Wo sonst Volksfest-Stimmung herrscht, war diesmal gähnende Leere. Dafür rasten die IMOCA auf der kurzen Strecke im Foil-Modus in größtmöglicher Sicherheit. Sam Goodchild siegt auf einem IMOCA der vorletzten Generation.
IMOCA-Regatta Defi Azimut. Tag 1, die „Runs“ –Einzelzeitsegeln, frei übersetzt. Normalerweise handelt es sich dabei um eine Show, die diesen Namen auch verdient: Die riesigen 60-Fuß-Foiler rasen über 1,2 Seemeilen hinweg mit maximaler Geschwindigkeit. Zwei Ausscheidungsrennen, ein Finale der acht Schnellsten.
Was das Spektakel neben den foilenden Riesen unter Segeln bisher ausmachte, waren unzählige Begleitboote, die teils gefährlich nahe, teils in gebührendem Abstand, ihre jeweiligen Favoriten in meist chaotischer Fahrweise begleiteten. Ein wahres Fest für Sponsoren und deren Mitarbeiter, Fans und Freunde der Crews, Skipper und Skipperinnen.
Zum Haareraufen für alle, die auch nur ein wenig Gespür für Sicherheit hatten.
Keine Show, aber schnelles Segeln
Doch gestern war alles anders. Auf den IMOCA – sonst ordentlich gefüllt mit Sponsoren und Mäzenen – durfte nur eine sehr reduzierte Anzahl Gäste mitsegeln.
Später auf der Rennstrecke: gähnende Leere.
Die Regattaleitung hatte sich des Themas „Sicherheit“ angenommen und agierte mit französischer Vehemenz. Das Ergebnis: eine völlig freie Strecke für die Einzelzeitsegler, ein Dutzend Sicherheitsschlauchboote, deren Skipper ihrer Aufgabe mit wachsender Begeisterung nachkamen und eine handverlesene Anzahl Begleitboote, die strikte Regeln zu befolgen hatten.
Ins Abseits verbannt
Es waren Sicherheitszonen ausgelegt worden, die nicht überfahren werden durften. Die galten auch für die Pressefotografen. Entfernung zu den foilenden IMOCA: 500 – 750 m. Nahaufnahmen von der Action konnte man also selbst mit bestem Equipment vergessen – entsprechend die Stimmung unter den Fotografen, die übrigens auch für die großen Agenturen, Magazine und Tageszeitungen arbeiten.
Trotz allem Verständnis für die Sicherheit – das war schlicht übertrieben. Oder sollte ein anderer Grund eine Rolle gespielt haben? Denn direkt neben den foilenden Booten – Abstand höchstens 10 m – fuhr ein Motorkatamaran. Auf dessen Deck: die offiziellen Fotografen und Video-Teams der Regattaleitung. Die ihre Bilder später, nach gründlicher Vorauswahl im Sinne der Regattaleitung, den Teams zur Verfügung und teilweise gratis ins Internet stellen. Pressefreiheit einmal anders betrachtet …
Eine Stunde, so oft wie möglich
Die erste Startgruppe hatte es noch mit eher leichteren Winden (13-15 kn) zu tun. Eine Stunde ist die Strecke für jede Startgruppe geöffnet, die jedes Boot so oft wie möglich durchfahren darf. Jedes Mal wird die Zeit gestoppt, die schnellte Zeit kommt in die Wertung.
Kurz vor 15 Uhr war es schließlich Charlie Dalin auf Macif Santé Prévoyance, der nach seinem zweiten Lauf mit einer Spitzengeschwindigkeit von über 23 Knoten den Sieg in Zielgruppe A errang.
Die wenigen Sonnenstrahlen des frühen Nachmittags wurden von grauen Wolken abgelöst, und bei Windstärken von 17 bis 20 Knoten und rauer See wurde das Tempo logischerweise immer schneller.
Alles was Foils aufzubieten hatte kam dann auch relativ schnell in den Flugmodus. Alle, die „nur“ mit Schwertern unterwegs waren, hatten eindeutig das Nachsehen. Eklatant, wie selbst auf der kurzen Strecke deutlich später gestartete Foiler an den Nicht-Foilern vorbei rasten.
Rock’n Run
Initiatives Coeur (mit Samantha Davies am Ruder) legte sich schwer ins Zeug und segelte die schnellste Zeit mit einer sehr guten Flugstabilität.
Auch die Deutsch-Französin Isabelle Joschke ließ sich auf ihrer MACSF (Jahrgang 2007!) nicht lumpen und legte in dieser (kurzen) Windphase hervorragende Zeiten hin.
Gegen 16.00 Uhr brach die Sonne wieder durch die Wolken und der Wind flaute deutlich ab, was den Eifer aller Beteiligten deutlich bremste. Das Ergebnis: Initiatives Coeur (Sam Davies), VULNERABLE – Thomas Ruyant, MACSF (Isabelle Joschke) ex-aequo mit Paprec Arkéa (Yoann Richomme).
Für das Finale musste aufgrund einer Winddrehung ein neuer Kurs abgesteckt werden. Auf dem kam Sam Goodchild am besten zurecht. Überhaupt segelte er bereits in den Qualifikationsrennen am stabilsten über den Wellen.
Während sich etwa Skipper wie Boris Herrmann, aber auch Thomas Ruyant und Benjamin Beyou mitunter viel zu hohe Flugphase leisteten – nach denen sie dann mit hoher Bremswirkung auf die Wasseroberfläche klatschten – raste der Brite auf dem älteren der beiden Boote aus Ruyants Rennstall konsequent stabil knapp über den Wellen in Bestzeiten über die 1,2 Seemeilen.
Resultat: Zum ersten Mal in der mittlerweile schon 14-jährigen Geschichte des Defi Azimut gewann ein Boot, das NICHT zur letzten Bau-Generation zählt, die „Runs“. Gratulation an Skipper Sam Goodchild.
RANGLISTE:
1- VULNERABLE – Sam Goodchild: 02’13
2- MACIF SANTÉ PRÉVOYANCE (Charlie Dalin): 02’31
3- CHARAL (Jérémie Beyou) : 02’42
4- VULNERABLE – Thomas Ruyant : 02’49
5- INITIATIVES COEUR (Sam Davies) : 02’56
6- PAPREC ARKÉA (Yoann Richomme) : 03’02
7- TEAM GUYOT ENVIRONNEMENT – WATER FAMILY (Benjamin Dutreux): 03’08
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