigner einer LM 27 , die neben mir lag, war es sichtlich peinlich, mir gegenüber zu erklären, dass er demnächst ohne Mast mit einer Motorbratze unterwegs sein wird. Er hatte aber schlagkräftige Argumente für den Schritt. Auf dem Neubootmarkt, so erklärte er mir, würde es offenbar nur noch Yachten mit Jollenrümpfen geben. Damit käme er aber nicht gut klar, das hätten ihm einige Chartertörns gezeigt. Er wünschte sich ein Boot, welches einfach und ohne großen Kraftaufwand zu segeln ist, einen starken Motor hat, der auch für längere Strecken geeignet sei. Und natürlich viel Platz, Komfort und wenig Herumgeklettere an Bord. „Sowas wie meine LM, nur etwas komfortabler“, hatte er gesucht, aber so etwas gäbe es ja nicht mehr. 

Dieses Gespräch liegt schon eine ganze Weile zurück. Kurz zuvor erzählte mir ein guter Freund, der sehr eng mit Wilfried Erdmann war, dass der Weltumsegler sich von der „Kathena X“, einer X79, getrennt hätte, weil „ihm da zu viele Strippen im Cockpit herum lagen. Zwei Schoten müssten doch reichen, so die deutsche Segel-Legende. 

Geld ist genug da, nur kein passendes Boot

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3 Antworten zu „Stephan Bodens Kolumne: Wo bleiben die altersgerechten Boote?“

  1. Leebärtran

    sagt:

    Das ist vermutlich ein Thema, welches den Marktstrategen irgendwo als Hintergrundrauschen bewußt ist, was sie aber lieber ignorieren, da es dem scheinbar allgemeingültigen Anspruch auf Hip und Dynamik widerspricht. Natürlich gibt es auch Neuyachten, die für gemäßigtes und mehr oder weniger stressfreies Segeln stehen – Hallberg Rassy oder Saare wären die ersten, die mir einfallen – aber die befinden sich in Preisregionen, die der aktuelle durchschnittliche „Neu- oder Baldrentner“ (dazu gehöre auch ich) vermutlich nicht stemmen kann. Yachten aus der Goßserienfertigung wie Beneteau Evasion etc. sucht man überwiegend vergeblich. Zwischen 25 und 35 Fuß wird die Luft ganz schön dünn – und da die Entwicklung zum sportiven Segeln bereits seit mehr als 30 Jahren den Vorrang hat, wird auch der Gebrauchtmarkt langsam schwierig. Und ja, früher habe ich öfter die LM-Segler belächelt, heute schiele ich schon mal mit einem Anflug von leichtem Neid zu dem geschützten Cockpit und denke darüber nach, wie fordernd manchmal das Segeln bei mehr Wind und unter der Knute der Logge sein kann. Noch bin ich nicht soweit, aber ob ich nach Eintritt in die Rente in ein paar Jahren meinen Traum von der Ostsee-Rundung wirklich mit meiner geliebten übertakelten 31-Fuß Segelzicke (ich meine nicht meine Frau!) verwirklichen will…

  2. Kai Kemmling

    sagt:

    Tatsächlich denke ich auch schon in diese Richtung bezüglich der Langzeitplanung. Wie möchte ich im Alter entsprechend meinem Hobby frönen? Mein Ansatz ist jetzt mit 56 ein größeres Boot fahren (32fuß), dass ich auch alleine bewältigen kann und später, wenn es nicht mehr geht, ein kleines, z.B. Sprinta 70, was ich an den See legen kann und wenigstens darauf Kaffee trinken kann. So ein Boot ist gutmütig und die Segel sind nicht so schwer. Und wenn das mit dem Rigg zu schwierig wird, lasse ich den Mast eben ab… Hauptsache man ist auf dem Wasser!

    1. Kräuternixe

      sagt:

      Der Ansatz wäre richtig. Wir haben ein 33 Fuß Yacht, alleine zu händeln. Backofen, Dusche, Mikrowelle, Außendusche, Badeplattform und alles Rollsegel vom Cockpit aus zu bedienen. Leider gibt es in der Größe nicht equivalentes Neues mehr. Deswegen waren wir von der Messe sehr enttäuscht. Man kann nicht mehr vergleichen. Verkaufen werden wir das Boot nie.

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