Kieler Woche: Angleiten, abheben, fliegen – baden

Wind und Welle vor Kiel

Mäßige bis frische östliche Winde bescherten allen Bootsklassen am Sonntag (5. September) zum zweiten Tag der Kieler Woche mindestens vier anspruchsvolle Wettfahrten. Für die Hälfte des Felds der fliegenden Wespen (foilende Waszp-Klasse) war die bis zu anderthalb Meter hohen Wellen in fünf Rennen schon zu viel des Guten. Sie mussten vorzeitig die Segel streichen. Der Kieler Vize-Europameister Adrien-Paul Farien liegt einen Punkt hinter der Norwegerin Mathilde B. Robertstad. Seriensieger Wolfgang Hunger (Strande) steuert mit dem Eckernförder Holger Jess an der Vorschot nach drei Tagessiegen im 505er auf seinen 24. Kieler Woche-Sieg zu. Heiko Kröger steckt einen Ausfall im geliehenen 2.4mR einfach weg.

Er beherrscht seine „Wespe“ wie im Bilderbuch: Der Kieler Adrien-Paul Farien, hat in der Waszp aber harte weibliche Konkurrenz aus Dänemark. Foto: ChristianBeeck.de

Das Heimatrevier von Hunger und Jess ist bei Ostwind so richtig nach ihrem Geschmack. „Wir sind auch die einzigen, die dafür die vergangenen Wochen richtig trainiert haben“, meint Jess, „das zahlt sich aus, je mehr Wind ist.“ Auch bei den Mittwochsregatten sind sie dabei. Nur zum Tagesauftakt ließen sich die beiden von den Gesamtzweiten Jan-Philipp Hofmann und Felix Brockerhoff (Düsseldorfer Yacht-Club) schlagen. Danach setzte das Erfolgs-Duo, dass 2019 und 20 vorne lag, drei lupenreine Tagessiege. Jess: „Einmal haben wir uns selbst geschlagen. Aber unser neues Boot ist richtig schnell.“ Der Vorsprung im Klassement beträgt sechs Punkte. Sieben Zähler zurück sind Philippe Boite und Marin Carnot aus Frankreich, zwei vor Jan Saugmann und Christian Limbrecht Mogensen aus Dänemark.

Ab Montag dann im gelben Trikot der Gesamtführenden der 505er: Wolfgang Hunger und Holger Jess.  Foto: Sascha Klahn

Fest in skandinavischer Hand ist die Europe-Klasse mit Sebastian Knaack an der Spitze. Der Schwede führt das Feld nach sechs Wettfahrten ohne einen einzigen Tagessieg mit vier Punkten vor zwei Dänen an. Simon Christoffersen ist Zweiter vor Simon Christiansen. Als beste Deutsche liegt Tania Tamling aus Hamburg hinter dem Franzosen Cyril Rychard auf Rang fünf. Und Niklas Dahm vom Dümmer und die Kielerin Marisa Roch folgen auf den Plätzen.

Der erfolgreichen Titelverteidigung im ILCA 4 ein großes Stück näher gekommen ist Batbold Gruner. Der 17-Jährige aus Ganderkesee ließ einem Tagessieg zwei zweite und einen dritten Platz folgen und bauten im ZSK-Vereinsduell gegen Paul Ulrich einen Vorsprung von elf Punkten auf. Die Kroatin Dora Gomercic liegt trotz eines Siegs im letzten Tagesrennen schon weitere neun Zähler zurück. Beste Deutsche zur Halbzeit der Kieler Woche 2021 ist Hannah Marie Breitenstein aus Steinhude als Vierte noch in Schlagdistanz zu Gomercic.

Der Vorjahressieger Batbold Gruner dominiert auch 2021 die Kieler Woche in der ILCA 4.  Foto: Sascha Klahn

Während Farien und die Norwegerin in der Waszp vorne so richtig in ihrem Element waren, musste René Schwall den anspruchsvollen Bedingungen Tribut zollen. „Das war eher eine Badeaktion“, erzählte der Bronzemedaillengewinner von Sydney 2000 im Tornado, „der Wind ging noch, aber die hackige Welle hat mich mehr unters Wasser gelegt, als das ich oben drüber geflogen bin.“ Die ersten beiden Rennen kam der Kieler Arzt durch die vielen Kenterungen nicht ins Zeitlimit. Anschließend brach ein Ausleger, und Schwall musste von der DLRG-Sicherung an Land gebracht werden. „Zum Glück ist der Schaden reparabel, so dass ich hoffentlich noch eine Wettfahrt ins Ziel bringe“, so der 50-Jährige.

Eine topbesetzte internationale Konkurrenz lieferte sich in der OK-Jolle drei hart umkämpfte Rennen, von denen der Däne Bo Petersen die ersten beiden gewann, ehe der Schweriner Andrè Budzien das erste Mal schlagen konnte und bis auf einen Punkt heranrückte. Dritter ist der Schwede Benjamin Hammerö punktgleich mit dem Dänen Jesper Bendix. Mitfavorit Greg Wilcox aus Neuseeland muss sich knapp dahinter vorübergehend mit dem fünften Rang zufriedengeben.

