Schwedische Entwicklerinnen suchten Produkte, denen die Perspektive von Frauen fehlt. Sie fanden die nervige Verbindung des Trailers mit Auto und versprechen Abhilfe.
Schöne neue Welt für Trailerboot-Fahrer? Eine Gruppe skandinavischer Ingenieurinnen hat Probleme mit der Trailer-Kupplung als Problem identifiziert und sich in diesem Jahr mit Verbesserungsmöglichkeiten beschäftigt. Das neunköpfige Team der in Göteborg ansässigen Firma Semcom – ein weltweit agierender Spezialist für Ingenieurdienstleistungen mit insgesamt 2000 Mitarbeitern an 45 Standorten – suchte nach einer Lösung, die das Ankuppeln eines Trailers einfacher machen soll.
Dabei hat es ein automatisches System entwickelt, mit dem das Auto selbständig eine Verbindung herstellt. Eine angenehme Aussicht. Umständliches Wuchten, Ruckeln, Zerren und Fummeln soll entfallen. Einfach Lenker loslassen, und den Wagen machen lassen.
Ob das auch klappt, wenn Auto und Trailer nicht auf einer geraden Ebene stehen? Wenn der Hänger mit seiner eingebauten Computer-Unit fast das ganze Jahr ungeschützt irgendwo draußen geparkt ist? Und was soll das kosten? Die Entwickler machen dazu keine Angaben.
Dennoch. Der Gedanke an einen vereinfachten Kupplungsvorgang macht Laune. Dabei würde es schon ausreichen, wenn die Elektrik zuverlässig funktionieren würde. Wenn nicht regelmäßig Blink- oder Rücklicht ausfallen.
Die Pressemitteilung:
Sagen Sie der Anhängerkupplung Lebewohl. Semcon stellte ein Team aus Frauen zusammen, um die Perspektiven auf Technikentwicklung zu erweitern. Das Ergebnis? Eine völlig neue Kupplungsart, um Fahrzeug und Anhänger zu verbinden – während man bzw. frau im Auto sitzen bleibt.
Warum muss es so kompliziert sein, einen Anhänger anzukuppeln? Sogar so kompliziert, dass jede(r) Zweite es tunlichst vermeidet? Und warum sieht die Anhängerkupplung immer noch so aus wie 1932? Im Frühjahr dieses Jahres bat Semcon um Beispiele für Produkte, denen die Perspektive von Frauen fehlt. 500 Vorschläge gingen ein. In mehreren ging es darum, wie umständlich es sei, einen Anhänger mit einer Anhängerkupplung zu verbinden. Der Umgang mit schweren Pferdeanhängern, Wohnwagen und Bootsanhängern ist unsicheres Terrain. Laut einer Untersuchung von Inizio/Semcon vermeidet es jede(r) Zweite wenn möglich, mit einem Anhänger fahren zu müssen. 70 Prozent davon sind Frauen.
Markus Granlund, Präsident & CEO von Semcon sagt: „Technik wird überwiegend von Männern entwickelt, da fallen schnell Perspektiven unter den Tisch, nicht zuletzt die von Frauen. Denn wenn ein Produkt für einen selbst nicht kompliziert erscheint, ist es weniger wahrscheinlich, dass man etwas daran ändert.“
Ein rein weibliches Produktentwicklerteam nahm die Herausforderung an. Ziel war die Entwicklung einer anwenderfreundlichen und intelligenten Lösung, die im Hinblick auf autonome Fahrzeuge zudem zukunftssicher ist. Eine Fahrt auf den Recyclinghof, das Schnäppchen-Sofa aus dem Netz abholen oder ein Umzug, all das sollte keine Unlust auslösen oder eine Grenze der Mobilität von Menschen bedeuten. Das neue, zukunftssichere Konzept einer Anhängerkupplung namens Automatic Trailer Connection (ATC) kuppelt sich mit dem Anhänger selbst zusammen – während man bzw. frau im Auto sitzen bleibt.
Funktionsweise des ATC-Konzepts
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- Befinden sich Fahrzeug und Anhänger in einem Abstand von ungefähr zwei Metern voneinander, kann der Kupplungsvorgang gestartet werden. Dabei setzt das Fahrzeug autonom in Richtung Anhänger zurück.
- Damit die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Anhänger funktioniert und eine korrekte Positionierung erfolgen kann, sind beide über die Cloud verbunden. Bei schlechter Verbindung kommt ein alternativer Kommunikationskanal – Bluetooth Low Energy – zum Einsatz.
- Statt einer Anhängerkupplung verfügt das Fahrzeug am Stoßfänger über einen Anschlusspunkt, über den der Anhänger befestigt und mit Strom versorgt wird. Durch einen mechanischen Verriegelungsmechanismus im Fahrzeug wird der Anhänger zusätzlich gesichert.
- Der Fahrer verfolgt den gesamten Vorgang über das auf dem Fahrzeugbildschirm angezeigte Bild der Rückfahrkamera.
- Das Stützrad des Anhängers wird über einen Elektromotor automatisch eingeklappt, mit dem während des Ankuppelns auch die Höhe des Anhängers justiert wird.
- Auf dem Fahrzeugbildschirm werden Informationen zu u. a. Bremslichtern, Gewicht und Verteilung der Ladung, Parkbremse und Geschwindigkeitsbereichsbegrenzung angezeigt.
Mit dem neuen Kupplungskonzept ist das Verbinden eines Anhängers ungefähr so, wie einen gewöhnlichen Stecker einzustecken. Dabei übernimmt das Fahrzeug die Arbeit, und man bzw. frau selbst kann während des gesamten Kupplungsvorgangs im Auto bleiben. Das Konzept schließt an die intelligenten Systeme an, mit denen Fahrzeuge heute bereits ausgerüstet sind.
Sofie Askenbom, digitale Entwicklerin bei Semcon und Projektleiterin im Add Perspectives Team sagt: „Bei dem Gedanken an die Milliarden, die die Automobilindustrie in den vergangenen 80 Jahren in die Produktentwicklung gesteckt hat, verwundert es schon, dass die Anhängerkupplung nie wirklich verändert wurde, wo doch so viele sie für umständlich halten. Manchmal braucht es vielleicht neue Perspektiven.“
Frauen in der Technologiebranche
Die fehlende Vielfalt in der Technologiebranche ist kein Geheimnis, und häufig ist Gleichstellung hier das genannte Stichwort. Obwohl die Hälfte der Technikanwender der Welt Frauen sind, sind es meistens Männer, die die Produkte entwickeln.
Sofie Askenbom: „Die Arbeit mit Frauen war spannend und hat viele kreative Perspektiven eröffnet. Die Lösung ist intelligent, aber der größte Unterschied liegt im Verständnis der Bedürfnisse und des Verhaltens der Zielgruppe – und das muss in die Arbeit integriert werden, nicht nur in die Anwenderstudien.“
Das Konzept Automatic Trailer Connection (ATC) ist ein Ergebnis der Kampagne Add Perspectives, die Semcon im Frühjahr diesen Jahres startete, um den Umstand fehlender Frauen in der Technologiebranche ins Bewusstsein zu rücken. Ein Team ausgewählter Produktentwicklerinnen konzentrierte sich auf die Anhängerkupplung und die zahlreichen Schritte, die per Hand ausgeführt werden müssen, um einen Anhänger mit einem Fahrzeug zu verbinden. Das Konzept wurde in erster Linie entwickelt, um zu zeigen, was neue Perspektiven mit sich bringen können, gleichzeitig aber auch in der Hoffnung, dass Fahrzeug- und Anhängerhersteller das Konzept aufnehmen und künftig weiterentwickeln.
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