Die Brüder Helge und Christian Sach aus Zarnekau in Ostholstein sind bei der Travemünder Woche weiterhin auf Rekordjagd. In der 122. Auflage der schönsten Segelregatta der Welt landeten sie am Sonnabend (30. Juli) im Formula 18-Katamaran ihren inzwischen 17. Gesamtsieg – so viele, wie niemand anderes zuvor feiern durfte. Sie waren bei ihrem Erfolg ebenso souverän wie die Katamaran-Kollegen Roland und Nahid Gäbler (Tinglev), die bei den Tornados die Internationale Deutsche Meisterschaft für sich entschieden.
Auch in den anderen Klassen gab es keine Zweifel an den Siegern. Die 505er-Asse Meike Schomäker/Holger Jess (Kiel) brillierten, indem sie die Konkurrenz in sämtlichen Wettfahrten in die Schranken verwiesen: neun Tagessiege! Diese Bilanz ist zur TW 2011 zwar einmalig, aber auch Laser-Segler Marco Grasse (Berlin) und Contender-Akteur Jan von der Bank (Eutin) sorgten für klare deutsche Gesamterfolge. Nach Spanien für Carlos Robles/Florian Trittel gingen indes die größten Pokale bei den 29ern, und die Europameisterschaft der aufstrebenden 29erXX-Klasse gewannen die Däninnen Jeanine Olrik/Frederikke Graversen vor den Kieler Zwillingsschwestern Jule und Lotta Görge.
„Dieser Rekord bedeutet uns sehr viel. Das ist unser Heimatrevier, und da wollen wir auch noch einige Jahre lang vorn dabei sein, nach Möglichkeit die Serie von 20 Siegen vervollständigen“, sagte Helge Sach (54), der seit dieser Woche mit seinem Bruder Christian (52) Mitglied im Lübecker Yacht-Club ist, um die Heimatverbundenheit auch durch die Vereinszugehörigkeit zu dokumentieren.
Mit etwas Wehmut blickt Helge Sach noch auf die Zeit zurück, zu der das Team die TW als Bauern nur von Ferne beobachten konnten. „Wenn wir das Feld bestellt haben, konnten wir auf die Regattabahn blicken und die anderen über das Wasser fliegen sehen. Das hat schon geschmerzt.“ Diesmal waren sie aber bei den F18 mittendrin, das heißt eigentlich vorn weg, denn von den zwölf Rennen gewannen sie neun und hätten rechnerisch schon zum vorletzten gar nicht mehr anzutreten brauchen. Das taten sie dennoch, wurden noch ein zweites Mal Zweite und verzichteten schließlich auf die letzte Wettfahrt. Dennoch betrug der Vorsprung in der Endabrechnung vor Jörg Gosche und Hannes Pegel aus Bremen 32 satte Punkte.
Fast schon zur Routine wird der Titelgewinn bei einer Meisterschaft auch für Roland Gäbler. „Ich weiß wirklich nicht, wie viele deutsche Titel es inzwischen sind“, sagte er, gestand aber auch ein, dass in diesem Jahr bei den Tornados nach der WM im Vorjahr etwas die Konkurrenz fehlte: „Wir hätten uns Helge und Christian als Gegner gewünscht. So war es schon sehr deutlich, was aber auch daran lag, dass wir dieses Revier bestens kennen. Woanders hätte es sicherlich anders ausgesehen“, so Gäbler, der mit seiner Ehefrau ebenfalls neun von zwölf Rennen gewann.
So klar wie Meike Schomäker und Holger Jess gestaltete kein Team den Travemünder Woche-Sieg. Die WM-Fünften des Vorjahres hatten die Konkurrenz zu jeder Zeit im Griff und legten eine makellose Serie hin. Meike Schomäker hatte vor allem den Freitag auf der Bahn genossen, als bei anspruchsvollsten Bedingungen vier Rennen über die Bahn gebracht wurden: „Das war ein perfekter Segeltag. Wir hatten richtig Spaß.“
Etwas mehr Spaß auf dem Wasser hätte Contender-Sieger Jan von der Bank erfreut. Der Ex-Weltmeister wäre gern mehr Wettfahrten gefahren. „Durch verschiedene Umstände hat das aber nicht geklappt, das war ein bisschen schade“, so von der Bank, der nach vier Wochen Segel-Urlaub in der Türkei immer noch nicht genug von Wind und Wellen hatte.
Reichlich mit Preisen dekoriert verließ Marco Grasse die Travemünder Woche. In Abwesenheit der deutschen Elite sammelte der 23-Jährige aus Berlin die Siegertrophäen in der olympischen Laser-Klasse ein, die er nun wieder an ihren angestammten Platz stellen kann. Denn vor zwei Jahren hat sein Mitbewohner in der Studenten-WG in Kiel, Frithjof Schwerdt, die Preise gewonnen, nun kommen sie wieder in die gleiche Vitrine. „Durch das Fehlen der absoluten Spitze war die Atmosphäre sehr angenehm – sowohl auf dem Wasser als auch an Land. Das war purer Spaß an der Freud“, sagte Grasse.
Auf der strandnahen Bahn Golf testeten die 29er in diesem Jahr das Revier für 2012, denn dann wird die Klasse vor Travemünde ihre Weltmeister ermitteln. Die Generalprobe für die WM beendeten die Spanier Carlos Robles/Florian Trittel auf der Topposition und schnappten damit den jungen LYC-Seglern Ole Kuck/Niclas Kath den Heimsieg weg.