Zwei Dänen führen die stark besetzte Contender-Klasse an. Der EM-Dritte Søren Dulong Andreasen als Spitzenreiter hat zwei Punkte Vorsprung vor Europameister Jesper Armbrust: Mitfavorit Christoph Homeier musste nach einem Schaden aufgeben. Weltmeister Max Billerbek aus Elmshorn liegt nach fünf von zehn geplanten Rennen knapp hinter dem Podium, das Alexander Gröhlich (Großenheidorn) durch einen Tagessieg zum Tagesschluss eroberte.

Der Elmshorner Max Billerbek muss sich für einen Platz auf dem Treppchen der Contender noch steigern. Foto: Sascha Klahn

Im Feld der 420er liegt nach fünf Qualifikationsrennen für die Goldflotte das Team Lilli Zellmer und Franziska Steinlein vom Seglerverein Rahnsdorf punktgleich vor Florian Krauss (Yacht-Club Seeshaupt) und Jannis Sümmchen (Chiemsee-Yacht-Club). Die Polen Ludwik Grzelak und Tomasz Lewandowski belegen nach dem zweiten Wettfahrttag Rang drei vor Florian Büscher und Jakob Lanzinger vom Düsseldorfer Yachtclub. Die Polinnen Paulina Rutkowska und Iga Wielczyk aus Gdansk sind Fünfte einen Zähler vor Severin Gericke und Xaver Schwarz aus Bayern.

Vier weitere Rennen standen auch für die Aktiven der 2.4mR-Klasse an. Dem elfmaligen Kieler Woche-Sieger Heiko Kröger kamen die Windbedingungen entgegen. „Gestern war es mit Winddrehern und -löchern etwas tricky. Bei etwas mehr Wind und Welle, so wie heute, bin ich meist gut unterwegs“, sagte der Para-Segler. Trotzdem lief im ersten Rennen des Tages nicht wie geplant. Wegen eines technischen Defekts konnte er es nicht beenden. Danach jedoch diktierte er das Geschehen dreimal in eindrucksvoller Manier und setzte sich mit Abstand an die Spitze des Feldes. Auf Platz zwei liegt Christoph Trömer vom Segler-Verein Stade, gefolgt vom Finnen Antti Kokkala.

Grimmiges Gesicht nach Aufgabe durch Materialbruch im ersten Tagesrennen – danach drei phantastische Tagessiege: Heiko Kröger in seinem geliehenen 2.4mR.  Foto: Sascha Klahn

ORC I: „Xenia“ siegt vor „X-Day“ und „Almost Nothing“

Für die ORC-Yachten ging es am Sonntag beim Welcome Race Teil zwei von Eckernförde zurück nach Kiel. Mit weniger als zwei Minuten Vorsprung nach berechneter Zeit sicherte sich Steuermann Ralf Lässig auf der XP-44 „Xenia“ den Sieg in der Wertungsgruppe ORC I. Der am Vortag Dritte Lars Hückstädt aus Plön war mit der XP-44 „X-Day“ von Walter Watermann diesmal Zweiter und tauschte ihn mit Steffen Müller (Wrist) am Ruder der Brenta 60 „Almost Nothing“.

ORC II: Konstante Leistung der „Xen-Sydbank“

Torsten Bastiansen aus Flensburg wiederholte seinem Hinrunden-Sieg mit der X-41 „Xen-Sydbank“ auf dem Rückweg. Nach Rang neun auf dem ersten Teilstück erarbeitete sich Christoph Mählmann mit der Swan 46 „Rarotonga“ im Rennen von Eckernförde nach Kiel Platz zwei. Platz drei ging wie auf dem Hinweg an Michael Schulz mit der Farr 40 OD „Farr-Laessig“.

ORC III+IV: „Halbtrocken“ und „Black Jack“ als Sieger

Nach dem zweiten Platz bei der ersten Wettfahrt des Welcome Races belegt Knut Freudenberg mit der First 36.7 „Halbtrocken“ bei der Rückregatta den ersten Rang vor Kai Haupthoff mit der X-332 Sport „Varuna X Press“. Konstante Leistung zeigte Rasmus Töpsch mit der JPK 10.10 „Sharifa“, der zwei dritte Plätze ersegelte. In der Wertungsgruppe ORC IV gewann Sven Claussen mit der J-97 „Black Jack“ die Rückregatta.

Aalregatta deutlich schneller zurück

Dank der günstigeren Windbedingungen absolvierten die Yardstick-vermessenen Yachten der Aalregatta auf dem Rückweg ihren Kurs deutlich schneller als am Sonnabend. Als schnellstes Boot passierte die Streamline „Boba Fett“ mit Wolfgang Koglin nach vier Stunden, 18 Minuten und 32 Sekunden die Ziellinie und war damit in beiden Rennen „First Ship Home“.

Für Montag sagte Diplom-Meteorologe Meeno Schrader deutlich schwierigere Bedingungen voraus. „Es wird zwischen zwei Hochdruckgebieten bei wenig Luftdruckgegensätzen überwiegend flau“, so der Kieler. 

Ein Kommentar „Kieler Woche: Angleiten, abheben, fliegen – baden“

  1. avatar U 995 sagt:

    “Yardstick-vermessen”. Seufz. Worüber schreiben die Pressemenschen sonst? Die Partys auf der Kiellinie?

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