Ein Auftakt nach Maß: Über 160 Yachten werden sich am Sonnabend, den 4. September, auf der Kieler Innenförde sammeln, wenn ab 9 Uhr die seegehenden Yachten traditionell die Segelregatten der Kieler Woche eröffnen. Von den Multihulls mit der „Malizia I“ (GC 32) von Vendée-Globe-Segler Boris Herrmann, über die Teilnehmer am Nord Stream Race auf den ClubSwan 50-Rennziegen, den ORC-Yachten, die zum Welcome Race starten, bis zu den Yardstick-vermessenen Booten, die an der Aalregatta nach Eckernförde teilnehmen, reicht die Palette der Bigboats auf der Förde.
Der Auftakt vor dem Kieler Yacht-Club gehört um 9 Uhr den Mehrrümpfern, gefolgt von den ORC-Teilnehmern am Welcome Race. Um 9.45 Uhr beginnt das Nord Stream Race. Die Aalregatta startet um 10 Uhr nach Eckernförde.
Ob Familien- oder Proficrew, ob Wochenendeinsatz oder eine ganze Woche segeln, ob Langstrecke oder Windward-Leeward-Kurse, die Kieler Woche 2021 (4. bis 12. September) bietet für jede Dickschiff-Crew etwas. „Wir versuchen, die ganze Bandbreite des Segelsports in Kiel anzubieten. Das gilt natürlich auch für die seegehenden Schiffe“, so Dirk Ramhorst, Organisationschef der Kieler Woche-Regatten. „Mit den Zahlen bin ich für ein Covid-Jahr durchaus sehr zufrieden. Unsere Verlässlichkeit als Veranstalter macht uns offenbar für die Teilnehmer planbar“, ergänzt Seebahn-Chef Eckart Reinke.
90 Räucheraale warten
Dabei erfreut sich die Aalregatta besonderer Beliebtheit. 90 Yachten machen sich auf den Weg Richtung Eckernförde. Am Sonntag geht es retour Richtung Kiel. Geplant ist, dass die Teilnehmer der Aalregatta und des Welcome Races in Eckernförde anlegen. „Ob im Päckchen, vor Anker oder mit dem Heck an der Pier klären wir noch mit den Behörden“, so Wettfahrtleiter Ralf Paulsen. Auf jeden Fall gibt es für alle Yachten, die an der Aalregatta teilnehmen, den obligatorischen Räucheraal.
Auch die fünf 15-Meter-Yachten von Typ ClubSwan 50 beim Nord Stream Race (NSR) starten in der Innenförde vor dem KYC. Für sie wird dann eine Mittelstrecke um verschiedene Bahnmarken rund um die Kieler Bucht ausgelegt. Sonntag stehen drei kurze Wettfahrten (up & down) an. Um 16 Uhr am Montag starten die Crews der fünf Segelclubs zum insgesamt 1.000 Seemeilen langen Offshore-Rennen.
VSaW segelt für Deutschland
Für Deutschland geht nach dem Ausfall des NSR im Vorjahr der Bundesligaerste 2019 vom Verein Seglerhaus am Wannsee (VSaW) aus Berlin an den Start. Außerdem sind Aarhus Sejlklub aus Dänemark und Kungliga Svenska Segelsällskapet aus Schweden sowie Esbo Segelförening aus Finnland dabei. Und die Gastgeber vom St. Petersburg Yacht-Club wollen versuchen, den Titel „The Best Yacht Club in the Baltic Sea“ (vor zwei Jahren Leviathan Sailing Team) für Russland zu verteidigen. Die teilnehmenden Vereine haben sich über die nationalen Segelligen in ihren Ländern für das NSR qualifiziert.
Die erste Offshore-Etappe der 14-tägigen Regatta, die vom St. Petersburg Yacht Club organisiert wird, führt die Flotte auf einem 150-Seemeilen-Sprint über Nacht nach Kopenhagen. Die ersten Punkte für die Gesamtwertung werden schon vorher auf der Mittelstrecke am Sonnabend und den bis zu drei Up & Downs am Sonntag in Kiel gesammelt.
Der Kurs des neunten Nord Stream Races führt von Kiel über Kopenhagen (Royal Danish Yacht Club/ 7. bis 9. September), Stockholm (Königlich Schwedischen Segelgesellschaft/11. bis 13. September, Helsinki (Helsingfors Segelklubb in Finnland, 15. bis 16. September), nach Russland (17. September).
Das Silberne Band glänzt hell
Die ORCi-Yachten treten ab Montag, den 6. September, bis Mittwoch, den 8. September, zum Kiel-Cup an (1. Start jeweils um 10 Uhr). Donnerstag und Freitag sind dann für die Seesegler/-innen Ruhetage, bevor die Langstrecke um das Silberne Band (Start um 14 Uhr) von Sonnabend auf Sonntag über Nacht auf dem Programm steht.
Das Angebot der Langstrecke über Nacht erfreut sich dabei besonderer Beliebtheit. Das Silberne Band glänzt in diesem Jahr besonders hell. Mit 35 Meldungen sind es doppelt so viele wie im Vorjahr. Das mag an der Verlegung aufs Wochenende liegen, aber es gibt auch weitere Gründe „Up & Downs brauchen deutlich mehr Trainingseinheiten für die Crews als die Langstrecken. Und die Einheiten fehlten in der Corona-Pandemie“, weiß Sven Christensen, der als Mitorganisator wie jedes Jahr in der Kieler Woche-Organisation gebunden ist und nicht an Bord der „Xen/Sydbank“ (Torsten Bastiansen) mitsegeln kann.
