Genua World Cup: Den Seglern ist der Weltcup egal – Deutsche Flotte unter „ferner liefen“

System gescheitert

Es funktioniert einfach nicht. Wie viele Präsidenten haben sich schon für das höchste Amt im Segel-Universum wählen lassen mit dem Versprechen das Dauer-Problem Weltcup lösen zu können.

Fischer/Graf, 49er
Fischer/Graf balancieren auf ihrem 49er. © Sailing Energy

Wie schafft man es, die besten Segler der olympischen Segelwelt dazu zu bringen, bei den wichtigsten internationalen Regatten an den Start zu gehen? Wie schafft man es so ein System zu etablieren wie bei den Tennis Grand Prix oder dem Formel1-Circuit? Wie schafft man es, eine aussagekräftige Weltrangliste zu etablieren?

Da es früher schon nicht klappte, dachte man wohl, es liegt am System. Die über viele Jahre mühsam etablierte internationale Regattaserie mit den Top Events bei der Kieler Woche, SPA Regatta in Medemblik und in Hyères wurde auseinander gerissen, andere Regatten nominiert und Qualifikationsregatten wie die Princesa Sofia Trophy definiert.

System gescheitert

Irgendetwas werden sich die Organisatoren dabei gedacht haben, aber die Beteiligung beim aktuellen Weltcup in Genua zeigt, dass das System gescheitert ist. Wieder einmal. Während bei der eigentlichen minderwertigen Quali in Palma noch ein Rekordfeld mit den besten Teams der Welt an den Start ging, reiste überwiegend nur noch die zweite Garde nach Genua. Den Seglern ist der Weltcup egal.

Dass diese Regatta wettertechnisch unter keinem guten Stern stand, ist sicher nicht die Schuld des Weltseglerverbandes. Aber die Terminierung muss besser zu gestalten sein. 2019 stehen längst die Olympischen Spiele wieder im Vordergrund, die wichtigste Segel-Veranstaltung der Welt. Es geht darum, sich bei den Weltmeisterschaften einen Nationenplatz zu sichern und dann die interne Qualifikation zu gewinnen (Modus).

Darauf wird eine sportlich seriöse Vorbereitung in den Olympiaklassen ausgerichtet. Der Weltcup gehört noch immer noch nicht dazu. Deshalb ist es auch nicht so besonders relevant, dass die deutsche Nationalmannschaft bei dieser Regatta sehr mühsam in Fahrt gekommen ist. Die fehlende Konkurrenz ließ in einigen Klassen nur die Einordnung als besseres Training zu.

Extrem leichte Bedingungen

Andererseits waren die Bedingungen so extrem leicht, dass man nur wenig daran festmachen kann. Es kamen vergleichsweise wenige Läufe zustande, und ganze Renntage fielen aus. Die Ergebnisse wurden durcheinander gewürfelt. Bei den Laser Männern etwa gewann der Weltranglisten 39. aus Ungarn. Und auch in den anderen Klassen zeigten sich Boote an der Spitze, die sonst eher selten eine Chance haben.

Aber Champions lassen sich auch von extremem Wetter nicht schrecken. So ist für die Kiwi-Überflieger Peter Burling und Blair Tuke jede Minute auf dem Wasser wichtig, um die nach den America’s Cup- und Volvo Ocean Race-Engagements fehlende 49er Match-Praxis aufzuholen. Sie wurden schon in der Heimat und in Palma von den Kollegen aus Neuseeland geschlagen und müssen um ihre dritte 49er Olympia-Teilnahme bangen. Aber mit Rang drei zeigen sie besonders bei Leichtwind aufsteigende Tendenz.

Für Deutschland zogen nur Tim Fischer und Fabian Graf in die Medalraces ein. Nach starkem Start in die Serie mit zwei Siegen, ließen sie auch krankheitsbedingt nach und beendeten das Medalrace nach einem Extremschlag als Letzte. So belegten sie schließlich Rang zehn.

Jurczok/Lorenz gewinnen interne Qualifikation

Für die interne Hackordnung in der Nationalmannschaft stand die Regatta bei den 49erFX-Frauen im Fokus, die nach Palma die zweite interne Qualifikation für die PreOlympics in Enoshima aussegelten.  Victoria Jurczok und Anika Lorenz waren zwar mit Rang 12 nicht zufrieden, aber Tina Lutz und Susann Beucke schafften es nach einem Frühstart im ersten Rennen nicht mehr in die Gold-Gruppe und belegten nach ihrem starken Palma-Ergebnis schließlich nur noch Rang 27.

Der Aufwand für die Weltcups ist hoch. Auch bei der medialen Präsentation. Deshalb ist es besonders schade, wenn der Wind ausbleibt. Nach der Übertragung der Medalraces dürfte es schwierig sein, dem Sport neue Fans zuzuführen.