Für die Großversion des Skiffs, den 29erXX, war die TW jetzt schon Meisterschaftsrevier. Bei der inoffiziellen Europameisterschaft mussten sich die heimischen Teams aber auch hier geschlagen geben. Jule und Lotta Görge aus Kiel konnten die Däninnen Jeanine Olrik/Frederikke Graversen in elf Rennen nur viermal hinter sich lassen, waren aber dennoch glücklich: „Das war unsere erste Regatta auf dem 29erXX und jetzt sind wir Vize-Europameister, das ist doch super, auch wenn das Feld sehr klein war“, sagte Lotta Görge, die gerade erst eine Ellenbogen-Verletzung auskuriert hat. Die dänische Crew hatte vor allem bei Starkwind das bessere Bootshandling, segelt aber auch bereits seit eineinhalb Jahren auf dem Skiff. Der dritte Platz ging an Paul Kohlhoff/Carolina Werner aus Kiel, die sonst 29er segeln, für die EM aber ihr Boot auf die Großversion umgerüstet haben.
Am Sonntag gibt es vor Travemünde nun noch eine weitere WM-Entscheidung. Die 49er ermitteln ihre Junioren-Weltmeister. Ganz an der Spitze des Rankings, aber wegen des zu hohen Alters außer Konkurrenz stehen hier die deutschen Olympia-Aspiranten Tobias Schadewaldt/Hannes Baumann (Kiel), die gleich nach Beendigung der TW nach Weymouth zu den Pre-Olympics abreisen. „Die TW war für uns eine gute Vorbereitung auf die Pre-Olympics. Wir haben für uns festgestellt, dass Regatten das beste Training sind, und es war hier richtig schön eng an der Linie“, sagte Tobias Schadewaldt. Am Sonntag wollen sie nun gern den TW-Sieg einfahren, in der Junioren-WM-Wertung liegen dagegen die Dänen Niels Joachim Gormsen/Anders Thomsen in Führung.
Einen Sieg zur TW durften Schadewaldt/Baumann am Sonnabend schon feiern. Im Trave-Race vor Tausenden Zuschauern lieferten sie sich einen packenden Fight mit Tim und Tom Lange aus Kiel. Auf den Millimeter genau schoben die beiden Skiffs im zweiten Rennen ihren Gennaker-Baum über die Linie, und lediglich aufgrund des besseren ersten Laufes durften die Olympia-Aspiranten den Erfolg in dieser Show-Veranstaltung feiern.
Endergebnisse
29erXX-Europameisterschaft
Endstand nach elf Wettfahrten: 1. Jeanine Olrik/Frederikke Graversen (Dänemark) 16 Punkte; 2. Jule und Lotta Görge (Kiel) 24; 3. Paul Kohlhoff/Carolin Werner (Musterstadt) 30; 4. Sara Engström/Hanna Klinga (Schweden) 35; 5. Patricia Coro/Cristina Rodes (Spanien) 59; 6. Laura und Marta Capdevila (Spanien) 67.
Tornado-Internationale Deutsche Meisterschaft
Endstand nach zwölf Wettfahrten: 1. Roland und Nahid Gäbler (Tinglev) 13 Punkte; 2. Heiko Söhle/Thomas Noll (Lehrte) 41; 3. David Krizek/Adam Zdenek (Tschechien) 52; 4. Markus und Andreas Betz (Überlingen) 53; 5. Lutz Stadtmüller/Fabian Neun (Ahrensburg) 56; 6. Thilo Keller/Maren Odefey (Berlin) 70.
Laser
Endstand nach zwölf Wettfahrten: 1. Marco Grasse (Berlin) 14 Punkte; 2. Michael Zittlau (Kiel) 24; 3. Christoph Froh (Schwerin) 45; 4. Alexander Andersen (Den) 53; 5. Thomas W. Mueller (Köln) 54; 6. Ralf Marten (Großhansdorf) 66.
505er
Endstand nach neun Wettfahrten: 1. Meike Schomäker/Holger Jess (Kiel) 8 Punkte; 2. Sophie Heyer/Sebastian Salein (Berlin) 27; 3. Norbert Dasenbrook/Sven Meier (Düsseldorf) 38; 4. Martin Kittsteiner/Oliver Stieglitz (Hamburg) 42; 5. Hartwig Friederichs/Antje Gosch (Hamburg) 47; 6. Christian Niefert/Sven Dömges (Beidenfleth) 56.
29er
Endstand nach zehn Wettfahrten: 1. Carlos Robles/Florian Trittel (Spanien) 12 Punkte; 2. Ole Kuck/Niclas Kath (Lübeck) 17; 3. Lea Galsgaard/Magnus Dahl (Dänemark) 24; 4. Hanna und Lisa Schälke (Kiel) 42; 5. Till Dittmers/Lukas Schäper (Wentorf) 47; 6. Clara Weimer/Anabel Plieth (Westerau) 82.
Contender
Endstand nach fünf Wettfahrten: 1. Jan von der Bank (Eutin) 5 Punkte; 2. Hannes Seidel (Potsdam) 12; 3. Andreas Voigt (Potsdam) 12; 4. Christian Krupp (Hamburg) 13; 5. Volker Niediek (Braunschweig) 13; 6. Michael Starck (Idstein) 28.
Formula 18
Endstand nach zwölf Wettfahrten: 1. Helge Sach/Christian Sach (Zarnekau) 13 Punkte; 2. Jörg Gosche/Hannes Pegel (Bremen) 45; 3. Wolfgang Godderis/Christoph Richter (Gmund) 60; 4. Martin Friedrichsen/Finn Heeg (Flensburg) 61; 5. Christoph Bock/Jens Piepke (Bad Schwartau) 67; 6. Musab Al Habi/Ra’ad Al Hadi (Oman) 85.
Andreas Kling
PR Manager der Travemünder Woche
a.kling@travemuender-woche.de
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