Die Enttäuschung war groß bei den A-Cat-Seglern. Wieder einmal hatten Wind und Welle ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Am vorletzten Tag der EM in Warnemünde war die Brise zu schwach – dann blies der Wind am oberen Limit von 22 Knoten.
Nach einer Startverschiebung ließ die Wettfahrtleitung das Teilnehmerfeld auslaufen, nur um sie dann doch wieder nach Hause zu schicken. Die Wellenhöhe von 1,5 bis 2 Meter auf der Bahn erschien ihr als zu heikel für die filigranen Carbonrenner. So blieb es bei nur fünf gesegelten Wettfahrten. Drei von fünf geplanten Renntagen waren Totalausfall. Besonders ärgerlich für viele: Ein Streicher wäre erst ab der sechsten Wettfahrt ins Spiel gekommen. Andere Klassen segelten zur selben Zeit vor Warnemünde, darunter die OK-Jollen, die bei ihrer WM einen unglaublich spannenden Finalkrimi boten.
Hinterher gab es Diskussionen über die Entscheidungen der Wettfahrtleitung. Hätte man für die A-Cats nicht eine andere Bahn mit weniger Welle wählen sollen? Hätte man die letztmögliche Startzeit am Finaltag nicht von 15 Uhr auf den Abend verlegen können? Hätte, hätte…. Die A-Cat-Klasse sollte jedenfalls auch selbstkritisch ihr eigenes Regelwerk in den Blick nehmen. Wer in seinen Championship Rules eine Mindestwindgeschwindigkeit von sechs Knoten und eine maximale von 22 Knoten festlegt, definiert ein recht enges Windfenster. Wenn dann auch noch die Wellenhöhe begrenzt wird, haben Wettfahrtleitungen ziemlich strenge Vorgaben. Halten sie sie ein, gibt es Diskussionen, wie in Warnemünde. Halten sie sich nicht daran, gibt es erst recht Unzufriedenheit. Schon so mancher Foiler-Pilot hat entnervt die Regatta verlassen, wenn bei Leichtwind unterhalb von Foiling-Bedingungen gesegelt wurde.
„Er gewinnt immer!“
Aber auch wenn die Bedingungen diesmal nicht gerade optimal waren: Das Ergebnis spiegelt den Leistungsstand in der Klasse gut wider. Nach wie vor unantastbar bleibt der australische Seriensieger Glenn Ashby. „Es ist völlig gleich, auf welches Boot er sich setzt, er gewinnt immer“, heißt es nicht zu Unrecht in der Klasse. Der starke zweite Platz des Spaniers Manuel Calavia kommt ebenfalls nicht unerwartet, er ist seit längerem immer ganz vorne dabei. Den drittplatzierten Maciej Zarnowski hatte für eine Podiumsplatzierung zwar niemand auf der Liste, aber auch sein Erfolg ist nicht zufällig. Im polnischen Sopot nahe Danzig hat sich ein regelrechtes Excellenz-Cluster herausgebildet.
Es besteht aus einer immer größer werdenden Gruppe relativ junger und ehrgeiziger Segler, die sich gegenseitig vorwärts puschen. Wesentlich mitverantwortlich ist die gute Materiallage in Polen: Die Exploder-Werft liefert schnelle, zuverlässige Plattformen, Segelmacher Zarnowski stellt konkurrenzfähige Segel her.
Aus deutscher Sicht erfreulich ist der siebte Platz von Bob Baier. Seine Punktstrafe nach einer Kontrollvermessung fiel zum Glück nicht groß ins Gewicht. Seine Segelfläche war 0,06 qm zu groß gewesen. Dazu muss man wissen: Die Fläche des drehbaren Flügelmastes wird bei der Ermittlung der maximalen Segelfläche der A-Cats von 13,94 qm mitgerechnet, und die Flächen der Segel sind angesichts ihrer komplizierten Formen schwer auszumessen. Da passiert es ganz schnell, dass der eine Vermesser auf jenes Ergebnis kommt und der nächstes auf ein abweichendes.
Einmal mehr konnte Katrin Brunner aus Lindau überlegen die Frauenwertung gewinnen. Anders als die Mehrzahl ihrer männlichen Segelkollegen hatte sie alle Wettfahrten beendet, auch die heftige Starkwindwettfahrt vom Dienstag. Die Wertung die nichtfoilenden Classic-Boote gewann der Pole Marek Zebrowski, gefolgt von Micky Todd und dem Allgäuer Florian Hennig.
Neue, alte Technik
In technischer Hinsicht bot die EM keine Sensationen. Herausragend war aber der modifizierte Scheurer G7 des Schweizers Sandro Caviezel. Seine Mastlänge betrug nur 8,3 Meter (statt der üblichen 9 Meter). Dementsprechend war sein Segel bei weitem nicht so schlank geschnitten wie etwa das von Mischa Heemskerk, der das andere Extrem markierte. Bemerkenswert ist auch die Ruderanlage von Caviezel. Er verwendet keine Spurstange, um die beiden Ruder miteinander zu verbinden, sondern ein ausgeklügeltes System aus Leinen und einer Travellerschiene. Dies ermöglicht ihm, bei Wenden und Halsen mittels nur einer einzigen Streckerleine die Anstellwinkel von Ruder und Schwert zu verstellen. Die Idee dabei ist unter anderem, das jeweilige Luvruder mit seinem L-Flügel auf Abtrieb zu stellen und somit mehr aufrichtendes Moment zu erzeugen. Es scheint zu funktionieren, der Bootsspeed von Caviezel war exzellent.
Keine Erfindung der A-Cat-Klasse ist hingegen das Magic Wheel, das im DNAFx1 von Ashby und Heemskerk unter dem Trampolin nahe des vorderen Beams verbaut ist. Man kennt es seit Jahrzehnten beispielsweise aus Jollenkreuzern. Zwei verschieden große Spulen, die fest miteinander verbunden sind, ermöglichen eine Untersetzung von eins zu acht und mehr. Beim DNAFx1 wird es für die Großschot verwendet. Der Vorteil: Am Segel wird nur noch ein dünner Dynemastropp eingehängt, Blöcke sind überflüssig. Der Windwiderstand ist denkbar gering, und das Gewicht an heiklen Stellen wie Segel und Baum ist klein. Der Nachteil: Wehe, das Magic Wheel funktioniert nicht sauber und es gibt beispielsweise Überläufer auf einer der Trommeln…
Die EM ist vorbei, nun richten sich alle Augen auf die Weltmeisterschaft im November. Ausgetragen wird sie im australischen Hervey Bay – unter hoffentlich besseren Bedingungen als in Warnemünde. Eine Gruppe australischer Segler, darunter Ex-Europameister Andrew Landenberger, möchte dort den Foilern Paroli bieten und optimiert derzeit ihre Classicboote. Gut möglich, dass sie nicht nur bei leichten Winden den Foilern die Grenzen aufzeigen.
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