Aber nach wie vor bemerkenswert ist es, wie sich die 470er-Klasse entwickelt hat. Nach dem Öffnen der Pump-Regel haben die ruckartigen Bewegungen von Vorschoter und Steuermann diese Disziplin nachhaltig verändert. Gerade bei leichtem Wind ist nun eine extreme Physis notwendig, um die Belastung auszuhalten.

Das mögen Segel-Puristen nicht ästhetisch finden. Aber die Medalraces im Laser sind auch nicht besonders hübsch anzusehen, wenn die Jury auf ihren Gummibooten darauf lauert, dass jemand die Regel 42 verletzt. Es gilt das Motto: Wer sich bewegt, verliert.

Das Medalrace im 470er. Extrem-Rocken für den Sieg:

Das einzige Medalrace mit deutscher Beteiligung im 49er:

Ergebnisse 2019 Weltcup Genua

3 Antworten zu „Genua World Cup: Den Seglern ist der Weltcup egal – Deutsche Flotte unter „ferner liefen““

  1. Manfred

    sagt:

    Moin,
    für mich steckt zuviel Widersprüchliches in dem Bericht. Hat das einen Grund? Vielleicht das durch die Bank schlechte Abschneiden der deutschen Equipe abzufedern?

    Zitat:
    „Die fehlende Konkurrenz ließ in einigen Klassen nur die Einordnung als besseres Training zu“.

    Dann:
    „Aber Champions lassen sich auch von extremem Wetter nicht schrecken. So ist für die Kiwi-Überflieger Peter Burling und Blair Tuke jede Minute auf dem Wasser wichtig, um die nach den America’s Cup- und Volvo Ocean Race-Engagements fehlende 49er Match-Praxis aufzuholen.“

    Und da waren doch jede Menge Weltklasse Segler am Start. Und haben in spannenden Medal Races, wie z.B. Pavlos Kontides Punkte verloren. Achter Platz und damit den Sieg aus der Hand gegeben. Wird es in Japan nicht ähnlich leichte Winde geben? Eine Gesamtschau auf die Ergebnisse gibt es hier:

    https://www.manage2sail.com/en-US/event/3da4c9de-e26e-4671-bb00-885c79a4cd47#!/results?classId=1e61b8b3-f8a9-46eb-ba9d-a06db4ca3583

  2. Stephan Zeyn

    sagt:

    Hallo Carsten, mir fällt der Satz „Aber die Medalraces im Laser sind auch nicht besonders hübsch anzusehen, wenn die Jury auf ihren Gummibooten darauf lauert, dass jemand die Regel 42 verletzt.“ auf.
    Dieser Satz wirkt auf mich so als wenn sich da einige Schiris verabredet haben um Segler zu schikanieren.
    Als Schiedsrichter kann ich Dir versichern, daß ich persönlich überhaupt keine Lust habe, die Verletzung von Regel 42 zu verfolgen.
    Leider ist es aber so, daß sobald einer anfängt, alle anderen mitmachen müssen um ihre Plätze zu sichern.
    Die Wettfahrtregeln werden von den Seglern erdacht. Der Segler verpflichtet sich diese Regeln einzuhalten und umzusetzen. Es ist Aufgabe der Segler diese Regeln auch durchzusetzen. Erstaunlicherweise wird dies beim „unerlaubten Vortrieb“ aber kaum gemacht!?

    Und man kann sich sogar die Bootsklasse aussuchen. Wer rocken und pumpen will, der segelt 470er oder Finn. Der muß doch nicht im Laser sitzen!

    Segel-Schiedsrichter kommen immer dann zum Einsatz, wenn schon alles schiefgegangen ist. Dabei ist es so einfach. Jeder Segler, der eine Regel verletzt hat gibt das Rennen auf.
    Nun hat man schon Ersatzstrafen eingeführt um es dem Segler zu erleichtern. 720 Grad oder 360 Grad Drehung. Viel billiger als Aufgabe der Wettfahrt. Das nutzen auch nur die cleveren.

    Bei Regel 42 mit Wasserschiris (Anhang P) fahren wir fähnchenschwingend durch das Feld, behindern womöglich noch andere Boote. Und dann muß der Segler nur mal zwei Kringel drehen. Eigentlich hätte er das Rennen aufgeben sollen! Genau – „und die Jury lauert“…… Die könnten ihre Freizeit ja auch anders verbringen.

    Woran liegt das eigentlich, daß Segler Regeln verletzen?
    Das wäre doch mal eine Diskussion auf Segelreporter wert. Was meint ihr?

  3. Rusty

    sagt:

    Extrem-Rocken….. was gibt es schöneres…… bis die Knie glühen…… das ging schon Anfang der 80ern wunderbar mit einem Leebogen fernab der Jury. Täglich ab 20.00h wurde daraus dann ein Extrem-Pogo….. usw……

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