Tag drei der Kieler Woche 2021 war fast nur dritte Halbzeit. Fachkundig analysierten die Aktiven und Experten an Land in Schilksee noch einmal die vielen packenden Wettfahrten des Vortags bei Sonne und traumhafter östlicher Brise. Grund: Petrus hatte den Wind am Montag (6. September) komplett abgestellt. Die Kieler Bucht war ein Ententeich. Einzig die erste Langstrecke des Nord Stream Race von Kiel nach Kopenhagen wurde gestartet – ein langer, weiter Weg. Ansonsten konnte auf keiner Regattabahn gesegelt werden.
Um 14.15 Uhr hatte das Warten ein Ende. Mit dem Flaggensignal AP über Alpha sagte der oberste Wettfahrtleiter Fabian Bach nach einem Teammeeting mit seinen weiblichen und männlichen Bahnchefs alle Rennen der Jollen und 2.4mR des Tages ab. „Draußen messen unsere Crews auf den Schlauchbooten maximal zwei bis vier Knoten aus unterschiedlichen Richtungen“, so Bach, „und das hat schlicht keinen Zweck, da auch keine Aussicht auf Besserung besteht.“ Zwischen zwei Hochdruckgebieten über der Nordsee (1024 Hektopascal) sowie Polen/Südschweden (1026) war nichts zu machen. So gut wie keine Luftdruckgegensätze = Flaute! Um 15.12 Uhr gab auch Wettfahrtleiter Peter Doepgen die Hoffnung auf den Auftakt zum Kiel-Cup der Seesegler auf.
Einzig auf der Innenförde vor dem Kieler Yacht-Club gab es Bewegung. Um 14 Uhr wurden die fünf ClubSwan 50 des Nord Stream Race auf die Regattareise nach Kopenhagen geschickt. Langstreckensegeln kennt kein Pardon. Nach einer Dreiviertelstunde waren die sonst schnellen Rennyachten immerhin schon hinter der Enge beim Leuchtturm Friedrichsort verschwunden. Das schwedische Team hatte die Führung erobert. Die Berliner Mannschaft vom Verein Seglerhaus am Wannsee war Vierter. Das Welcome Race der Kieler Woche und drei Kurzwettfahrten zählten bereits zur Inshorewertung des Nord Stream Race. Für die 150-Seemeilen-Strecke rechnet die Regattaleitung bei den flauen Bedingungen auf der gesamten westlichen Ostsee mit rund 30 Stunden. Im Anschluss geht das Rennen weiter über mehrere Etappen bis zum Ziel vor St. Petersburg/Russland.
Für manche Aktiven in Kiel bot die Flaute nach bis zu fünf Rennen am Sonntag (Waszp) eine willkommene Pause. „Ich war abends ganz schön kaputt“, gab Vizeeuropameister Adrien-Paul Farien zu, der in der foilenden Waszp-Klasse auf Platz zwei liegt, aber am Dienstag zum Abschluss unbedingt angreifen will, um den Titel eines Kieler Woche-Siegers einzuheimsen. Noch liegt die Norwegerin Mathilde B. Robertstad einen Punkt vor ihm. Auch Farien war in der ruppigen Welle nicht unbeschadet über die Bahn gekommen. Nach einer Kenterung ist er jedoch blitzschnell wieder auf dem Boot und setzt zum nächsten Abflug an.
Viel Hoffnung kann Diplom-Meteorologe Meeno Schrader jedoch weder den Artisten auf den „Wespen“ noch den vielen anderen Aktiven machen. „Ich erwarte zwar etwas bessere Bedingungen, aber nach viel mehr als einer leichten südwestlichen Strömung von drei bis sechs Knoten sieht es derzeit noch nicht aus“, so der Kieler, dessen Expertise von der boot Düsseldorf als langjährigem starken Partner der Kieler Woche-Regatta bereitgestellt wird.
Fabian Bach hat reagiert und die geplanten Rennen von 11 auf 10 Uhr vorgezogen, da in den meisten Bootsklassen des ersten Teils die letzte Startmöglichkeit um 14 Uhr besteht. Nur der Kiel-Cup der seegehenden Yachten wird noch bis Mittwoch gesegelt. Und die Starboote hoffen nach der Absage um 11 Uhr auf ihr erstes WM-Rennen. Das ausgefallene soll dann auch nachgeholt werden. Deren Titel wird am Sonnabend (11. September) vergeben.
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