Als WM-Fünfter dieses Jahres hat sich Jannis Maus pünktlich zur Olympia-Premiere der Formula Kiter in der Weltspitze etabliert. Nun liegt er vor Marseille auf genau diesem Platz und hat nun eine Medaille in Reichweite.
Der kluge Oldenburger zählt im neu-olympischen Kitesport zum halben Dutzend Medaillenkandidaten in seiner Disziplin. Seine Leistungskurve hat er nach dem Master-Abschluss vor zweieinhalb Jahren mit dem Vollzeit Einstieg in den olympischen Leistungssport stramm nach oben gebogen. Im German Sailing Team fühlt sich der 28-Jährige für den Gipfelsturm ideal aufgehoben.
Seine erste Kite-Regatta hat Jannis Maus als Zwölfjähriger bestritten. Das Rüstzeug dafür gab ihm Vater Michael Maus mit auf dem Weg. Er war der Erste in der Familie, der sich nach der Jahrtausendwende mit dem auch hierzulande wachsenden Kitesport befasste. Seinem Sohn sagte er: „Wenn du 35 Kilogramm wiegst, bringe ich es dir auch bei.“ Gemeinsam holten sie später Mutter Kirsten Kammer aufs Wasser – fertig war die Kite-Familie, die wie zu Jahresbeginn vor Tarifa gerne in Urlauben gemeinsam aufs Wasser geht.
Für Jannis Maus war der Familienspaß der Anfang einer zunehmend erfolgreichen Karriere mit Board und Kite. „Früher wurden wir Kiter ein bisschen belächelt. Das waren diese abgefahrenen Leute mit den komischen Drachen, die übers Wasser springen und Rennen fahren. Heute sind wir Athleten, die nach Plänen arbeiten, die auf Leistungsoptimierung ausgerichtet sind. Für mich war es vor gut drei Jahren ein krasser, sehr spannender und wirklich toller Transfer vom wilden Kiter zum Olympioniken“, beschreibt Jannis Maus seinen Werdegang.
Fünfmal gewann er zwischen 2012, als er mit dem U18-Vizeweltmeistertitel auffiel, und 2021 die Deutschen Meisterschaften in der Kitesport-Disziplin Racing. An Land studierte er Chemie und erwarb seinen Master in Physik. Dass er als Doktorand im Fach erneuerbare Energien einiges Wissen auch in den Kitesport übertragen kann, weiß der kluge Kopf gut einzusetzen.
Nach dem Masterstudium Anfang 2022 in Vollzeit in seine bereits laufende Olympia-Kampagne eingestiegen, setzte Jannis Maus seinen Plan vom Aufstieg in die Weltspitze an der Seite des Flensburger DSV-Trainers Jan-Hauke Erichsen – „Wir sind ein perfect match“ – konsequent um. Zwei Jahre später ist er rechtzeitig vor Olympia im Oberhaus der Lenkdrachen-Besten angekommen, die vor Marseille um die Medaillen ringen.
Jannis Maus umarmt die französische Olympiabühne: „Das Revier ist eins für mich! Ich habe ganz oft festgestellt, dass es mir gut liegt, wenn es auf Kursen tricky zugeht, wenn es darum geht, Dreher zu lesen und ein gutes Gespür für den Wind zu haben. Das braucht man dort.“ Er habe, sagt Jannis Maus, „nicht nur von der segelsportlichen Seite her mit dem DSV und dem German Sailing Team das perfekte Umfeld, sondern auch mit Blick auf meine zweite Lebensader, die Wissenschaft“.
Dabei wäre er beinahe Pilot geworden, zählte einst zu den wenigen Prozent der Kandidaten, die die Aufnahmeprüfung bestanden. Weil aber die Lufthansa damals einen vorläufigen Einstellungsstopp verfügt hatte, entschied sich Maus für den Weg in die Wissenschaft. Dass er seine Masterarbeit in der Windturbulenzforschung angesiedelt hatte, bringt ihm im Sport regelmäßig gute Ansätze für kleine Verbesserungen.
Auch mache er sich im Doppelpass mit Windprofessoren „viele Gedanken zu gefühlten Wahrheiten, zu wenig hinterfragten Binsenweisheiten“. Der eher zu den leichteren Athleten zählende Top-Akteur von den Cuxkiters, der sich bei seinem Heimatverein stark für den Nachwuchs engagiert, beschäftigte sich etwa wissenschaftlich mit der Frage, warum schwere Kiter schneller sind.
„Die Schwarmintelligenz sagt: Weil mehr Kraft pro Fläche am Foil wirkt, kann das Foil effizienter sein. Tatsächlich ist aber die leichte Verformung des Hydrofoils ausschlaggebend. Das Hydrofoil kann die kleinen Turbulenzen, die immer im Wasser sind, diese feinen Strömungen dann besser aufnehmen.“ Dazu haben schwerere Fahrer die angenehme Möglichkeit, in Übergangsbereichen eher zum jeweils größeren der insgesamt vier verschiedenen Kites greifen zu können.
Die unterschiedlich großen Kites sollen Starts im Windbereich zwischen fünf und 40 Knoten abdecken. Mit seinem Gewicht von etwa 93 Kilogramm ist Jannis Maus zufrieden. „Die Vielfraß-Phasen sind zum Glück vorbei“, sagte er nach dem letzten Intensiv-Camp mit dem German Sailing Team.
Die gemeinsame Vorbereitung mit den Seglern und Surfern hat Maus genossen: „Die Camps waren mega cool. Wir haben einen superguten olympischen Spirit im Team.“ Besonders gefallen hat ihm der Austausch mit den erfahrenen Olympioniken. „Wir haben Fragerunden gemacht und wertvolle Tipps bekommen“, sagt Jannis Maus, der bei Olympia wie auch bei allen anderen Regatten seit seinem zwölften Geburtstag mit einem silbernen Surfer an einer Kette um den Hals antreten wird: „Der muss dabei sein. Er bringt mir Ruhe, Kraft und Glück.“
Inspiriert haben Jannis Maus auf Kurs Olympia auch intensive Begegnungen mit Athleten bei paralympischen Wettbewerben und Special Olympics, die er mit Olympia-Mobilitätspartner Toyota erlebte, der auch sein Sponsor ist. „Ich habe so interessante Leute kennengelernt, so starke Leistungen erlebt und die Zuschauer in den Hallen ausrasten sehen. Das ist Sport! Das werde ich nie vergessen.“
So soll es auch mit dem eigenen Olympiastart werden. Ob bei den Kitern jemand den erst 17 Jahre alten Überflieger und Dauersieger Max Maeder aus Singapur einfangen kann, weiß auch Jannis Maus nicht. Er tippt, dass im kleinen, aber sehr feinen Feld der 20 Olympia-Kiter fünf bis sechs um die Medaillen kämpfen können. „Da zähle ich mich dazu. Wenn ich das Finale der Top-Vier erreichen kann, will ich auf jeden Fall eine Medaille. An diesem Szenario arbeiten wir in der letzten Phase vor den Spielen sehr intensiv.“
Steckbrief Jannis Maus
Disziplin: Formula-Kite Männer
Geboren: 10. Juni 1996
Geburtsort: Oldenburg
Wohnort: Oldenburg
Verein: Cuxkiters
Trainer: Jan-Hauke Erichsen
Größe: 1,85
Beruf: Profisportler, Doktorand der erneuerbaren Energien
Quelle: DSV
Schreibe einen Kommentar