Die Langstrecken profitieren. Viele Wiederholungstäter, die unlängst beim Blueribboncup (BRC) mitgesegelt sind, sind wieder vor Kiel am Start, wie die „Uijuijui“ (Friedrich Hausmann/Rainbow 42/Hamburg), der Titelverteidiger in ORC II, „Rarotonga“ (Christoph Mählmann/Swan 46/Hamburg/Vorjahressieger), und das schnellste Schiff des BRC, die „Moana“ (Hanno Ziehm/Marten 49 mod/Kiel). Auch der Vorjahressieger in der Klasse ORC I, Lars Hückstädt (Plön), mit der „X-Day“, tritt zur Titelverteidigung an. „Wir werden das Silberne Band in drei Gruppen aufteilen, Yardstick für die Familiencrews und die ORC-Regattasegler in größere und kleinere Boote“, so Reinke.
Titelträger stärken kleines Feld
Die Kehrseite der Medaille: Beim Kiel-Cup stehen ganze 18 Yachten in der Meldeliste. Doch mit dem frischgebackenen Weltmeister „halbtrocken 4.5“ (Michael Berghorn/Mills 45/Hamburg) und dem Titelverteidiger des Vorjahres und damit amtierenden Deutschen Meister, „Immac Fram“ (Kai Mares/Italia 9.98/Dänischenhagen), sowie dem Vorjahres-Zweiten und Vizemeister 2020, „Intermezzo“ (Jens Kuphal/Landmark 43mod/Berlin) ist absolute Seesegelspitze am Start.
Eckart Reinke analysiert: „Die Meldezahlen im professionelleren Bereich des Offshore-Regattasports sind eher enttäuschend. Viele Länder konnten trotz Covid die Anzahl ihrer aktiven Profisegler steigern, was sich auch in immer mehr ausgestellten Messbriefen zeigt. In Deutschland gab es dagegen in den vergangenen zwei Jahren einen Negativtrend, der hausgemacht zu sein scheint und auch in die Kieler Woche hinein spiegelt. Hier sind neue Konzepte und Köpfe gefragt, um die deutsche Offshore-Segelszene auch wieder in relevante Größenordnungen zu führen.“
Reinke führt DSV-Seesegelausschuss
Und weiter: „Einzelne herausragende Offshore-Segler und Crews gibt es, die auch bei der jüngsten Weltmeisterschaft und den großen Regatten Spitzenplätze belegen, doch der Unterbau fehlt. Das führt dazu, dass im Kiel-Cup in diesem Jahr nur zwei Gruppen zustande kommen“, blickt Reinke auf die professionelle Offshore-Szene in Deutschland und den Kiel-Cup. Der 56-jährige Kieler wurde gerade zum neuen Vorsitzenden des Seesegel-Ausschusses im Deutschen Segler-Verband (DSV) ernannt und ist somit Nachfolger von Wolfgang Schäfer.
Von 1998 bis 2011 und von 2017 bis heute ist er als Race Officer für die Seebahnregatten der Kieler Woche zuständig und war bei zahlreichen ORC-Weltmeisterschaften (2005, 2009, 2014 und 2021) im Einsatz. Vor Tallinn (Estland) betreute Reinke gerade im August die ORC-Klasse-III-Bahn bei der WM. In Kiel gibt es ein Wiedersehen mit WM-Sieger, WM-Teilnehmern und dem amtierenden Deutschen Meister.
„Auf dem Heimatrevier darf man doch gar nicht fehlen. Und außerdem würden wir gern den Erfolg aus dem Vorjahr wiederholen“, sagt Kai Mares. Der amtierende Deutsche Meister segelt ein Corona-angepasstes komprimiertes Jahres-Programm. Nach dem Erfolg der „Immac Fram“ bei der Travemünder Woche im Juli stehen noch die Kieler Woche und die Internationale Deutsche Meisterschaft vor Olpenitz (24. bis 28. Sept.) auf dem Plan.
Als Weltmeister zum Kiel-Cup
Bei den großen ORC-Yachten tritt der frisch gebackene Weltmeister Michael Berghorn mit seiner „halbtocken 4.5“ an. Nachdem im Vorjahr mit Platz vier eine Kieler Medaille verpasst wurde, ist jetzt die Revanche geplant. „Wir haben 2021 durch die Pandemie-Nachwehen natürlich ein komprimiertes, kleineres Regattaprogramm, aber die Kieler Woche ist gesetzt“, so der amtierende Weltmeister, der danach nur noch für die IDM gemeldet hat.
„Im Vorjahr hatten wir das Boot ganz neu, wussten nicht, ob es ORC-vermessen passt, und haben die Up & Downs als Test gesehen“, so Berghorn, der im zweiten Jahr mit der Mills 45 in Kiel mehr möchte. 14 Tage Urlaub wegen der WM in Tallin (Estland) führen dazu, dass die Crew in einigen Positionen neu besetzt werden muss. „Aber wir wollen angreifen“, erklärt das Kieler Yacht-Club-Mitglied.
Der Senatspreis fällt in diesem Jahr der Umgestaltung der Kieler Woche zum Opfer. Die Planungen für 2022 beginnen dann bereits am Montag, den 13. September, nach Abschluss der Kieler Woche 2021. (ak/hel)
Schreibe einen Kommentar